# taz.de -- Schwere Verletzung durch Polizeieinsatz: Rippenprellung führt zu B… | |
> Ein Polizist stieß Sven Geilert so hart das Knie in die Rippen, dass er | |
> operiert werden musste. Jetzt soll Geilert Bußgeld zahlen. | |
Bild: Polizeikontrolle auf St. Pauli – kann glimpflich ablaufen oder mit Gewa… | |
HAMBURG taz | Noch heute kann Sven Geilert nicht auf der linken Seite | |
schlafen. Dabei ist es schon vier Monate her, dass zwei Polizisten auf ihm | |
knieten und der eine ihm mit dem Knie immer wieder in die Rippen stieß. | |
Geilert erlitt eine schwere Rippenprellung. Daraufhin sackte seine Lunge um | |
vier Zentimeter ein. Er konnte [1][nicht mehr richtig atmen] und musste | |
operiert werden. An der linken Brustseite über dem Herzen sieht man die | |
Narbe. | |
Am Abend des 27. April hatte Geilert mit seinem Freund Mustafa D. an D.s | |
Kiosk in der Davidstraße in Hamburg-St. Pauli gechillt. D. betreibt den | |
Kiosk „Mittenmang“ seit acht Jahren gemeinsam mit seiner Frau. „Es war | |
überhaupt nichts los an dem Abend, es war ja mitten im Lockdown, die | |
meisten Läden hatten geschlossen“, sagt D. der taz. | |
Ein Freund von D. betreibt eine Bar gegenüber des Kiosks, „Leos Bar“ heißt | |
sie und liegt direkt neben dem östlichen Eingang der Herbertstraße. Der | |
Betreiber von Leos Bar hatte den ganzen Tag renoviert, was Barbetreiber | |
eben so machen, wenn sie nicht öffnen dürfen. Zum Feierabend wollten D. und | |
Geilert ihm einen Kaffee rüberbringen, so schildern sie es der taz. | |
Mit etwa anderthalb Metern Abstand hätten sie zu dritt vor Leos Bar | |
gestanden – was laut der damals geltenden Coronaverordnung eine Person zu | |
viel war. Zwei Polizist*innen seien um die Ecke gekommen, eine junge | |
Frau und ein junger Mann, und hätten sie [2][auf die Coronaverordnung | |
hingewiesen]. „Ist angekommen, wir gehen ja gleich“, habe Geilert gesagt | |
und sich schon über die Straße entfernen wollen. Die Polizist*innen | |
seien ihm und Mustafa D. hinterhergelaufen und hätten ihre Papiere sehen | |
wollen. Geilert verweigerte das. | |
## „Hier wird nicht geraucht“ | |
Daraufhin hätten die Polizist*innen Geilert an die Wand neben dem Kiosk | |
gedrückt und ihm das Portemonnaie aus der Hosentasche gezogen. „Damit | |
hatten sie ja, was sie wollten, alles war soweit okay und ich wollte mir | |
eine Zigarette anzünden“, schildert Geilert die Situation. | |
Die Polizistin habe ihn angeschrien „Hier wird nicht geraucht“, ihm die | |
Zigarette aus der Hand gezogen und sie zerbrochen. Zwei weitere | |
Polizist*innen seien hinzugekommen. „Er hat ein Feuerzeug“, habe die | |
Polizistin gerufen. Daraufhin brachten zwei Beamte Geilert zu Boden. | |
Zwei Passant*innen beobachteten die Szene und filmten sie mit ihrer | |
Handykamera. Auf dem Video sieht man, wie zwei Polizisten auf Geilert knien | |
und versuchen, ihm die Hand auf den Rücken zu drehen, die neben seinem | |
Gesicht liegt. „Ich wollte mein Gesicht mit meinen Händen schützen“, | |
berichtet Geilert. | |
Auf dem Video ruft er mit hervorgepresster Stimme, während ein Polizist ihn | |
im Schwitzkasten hält: „Das tut weh, ihr habt mir voll in die Rippen | |
gehauen!“ Mustafa D. versucht, die Situation zu schlichten, man sieht ihn | |
in dem Video mit einigem Abstand auf die Beamten einreden. Auf St. Pauli | |
wird er oft Zeuge von Gewalt, aber das Vorgehen der Beamt*innen habe ihn | |
schockiert, sagt er. | |
Weil er vor Schmerzen nicht mehr laufen konnte, trugen die Polizisten | |
Geilert in einen Polizeiwagen und [3][fuhren ihn zur Lerchenwache]. „Ich | |
brauche einen Krankenwagen“, habe er schon im Polizeiauto gesagt. In die | |
Lerchenwache mussten ihn die Polizisten wieder tragen, dann setzten sie ihn | |
auf einen Stuhl in einer Zelle. Nach wenigen Minuten habe ein Notarzt ihn | |
abgeholt. | |
Im Krankenhaus diagnostizierte man nur die Rippenprellung und gab ihm | |
starke Schmerzmittel. Drei Wochen lang quälte er sich herum, konnte nicht | |
liegen, schlief auf einem Stuhl. „Dann bin ich zu Mustafa gegangen und hab | |
gesagt: Ich kann nicht mehr.'“ Wieder im Krankenhaus, stellte eine Ärztin | |
fest, dass sich Luft zwischen den Rippen und der Lunge gebildet hatte, | |
sodass die Lunge sich nicht mehr ausdehnen konnte. | |
Erst als sie eine 30 Zentimeter lange Kanüle zwischen seinen Rippen | |
hindurch in den Brustkorb schob, konnte er wieder tief atmen. Eine Woche | |
lang musste er stationär behandelt werden. Noch heute kann er nicht schwer | |
heben, seinem Job als Messebauer kann er erst mal nicht nachgehen. | |
Ein Bußgeldbescheid über 150 Euro erreichte Geilert noch im Mai, eine | |
Anzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte etwas später. Er will | |
erst mal nicht bezahlen, sondern hat die Beamt*innen ebenfalls | |
angezeigt. Das Dezernat Interne Ermittlungen der Innenbehörde ermittelt | |
gegen die beteiligten Polizist*innen. | |
Wegen der laufenden Ermittlungen sagt die Polizei nicht viel zu dem Fall. | |
Nach Darstellung des Sprechers Florian Abbenseth sei die Aggression aber | |
von Geilert ausgegangen. „Er pöbelte die Beamten sofort an, zeigte sich | |
aggressiv und suchte die Konfrontation“, sagt Abbenseth. „Als ihm wegen | |
seines Verhaltens im weiteren Verlauf die Handfesseln angelegt werden | |
sollten, leistete er Widerstand.“ | |
Geilert hat nach dem Vorfall Zettel in den umliegenden Straßen aufgehängt, | |
um Zeug*innen zu suchen, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommen | |
sollte. Die beiden Passant*innen, die das Video aufgenommen haben, meldeten | |
sich daraufhin im Kiosk, zwei andere Anwohner*innen stehen ebenfalls | |
als Zeug*innen bereit. | |
Von dem Verfahren erhofft Geilert sich Gerechtigkeit, auch wenn er weiß, | |
[4][dass die Chancen gegen die Polizei vor Gericht meistens schlecht | |
stehen]. Es dürfe nicht sein, dass die Polizist*innen ungestraft | |
davonkämen. | |
13 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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