# taz.de -- Mutmaßlicher Bilanzbetrug bei Wirecard: Skandal muss Konsequenzen … | |
> Bei Wirecard sind Milliarden verschwunden. Das war nur möglich, weil alle | |
> Aufsichtsorgane versagt haben. | |
Bild: Hinter die Fassade schauen? Wirecard-Zentrale bei München | |
Es ist ein beispielloser Finanzskandal: Beim DAX-Unternehmen Wirecard | |
[1][fehlen mindestens 1,9 Milliarden Euro] – und dieser Bilanzbetrug war | |
nur möglich, weil alle Aufsichtsorgane versagt haben. Die Prüfgesellschaft | |
Ernst & Young wollte offenbar bequem ihre Honorare kassieren, und die | |
staatliche Finanzaufsicht Bafin gab sich kritiklos dem Glauben hin, dass in | |
Deutschland ein führender Finanztech-Dienstleister entsteht, der im | |
zukunftsträchtigen Onlinegeschäft global mithalten kann. | |
Dieser Traum ist nun zerstoben. Niemand weiß, wie groß die Verluste bei | |
Wirecard am Ende sein werden. Aber es ist extrem unwahrscheinlich, dass | |
sich das Unternehmen noch gegen seine Konkurrenten durchsetzen kann. | |
Schließlich ist Wirecard nicht die einzige Firma, die Onlinehändler beim | |
Zahlungsverkehr mit ihren Kunden unterstützt. Andere Anbieter wie Worldline | |
oder Adyen sind längst größer und müssen nicht mit dem vernichtenden Ruf | |
leben, eine Zockerbude von Bilanzfälschern zu sein. | |
An Hinweisen hat es wahrlich nicht gefehlt. Schon seit mehr als einem | |
Jahrzehnt halten sich die Gerüchte, dass es bei Wirecard nicht mit rechten | |
Dingen zugeht. Trotzdem haben Ernst & Young sowie die Bafin fest | |
geschlafen. | |
Den Schaden haben aber nicht die Prüfer von Ernst & Young, denn sie haften | |
nur mit maximal 4 Millionen Euro. Auf den Milliardenverlusten bleiben die | |
Banken und die Aktionäre sitzen, die darauf vertraut haben, dass die | |
Wirecard-Aktivitäten von den Wirtschaftsprüfern und der Bafin sorgsam | |
kontrolliert werden. | |
Dieser [2][Skandal muss Konsequenzen] haben – vorneweg bei den | |
Wirtschaftsprüfern. Bisher herrscht dort ein globales Oligopol von vier | |
Großkanzleien, die fast alle lukrativen Prüfaufträge an sich ziehen und die | |
auch schon in der Finanzkrise 2008 krachend versagt haben. | |
Die Wut auf die Prüfkonzerne ist so groß, dass es zu ungewöhnlichen | |
Allianzen kommt: Im EU-Parlament fordern Grüne und Liberale gemeinsam, dass | |
das korrupte Geschäftsmodell der Prüfgesellschaften reformiert wird. | |
Aber auch die Bafin muss sich wandeln. Zu den irren Windungen der | |
Wirecard-Affäre gehört nämlich, dass die Bafin [3][zwei Journalisten der | |
Financial Times] bei der Münchner Staatsanwaltschaft angezeigt hat, weil | |
diese schon früh über einen möglichen Bilanzbetrug bei Wirecard berichtet | |
hatten. Auf diese abwegige Idee muss man erst mal kommen. Die Bafin hat | |
nicht wie eine Kontrollbehörde agiert – sondern wie ein staatlicher | |
Lobbyist für die heimischen Finanzkonzerne. Das darf sich niemals | |
wiederholen. | |
24 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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