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# taz.de -- Skandal um Dax-Konzern Wirecard: Ohrfeigen für deutsche Aufsicht
> Die EU-Kommission schaltet im Fall Wirecard europäische Kontrolleure ein.
> Bundesfinanzminister Olaf Scholz kündigt eine Reform der deutschen
> Finanzaufsicht an.
Bild: ein Fall für eine bessere Aufsicht: Wirecard
Brüssel reuters | Nach dem [1][Zusammenbruch des Zahlungsanbieters
Wirecard] geht es nun den Aufsichtsbehörden an den Kragen. Die Europäische
Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA soll nach dem Willen der
EU-Kommission klären, ob die deutsche Finanzaufsicht BaFin bei der
Kontrolle über Wirecard versagt hat, wie Kommissionsvize Valdis Dombrovskis
am Freitag ankündigte.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellte eine Reform der Aufsicht in
Deutschland in Aussicht. An der Börse wollten Anleger nur noch raus aus
denWirecard-Aktien – sie rauschten um weitere 34 Prozent in die Tiefe. Weil
die Titel noch immer im Leitindex Dax gelistet sind, können unter anderem
einige Anbieter von Indexfonds (ETFs) nicht aussteigen.
„Wir müssen klären, was schief gelaufen ist,“ sagte Dombrovskis in einem
Interview mit der „Financial Times“. „Wir werden die ESMA bitten, zu
prüfen, ob es aufsichtsrechtliche Versäumnisse gegeben hat, und wenn ja,
eine mögliche Vorgehensweise festlegen.“ Bis Mitte Juli erwarte er eine
Antwort von der ESMA. Dombrovskis könnte die Ergebnisse der Analyse nutzen,
um eine formelle Untersuchung einzuleiten und die BaFin verpflichten, der
ESMA Informationen zur Verfügung zu stellen. Wenn ein Verstoß festgestellt
wird, könnte [2][die BaFin] von Brüssel angewiesen werden, ihre Praktiken
zu ändern – eine höchst peinliche Situation für eine nationale
Aufsichtsbehörde.
Scholz kündigte an, die Strukturen bei der Finanzaufsicht BaFin zu
durchleuchten, um mögliche Fehler zu finden. Die aktuelle Arbeitsweise
müsse überdacht werden. „Die BaFin muss künftig in der Lage sein,
Sonderprüfungen möglichst kurzfristig, schnell und effizient durchführen zu
können“, sagte der SPD-Politiker. Wirecard sei ein [3][Skanda]l, der
seinesgleichen suche. Das müsse ein Weckruf sein. Kritische Fragen seien
jetzt an das Wirecard-Management, aber auch die Wirtschaftsprüfer zu
richten. BaFin-Chef Felix Hufeld soll am Mittwoch im Finanzausschuss Rede
und Antwort stehen.
Wirecard hat am Donnerstag Insolvenz angemeldet, weil in der Bilanz 1,9
Milliarden Euro fehlen und die Überschuldung droht. Es ist eine der größten
Pleiten der Bundesrepublik, die das Vertrauen in den Finanzplatz
Deutschland erschüttert. Erstmals in der mehr als 30-jährigen Geschichte
des Dax kollabiert ein Mitglied des deutschen Leitindex. Die
Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY,) die die Zahlen des
Finanzdienstleisters aus dem Münchener Vorort Aschheim seit Jahren testiert
hatten, sprachen von einem ausgeklügelten, weltumspannenden Betrugssystem.
## Strafanzeige gegen Wirtschaftsprüfer
Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) stellte wegen der Vorgänge
rund um Wirecard Strafanzeige gegen zwei amtierende und einen ehemaligen
Abschlussprüfer von EY, wie die Aktionärsvereinigung am Freitag mitteilte.
Ferner habe die SdK große Zweifel, dass EY als Abschlussprüfer geeignet
sei. Die Aktionärsvereinigung werde daher zunächst für die von der SdK
vertretenen Investoren auf zukünftigen Hauptversammlungen gegen eine
Bestellung von EY zum Abschlussprüfer und/oder Konzernabschlussprüfer
stimmen. EY war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Mitarbeter von EY hatte mehr als ein Jahrzehnt lang die Zahlen von Wirecard
geprüft und die Bilanzen testiert. Erst bei der Prüfung der 2019er-Bilanz
bemerkten die Prüfer, dass Bankbestätigungen zu Treuhandkonten auf den
Philippinen gefälscht waren. Auf den Konten sollten 1,9 Milliarden Euro
liegen – ein Viertel der Bilanzsumme. Am Donnerstag musste Wirecard dann
Insolvenz anmelden. Die Wirtschaftsprüfer von EY sprachen von einem
ausgeklügelten, weltumspannenden Betrugssystem, mit dem sie und Anleger
hinters Licht geführt worden seien
26 Jun 2020
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