Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Export von Plastikabfall: Müll für die Welt
> Durch Corona geht der Plastikverbrauch wieder in die Höhe. Viel davon
> wird nach Asien verschifft – über die norddeutschen Häfen.
Bild: Müllhalde in Malaysia: Das Land ist Hauptabnehmer deutscher Müllexporte
Hamburg taz | Bis zu dem Moment, in dem es im Müll landet, ist es
praktisch, manchmal ästhetisch und meist leichter als seine Alternativen:
Plastik. Doch in dem Moment, in dem wir es nicht mehr brauchen, wird der
weitere Weg gruselig. Einerseits, weil es insgesamt immer mehr davon gibt:
Auch wenn der angefallene Plastikmüll in den vergangenen Jahren in
Deutschland leicht rückgängig war, ist er seit Beginn der Coronapandemie
wieder gestiegen. Andererseits, weil die Probleme wachsen, [1][die der hier
entstandene Müll global verursacht].
Da kommen die norddeutschen Küsten- und Hafenländer ins Spiel. Mehr als
300.000 Tonnen Plastikmüll exportieren die Länder Bremen, Hamburg,
Niedersachsen und Schleswig-Holstein jährlich. Manches davon geht in
Nachbarländer, etwa die Niederlande. Doch dann ist da noch die Müllhalde
der Welt: Südostasien.
Nachdem China 2018 keine Lust mehr auf den Import hatte, haben andere
Länder übernommen. Von fast allen Häfen in Norddeutschland wird der Müll
dorthin geschifft. Die Kohle stimmt: Ziemlich genau einer Drittelmilliarde
Euro entspricht der Wert des exportierten Plastikmülls in Deutschland pro
Jahr.
Es wird also ein fettes Geschäft gemacht – nicht nur bei den regionalen
Müllunternehmen in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Auch die Hafenbetreiber, bei denen der Plastikmüll umschlagen wird,
verdienen. Nicht zu vergessen die vielen Zwischenhändler, die den Müll aus
dem Rest der Republik rankarren, um ihn dann aufs Schiff nach Malaysia,
Pakistan und andere Länder vor allem in Asien zu werfen.
## Zu viel Plastik wird verbrannt
Was wir dagegen machen können? Natürlich ist es gut, [2][wenn wir uns alle
beim Plastikverbrauch zurückhalten.] Spätestens beim industriell
verursachten Plastikmüll erreicht diese an Konsument*innen orientierte
Haltung aber schnell ihre Grenzen. Die Wirkung wird begrenzt bleiben, wenn
die Politik nicht erkennt, dass sie handeln muss – und auch handeln kann.
Wenn Niedersachsen – an dessen Vorstoß sich Bremen geheftet hat – auf
Bundesratsebene dem Plastikmüllexport einen Riegel vorschieben will, ist
das gut. Bis auf diesem Weg aber irgendwann etwas erreicht wird, dürfte es
noch Jahre dauern. Und ob die anderen Länder und der Bund überhaupt
mitmachen, ist ungewiss. Darauf warten muss aber niemand.
Alle wissen, dass es illegalen Müllexport gibt. Fälle, in denen eine
Zertifizierung von Recyclinganlagen im Ausland gefälscht ist, gibt es
zuhauf. Dabei müssen die Herkunftsländer eigentlich sicherstellen, dass sie
durch ihren Müll in den Abnehmerländern weder Menschen noch Umwelt
gefährden. Und auch hier gibt es schwarze Schafe, die falsche Angaben über
den Inhalt von Containern machen. Das aufzudecken, ist Aufgabe des Zolls.
Es wäre ein Anfang, wenn die Bundesländer ihre Zollbeamt*innen endlich
häufiger zu den Häfen schicken würden. Dass die Kontrollen mühselig sind,
wie Bremens grüne Umweltsenatorin Maike Schaefer die Zurückhaltung auf
diesem Gebiet erklärt, ist eine schwache Entschuldigung für Untätigkeit.
Hinzu kommt: Viel zu wenig des Plastiks, der nicht exportiert wird, wird
hier [3][auf sinnvolle Weise recycelt]. Stattdessen wird er „thermisch
verwertet“, was nichts anderes bedeutet als: Der Plastikmüll wird
verbrannt. Die dadurch erzeugte Energie steht in keinem Verhältnis zum
angerichteten ökologischen Schaden.
Da könnten die Bundesländer im Norden problemlos Geld in die Hand nehmen.
Etwa, um die – bestenfalls kommunalen – Müllunternehmen beim Bau moderner
Recyclinganlagen zu unterstützen, die die Abfälle zu neuen Materialien
verarbeiten. Das Plastik exportieren oder verbrennen zu lassen, ist
jedenfalls der falsche Weg.
16 Aug 2020
## LINKS
[1] /Plastikrecycling-in-Indien/!5701902
[2] /Studie-zu-Restmuell/!5699352
[3] /Experten-zu-neuem-Abfallgesetz/!5697788/
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Recycling
Plastikmüll
Konsum
Abfallwirtschaft
Müll
Türkei
Abfallwirtschaft
Müll
Müll
Indien
Konsum
nachhaltige Kleidung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Greenpeace deckt Abfallexporte auf: Plastikmüll illegal verschifft
Greenpeace hat offenbar illegale Abfallexporte durch eine Recyclingfirma
aus Reinbek aufgedeckt. Verschickt wurde giftiger und falsch gemischter
Müll.
Abfallexporte in die Türkei: Die Müllkippe Europas
Seit China keinen Plastikmüll aus Europa mehr will, landet er in der
Türkei. Eine Studie zeigt: Dort werden die Abfälle offen verbrannt.
Neues Abfallwirtschaftskonzept: „Wir wollen mehr über Müll reden“
Das Parlament beschließt ein neues Müll-Konzept für Berlin.
Grünen-Umweltpolitiker Georg Kössler über Aufklärung beim Bio-Müll und die
Einwegabgabe.
Plastikmüllexport nach Malaysia: Zurück an den Absender
Österreichische Firmen exportieren tonnenweise Plastikmüll. Doch nun ist
falsch deklarierte Fracht aufgetaucht.
Finanzrisiko neue Produktionsanlagen: Der Plastikgipfel ist in Sicht
Wie viel Plastik braucht die Menschheit? Die Industrie meint: immer mehr.
Ein Irrtum, der Investoren 400 Milliarden Dollar kosten könnte.
Plastikrecycling in Indien: Ein Land räumt auf
Seit Indien den Import von Plastikmüll verboten hat, kümmern sich die
Recyclingfirmen verstärkt um die heimischen Müllberge – mit Erfolg.
Studie zu Restmüll: Deutsche haben Trennungsprobleme
Fast 70 Prozent dessen, was in der schwarzen Tonne landet, gehört gar nicht
dorthin. Das Bundesumweltministerium fordert mehr Biotonnen.
Fast Fashion ruiniert Altkleidermarkt: Viele Textilsammler vor dem Aus
Die ohnehin gebeutelte Alttextil-Branche fürchtet sich vor dem
überarbeiteten Kreislaufwirtschaftsgesetz. Sie fürchtet neue Konkurrenz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.