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# taz.de -- Illegale Partys sorgen für Unmut: Gebt den Ravern endlich einen Ac…
> Dem unbändigen Willen zur Party müssen geordnete Wege geebnet werden. Die
> Raver brauchen eine Freifläche in Marzahn, Oberschöneweide oder sonst wo.
Bild: Party in der Hasenheide: ein alter Hut – Anfang Juli noch ohne Diskokug…
Diesen Sonntag lädt der Friedrichshainer Club Kater Blau im seinem Garten
zum „Acid Bingo“ und richtet sich dabei in dieser „Rentner Edition“
ausdrücklich an die etwas ältere Generation. Omas und Opas seien herzlich
willkommen, heißt es. Vielleicht ist das auch ein Versuch, den Alten zu
zeigen: Hey, so schlimm sind wir juvenilen Hedonisten doch gar nicht.
So eine Veranstaltung müsste eigentlich irgendeinen Friedenspreis verliehen
bekommen, denn der Zoff zwischen jungen Partypeople und Leuten, die zuletzt
im vorherigen Jahrtausend feiern waren, artet ja langsam gehörig aus. Die
Kommentare zu den diversen Artikeln zum letzten illegalen Rave in der
Hasenheide zeigten, dass Jugendliche auf der Suche nach ein bisschen Spaß
nicht mehr mit Verständnis rechnen sollten.
Vor allem im Tagesspiegel entlud sich die Wut empörter LeserInnen. Die
Jugendlichen haben nur poppen und chillen im Sinn, las ich dort. Sie
verwüsten unsere schönen Parks und pinkeln alles voll. Die Musikanlagen
sollten nicht nur konfisziert, sondern gleich zerstört werden. Einmal
illegal raven: 5.000 Euro Strafe, mindestens. Mit dem Wasserwerfer rein in
die Party, dann ist schnell Schluss mit dem Treiben … So ein Zeug wurde da
geschrieben. Und: Bei Trump und Putin würde es so etwas nicht geben. Fehlte
nur noch die Bemerkung: Unter Adolf Hitler hätten die sich so etwas nicht
getraut. Vielleicht habe ich die aber auch einfach nur überlesen.
Jedenfalls muss sich jetzt schleunigst etwas tun. Dem ganz offensichtlich
unbändigen Willen zur Party müssen geordnete Wege geebnet werden, sonst
bilden die Parkschützer bald Bürgerwehren oder prügeln die Feiernden
eigenhändig aus den Parks. Die Raver brauchen endlich irgendeinen
abgelegenen Acker in Marzahn, Oberschöneweide oder sonst wo, auf dem sie
chillen, poppen und alles zumüllen können, wie sie wollen!
## Ein Bezirk nach dem anderen winkt ab
Aber langsam glaube ich, dass wir die Einrichtung einer temporären
autonomen Partyzone diesen Sommer nicht mehr erleben werden. Scheint
niemand haben zu wollen, die Raver. Ein Bezirk nach dem anderen winkt
dankend ab. Und bald schon rollt wahrscheinlich die zweite Coronawelle auf
uns zu und dann kommt der Herbst und dann der Winter – und Open-Air-Raves,
bei denen man Daunenjacken benötigt, will wahrscheinlich auch niemand
besuchen.
Ich denke, es wäre jetzt aber auch an der Zeit, die Clubs in die
Verantwortung zu nehmen. Ihre Klientel lässt in den Parks die Sau raus, die
Berliner Wutbürger drehen deshalb schier durch – und in den Clubs servieren
sie in ihren Gärten Pizza und deren Betreiber drehen ansonsten Däumchen
oder starten die nächste Crowdfunding-Kampagne zur eigenen Rettung. Partys
zu veranstalten lohnt sich nicht finanziell und dann noch diese nervigen
Hygienevorschriften …
Clubs, ihr habt jetzt die Aufgabe zur Befriedung der Bevölkerung zu
übernehmen, nehmt das bitte mal ernst! Die Lage ist so ernst, dass es
inzwischen gar von öffentlichem Interesse sein sollte, dass endlich wieder
dort getanzt werden kann, wo das niemanden zum Ruf nach einem Wasserwerfer
verleitet: nämlich in den Clubs.
Die Politik steigt dann eben mit ein in die Partybranche und subventioniert
die Raves, das fände ich einmal eine sinnvolle Maßnahme. Meinetwegen könnte
man sich dann ja sogar darauf einigen, dass Kultursenator Klaus Lederer bei
der Auswahl der DJs ein Wörtchen mitreden dürfte. Der kennt sich ja
anscheinend ein wenig aus als angeblich regelmäßiger Berghain-Gänger. Ein
paar Euro Zuschuss beim Eintrittspreis und schön hätten wenigstens ein paar
Feierwillige weniger das Bedürfnis, nachts die Hasenheide zu verwüsten,
weil sie sonst nirgendwo tanzen können. Und Bingo spielen könnte man
Sonntagabend im Clubgarten ja trotzdem auch weiterhin.
2 Aug 2020
## AUTOREN
Andreas Hartmann
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