# taz.de -- Bundesregierung und Wirecard: Für die Kanzlerin zu unbedeutend | |
> Die Grünen raunen von Verstrickungen. Tatsächlich war Wirecard selbst als | |
> DAX-Konzern zu unwichtig, um sich der Förderung durchs Kanzleramt zu | |
> erfreuen. | |
Bild: Auch wenn es für manche so aussehen mag: Wichtig war die von zu Guttenbe… | |
Man muss es Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg lassen: Er | |
hat einen sicheren Instinkt dafür, sich lächerlich zu machen. Denn seine | |
Beratungsfirma ist mit [1][der Pleitefirma Wirecard] verstrickt. Guttenberg | |
sollte für den DAX-Konzern die Türen nach China öffnen und er schaffte es | |
sogar, im September 2019 einen Termin bei der Kanzlerin zu ergattern – kurz | |
bevor Merkel zu einer Reise nach Ostasien aufbrach. Hinterher meldete das | |
Kanzleramt an Guttenberg, dass Wirecard „bei dem Besuch in China zur | |
Sprache gekommen“ sei. | |
Guttenbergs Wirecard-Diplomatie wurde [2][nun durch den Spiegel bekannt], | |
und die Opposition ist begeistert. Die Grünen raunen, die Bundesregierung | |
dürfe nicht „scheibchenweise“ mit der Wahrheit herausrücken. Es müsse | |
„alles schnellstmöglich aufgeklärt werden“. Man suggeriert also, die | |
Regierung hätte die betrügerischen Aktivitäten von Wirecard bewusst | |
gefördert. | |
Keine Frage: Es ist ein Skandal, dass [3][bei Wirecard 1,9 Milliarden Euro | |
verschwunden sind]. Trotzdem wäre es absurd, sich ausgerechnet mit Merkels | |
Chinareise zu befassen, um das System Wirecard zu ergründen. | |
Merkel ist nämlich sehr oft nach China gefahren – um Werbung für die | |
deutsche Wirtschaft zu machen. Auch im September 2019 waren diverse | |
Konzernchefs dabei: ob von der Allianz, Siemens, Airbus oder der deutschen | |
Post. Elf Verträge wurden damals abgeschlossen, um deutschen Firmen neue | |
Möglichkeiten in China zu eröffnen. | |
Dies bedeutet: Selbst als DAX-Konzern war Wirecard zu unwichtig, um sich | |
spezialler Förderung durch das Kanzleramt zu erfreuen. Die Chefs durften | |
nicht mit nach China fliegen – und sie brauchten Mittelsmänner wie | |
Guttenberg, um an die Kanzlerin heranzukommen. | |
So langweilig es ist: Politisch stellt sich bei Wirecard nur eine Frage – | |
wie man derartige Betrugsfälle künftig verhindern kann. Denn nicht die | |
Regierung hat versagt, sondern die Bankenaufsicht Bafin und die | |
Wirtschaftsprüfer von EY. | |
19 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Mutmasslicher-Bilanzbetrug-bei-Wirecard/!5691125 | |
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-rueckt-bundesre… | |
[3] /Skandal-um-Dax-Konzern-Wirecard/!5697275 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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