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# taz.de -- Studie zur Nutzung von Kultur in Berlin: Ein Blick vor die Bühne
> Kino ist das beliebteste Kulturangebot für BerlinerInnen, klassischen
> Konzerten droht das Publikum wegzusterben. Das zeigt eine neue Studie.
Bild: Wer sitzt auf diesen Stühlen? Und wer nicht? Blick in den Zuschauerberei…
Berlin taz | Es hätte sicher bessere Zeiten gegeben für Klaus Lederer
(Linke), um eine Studie zur „kulturellen Teilhabe“ vorzustellen als diesen
Montag. Schließlich wird der Kultursenator [1][nicht müde zu betonen,] dass
die Kultur mit am meisten von den Auswirkungen der Coronakrise getroffen
ist und weiter auf entsprechende Unterstützung angewiesen sein wird.
Aktuell stellt sich also weniger die Frage, wer denn die Kulturangebote in
Berlin wahrnimmt und wer nicht, sondern vor allem, [2][welche
Kulturangebote es überhaupt gibt und wenn ja, in welcher Form].
Doch da es bisher laut Lederer kaum Untersuchungen dieser Art gibt und sie
künftig alle zwei Jahre wiederholt werden soll, lohnt sich ein vorsichtiger
Blick auf die Studie, erstellt von einem Institut der
öffentlich-rechtlichen „Stiftung für kulturelle Weiterbildung und
Kulturberatung“. Vorsichtig unter anderem deswegen, weil bisher nur ein
Teil der Ergebnisse bekannt ist; der Rest soll Lederer zufolge spätestens
im Winter folgen.
Neu an der Studie ist, dass sie nicht nur die BesucherInnen von
Kulturangeboten in den Blick nahm, sondern repräsentativ die Kulturnutzung
der Bevölkerung Berlins untersucht, also auch jene Menschen befragt hat,
die in den letzten zwölf Monaten eben nicht im Kino, im Theater, bei einer
Lesung, auf einem Popkonzert, in der Oper, in einer Ausstellung oder auch
im Zoo und Tierpark waren.
Schließt man letztere beiden Ausflugsziele ein und wertet sie als Kultur –
was laut Studienleiterin Vera Allmannritter etwa in Großbritannien durchaus
üblich sei –, dann kommt die Untersuchung zum fulminanten Ergebnis, dass
lediglich sieben Prozent der BerlinerInnen kein solches Angebot
wahrgenommen hat. Das heißt umgekehrt, dass die hiesigen GroßstädterInnen
echte Kulturfans sind. Klammert man den Zoo aus, sind es immer noch 73
Prozent.
Wenig überraschend führt das Kino die Rangliste an: Mehr als 80 Prozent
haben innerhalb der vergangenen zwölf Monate mindestens ein Mal vor der
großen Leinwand gesessen, gut die Hälfte mindestens vier Mal. Danach folgen
die Tierparks, die von 64 Prozent der Befragten mindestens einmal besucht
wurden; Rock-, Schlager- und andere popkulturelle Konzerte mit 55 Prozent
und Ausstellungen mit knapp 50 Prozent. Geantwortet hatten auf die
schriftliche Umfrage rund 3.400 Menschen, gefragt wurde im Zeitraum von
Juni bis Oktober 2019.
Am Ende der Liste stehen experimentelle Musik (20 Prozent mit mindestens
einem Besuch), Literatur-Lesungen (25 Prozent), aber auch die Gruppe aus
Oper, Ballett und Tanztheater (30 Prozent) sowie klassische Musik (35
Prozent). Letzteren Konzerten droht, so die Untersuchung, gar das
Verschwinden des Publikums: Der Anteil der Zuschauer über 60 ist fast
doppelt so hoch wie der zwischen 17 und 29. „Das könnte ein Problem
werden“, sagte Vera Allmanritter. Bei Ausstellungen oder auch Theater sind
die Alterstufen einigermaßen gleich verteilt. Das Kino wiederum wird eher
von jüngeren und der großen Gruppe zwischen 30 und 59 Jahren besucht.
Jene, die zuletzt keine klassischen Kulturangebote genutzt haben, gaben als
Grund dafür vor allem fehlendes Geld und teure Eintrittspreise an, oder
auch, dass zu wenige Angebote sie interessieren würden oder diese in der
näheren Umgebung sein müssten.
## Die Vielfalt Berlins abgebildet?
Es sei sein Ziel, dass möglichst viele Menschen in den Genuss von Kultur
kommen können, betonte Lederer am Montag. Die Ergebnisse der Untersuchung
seien hilfreich für ihn und die jeweiligen Institutionen, um zu schauen, ob
all jene Menschen erreicht werden, die man erreichen will, und ob es
gelingt, „die Vielfalt der BerlinerInnen“ innerhalb der BesucherInnen
abzubilden.
Der unter anderem deshalb geplante [3][eine Sonntag pro Monat mit
kostenlosem Eintritt] in Museen sei wegen Corona auf kommendes Jahr
verschoben worden, sagte Lederer, betonte aber zugleich: „Auch kostenfrei
geht ein Teil der Bevölkerung einfach nicht hin.“ Er forderte deswegen mehr
Anstrengungen der Bildungsverwaltungen, in Kitas und Schulen musikalische
und künstlerische Bildung anzubieten. Denn: Wer nicht schon in jungen
Jahren Kunst und Kultur nahe gebracht bekomme, sehe man später auch nicht
mehr in Museen oder Konzerten.
17 Aug 2020
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## AUTOREN
Bert Schulz
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