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# taz.de -- Finanzpaket, Wirecard und Hagia Sophia: Europa lebt frugal
> Die EU hat ein Finanzpaket beschlossen. Übrig bleibt der schale Geschmack
> von „Geiz ist geil“. Und die Erkenntnis, dass es dafür keine Briten
> braucht.
Bild: Bei den letzten Europawahlen noch gehypt. Jetzt bereit für die Altkleide…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Merkel, Europas eiserne Spartyrannin.
Und was wird besser in dieser?
Merkel: Schmeißt das Geld zum Fenster raus.
Die EU hat [1][das größte Finanzpaket aller Zeiten] beschlossen, hängen
blieb aber „Geiz ist geil“-Mentalität. Ist es Zeit, die blauen Hoodies mit
den Sternen in die Altkleidersammlung zu geben?
Da werden die Briten sich aber freuen über die alten Lappen. Sie sind raus,
kriegen nichts ab und staunen, dass Macron den deutschen Krösus gebändigt
hat: jede Menge Schulden und Geld mit der Gießkanne. Damit hat Corona
ungefähr die Ziele Margaret Thatchers erreicht: Dickdeutschland nur mit
europäischer Manndeckung. Die neuen Briten heißen „frugale vier“,
Deutschland ist nicht mehr Chefsparhamster.
Apropos Altkleider: Eines von fünf Baumwollprodukten aus dem Weltzentrum
der Textilproduktion, dem chinesischen Xinjiang, soll von Uiguren in
Zwangsarbeit hergestellt worden sein. Wie können wir mit der Gewissensnot
umgehen?
Da wird es das chinesische Regime freuen, prokommunistische Lausbuben bei
BDI, IHK und Industrieverbänden voll auf Linie zu sehen: Bloß kein
Lieferkettengesetz! Wenn Ikea oder H&M ihre Produkte bis runter zum ersten
Rohstoff kontrollieren müssten, sei das erstens unmöglich und zweitens
schlecht für die Arbeiter auswärts. Im Grunde also ungefähr so unmöglich,
wie etwa Tönnies-Fleischfabriken in den demokratischen Sektor zu verlegen.
Eva Herman gründet eine Kolonie in Kanada und siedelt dafür Nazis auf eine
Insel aus. Ist das diese Alternative für Deutschland, von der alle reden?
Eva Herman war früher mal bei der „Tagesschau“. Heute dagegen ist sie Eva
Herann, die früher mal bei der „Tagesschau“ war. Respektive das beste
Argument, Susan Stahnke noch ganz okay zu finden. Mit der massenhaften
Unterbringung von Rechtsextremen auf einer Insel knüpft das Projekt an
urdeutsche Tugenden wie Mülltrennung an. Und erinnert ein bisschen an den
Exodus feiger Nazis nach Lateinamerika ab 1945.
Karl-Theodor zu Guttenberg [2][lobbyierte bei der Bundesregierung für
Wirecard] und will von Finanzbetrug nichts gewusst haben. Ist Guttenberg
der neue oder alte Amthor?
Sein Flurnachbar. Zeitweise residierte des Barons „Spitzberg Partners“ im
One World Trade Center in NY neben „Augustus Intelligence“, der durch
Amthor international angesehenen Phantomfirma. Beide definieren den Begriff
„Tollpatsch“ neu als wenig toll, viel patsch.
Die Hagia Sophia wurde wieder zur Moschee gemacht. Welche anderen Objekte
würden sich ebenfalls gut als Sakralbauten eignen?
Bei Ikea duzen sich schon alle.
Thalia will weiterhin die Bücher des veganen Kochs und rechtsradikalen
Verschwörungstheoretikers Attila Hildmann verkaufen, um LeserInnen nicht
zu bevormunden. Was empfehlen Sie als geeignetes Grillgut für diesen
Sommer?
Sauber aufgelegt, den Ball, aber ihr kriegt mich nicht zur
Bücherverbrennung.
In den [3][USA spielen Bundestruppen in demokratisch dominierten Städten
ein bisschen Militärdiktatur]. Wird da ein Putsch vorbereitet, falls Trump
im November die Wahl verliert?
Warum sollten nicht ausgerechnet die USA die Deutschen daran erinnern,
warum im Grundgesetz die Polizei zur „Ländersache“ erklärt wurde? Klar, d…
Bundesgrenzschutz wurde heimlich zur „Polizei des Bundes“ umgerüstet, und
mit Notstandsgesetzen könnte die Bundeswehr auch im Innern agieren.
Faszinierend: In Deutschland legen sich Demokraten Werkzeuge zurecht, deren
Missbrauch man sich in Amerika schon anschauen kann.
Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer lässt einen
Freiwilligendienst bei der Bundeswehr einrichten, der dem „Heimatschutz“
dienen soll. Ist das angesichts der Herkunft des NSU aus der Thüringer
Neonazivereinigung gleichen Namens nur geschmacklos oder schon
folgerichtig?
Wenn die Berufs- und Freiwilligenarmee ein Naziproblem macht, ist „noch
mehr Freiwillige“ eine eher antizyklische Idee.
Und was machen die Borussen?
Planen mit maximal 15.000 Zuschauern bei Heimspielen. Wenn man die alle 20
Minuten auswechselt, ist es fast wie früher.
Fragen: Alina Schwermer, Daniél Kretschmar
27 Jul 2020
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## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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