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# taz.de -- Greta, Merkel, Scholz und Bannon: Wegatmen mit Angela
> Greta Thunberg ist jetzt eingemerkelt, das Virus bleibt autoritär und die
> CDU beweist, dass sie von Satire so viel versteht wie die AfD.
Bild: Hat Ärger mit der Basis: Greta Thunberg
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Putin lässt Regimegegner vergiften und verweigert
ihm deutsche Heilkunst.
Und was wird besser in dieser?
Recherche.
Greta Thunberg und Luisa Neubauer haben sich mit Angela Merkel getroffen,
[1][von der FFF-Basis gab es Kritik]. Helfen PR-Bilder dem Grönländischen
Eisschild?
Gute Frage! Noch eine: Ist Thunberg jetzt eingemerkelt – oder genießt die
Kanzlerin Thunwashing? Beide bedampfen einander mit Aromen guten Willens,
dahinter wird’s spitz: Die FFF-Delegation forderte „a leader“, was man in
Deutschland besser auf Englisch formuliert. Die Basisbewegung überfährt mit
dem Date ihre eigene Basis, das kann Merkel lächelnd wegatmen.
Ungewöhnlich, dass eine Opposition von einer Regierung mehr Autorität
verlangt. Physikerin Merkel konnte sich in den Wissenschaftsglauben
eindenken, und umso plausibler dagegenhalten: ein Gipfel zwischen Muss und
Machbarkeit. Es nervt unfassbar, doch Demokratie ist eben nicht: Versuch
aufbauen, Schalter drücken, fertig. Vorschlag zur Güte: Helmut Kohl
empfängt 1983 eine Delegation der Anti-Atom-Bewegung und entschuldigt sich
wortreich, dass er den Ausstieg bis nächsten Dienstag nicht fertigbekommt.
Gemessen an diesem Fiebertraum kann man ermessen, was FFF bereits erreicht
hat.
Die Covid-19-Fälle in der EU sind massiv gestiegen. Gibt es eine gemeinsame
Strategie?
Klar, einer hat sogar eine weltweit gültige, einheitliche Strategie: das
Virus. Während etwa Kitas und Schulen höflich formuliert subregional
rumtesten, was am besten dagegen hilft. Nennen wir das Virus also mal
autoritär und fragen, ob wir dem Gegner ähnlich werden wollen.
Trumps früherer Chefstratege, Steve Bannon, ist wegen Betrugs und
Geldwäsche vorübergehend festgenommen worden. Überrascht Sie das?
Hollywood-Blockbuster „nach einer wahren Begebenheit“ erzählen in der
Abspanntypografie gern mal, was aus den ganzen dargestellten Charakteren im
echten Leben später wurde. Der Abspann hinter dem Trump-Biopic wird mehrere
Stunden lang und spielt wesentlich im Knast. Trump selbst mäht wie eine
unaufhaltsame Kugel durchs Ensemble. Dieser „Heldenreise“-Kram ist so
süffig wie verlogen. Bleiben wir beim Dokumentarfilm.
Olaf Scholz lehnt ein bedingungsloses Grundeinkommen ab, weil das
Neoliberalismus sei. Ist jetzt auch noch Herr Scholz gegen diesen
Neoliberalismus?
Versteht das jemand? Übersetzen wir aus dem Scholzischen ins Deutsche: „Das
Grundeinkommen ist die Nachricht des Kapitalismus an ein paar Millionen
Menschen, dass sie uns bitte mit ihrer bescheuerten Arbeitskraft nicht mehr
auf die Nerven gehen sollen. Und wenn sie das geschluckt haben, streicht
man alle Sozialleistungen. Gibt ja jetzt Grundeinkommen.“ Immer noch zu
verscholzt? Dann gemünteferingt: „Wirtschaft ist für die Menschen da.“
Scholz hat da einen Punkt und weiß ihn genialisch zu verbergen.
Die CDU [2][beschwert sich über ein satirisches Polizeivideo bei „funk“]
und koppelt das an die Erhöhung der Rundfunkgebühren. Kein gutes Jahr für
Satire und Polizei, oder?
Wenn die Finanzierung des gemeinnützigen Rundfunks vom politischen
Wohlgefallen am Programm abhängt, gehört er abgeschafft. Also beweist die
CDU hier erstens, wie sinnvoll ARD und ZDF sind. Zweitens, wie sehr ihre
Denke der der AfD ähnelt. Und drittens, dass sie auch dringend mal wieder
eingeladen werden muss. Politische Talkshows sind als Therapieprojekte
unverzichtbar.
Die IG Metall fordert die 4-Tage-Woche. Eine gute Idee?
Klar – warum sollten wir neben beschissenen Löhnen nicht auch endlose
Arbeitstage exportieren? Forderungen wie „höherer Mindestlohn“ und „weni…
Arbeitszeit“ sind plausibel, berechtigt und – doch nur eine Zugabe aus
alten Hits. Sind nationale Vereinbarungen in einer globalisierten
Wirtschaft surreal? In einer 30-Stunden-Woche haben wir alle mehr Zeit,
shoppen zu gehen. Produkte, die anderswo in 60-Stunden-Wochen zu
Cent-Tarifen gefertigt werden. Guten Morgen, Weltgewerkschaft.
Wie sehr fehlt Ihnen Christoph Schlingensief?
Roger Willemsen. Wiglaf Droste. Diese Schnurre, [3][wonach Odin die Besten
früh an seine Tafel rufe] – was für ein Schlingensief-Film würde das!
Und was machen die Borussen?
Im Kommunalwahlkampf plakatiert die CDU orange, SPD und AfD blau-rot, FDP
Farbdurchfall, Grün grün und alle, alle haben gelernt aus dem legendären
Claim der grünen Jugend 2009 „Schwarz-Gelb abwählen!“
Fragen: asc, waam
23 Aug 2020
## LINKS
[1] /Thunberg-und-Neubauer-im-Kanzleramt/!5708566
[2] https://www.bento.de/politik/aurel-und-lisa-eckhart-wo-satire-wirklich-auf-…
[3] https://www.sprichwoerter.net/sprichwoerter/lateinische-sprichwoerter-und-r…
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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