# taz.de -- Verhältnis zwischen EU und Türkei: Brüssel fordert Sanktionen | |
> Das EU-Parlament kritisiert ein zunehmend aggressives Auftreten Ankaras. | |
> Auch über einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen denken einige nach. | |
Bild: Es gibt Redebedarf: Erdogan bei seinem letzten Besuch in Brüssel im Mär… | |
BRÜSSEL taz | In der EU wird wieder der Ruf nach Sanktionen gegen die | |
Türkei laut. Das Land, das offiziell immer noch EU-Beitrittskandidat ist, | |
trete zunehmend „aggressiv“ auf und müsse abgestraft werden, hieß es in | |
einer Aussprache des Europaparlaments in Brüssel, die auf Antrag der | |
konservativen EVP-Fraktion angesetzt worden war. | |
[1][Präsident Recep Tayyip Erdogan] verfolge eine “neo-osmanische Politik“, | |
sagte der konservative italienische Abgeordnete Massimiliano Salini. Die | |
Türkei wolle [2][im Mittelmeerraum] an die Stelle der EU treten, das dürfe | |
Brüssel nicht länger hinnehmen. Vor allem die türkische Militärintervention | |
in Libyen schreie nach einer Antwort. | |
Ähnlich äußerten sich Abgeordnete aus Frankreich und Österreich. In Wien | |
war es vor wenigen Tagen zu Ausschreitungen der faschistischen türkischen | |
„Grauen Wölfe“ gekommen. Frankreich empört sich über einen militärischen | |
Zwischenfall vor der Küste Libyens, wo ein türkisches Schiff auf ein | |
französischen Boot gezielt haben soll. | |
Man müsse über Sanktionen bis hin zum Abbruch der Beitrittsverhandlungen | |
nachdenken, sagte der österreichische Sozialdemokrat Andreas Schieder. | |
„Werden wir noch lange gleichgültig bleiben?“, fragte der französische | |
Sozialist Emmanuel Maurel. Nach dem „Gehirntod“ der Nato müsse die EU | |
endlich aufwachen und Erdogan die Stirn bieten. | |
## Lob für Vermttlungsversuche | |
Beschwerden gab es auch über die türkischen Öl- und Gasbohrungen vor Zypern | |
und die zunehmenden Verletzungen des Luftraums in Griechenland. „Erdogan | |
nimmt Themen von vor hundert Jahren wieder auf“, sagte der griechische | |
Sozialist Nikos Androulakis. Die geplante Umwidmung der Hagia Sophia in | |
eine Moschee dürfe nicht unbeantwortet bleiben. | |
Deutlich zurückhaltender äußerten sich die deutschen EU-Abgeordneten. So | |
sagte der CDU-Politiker David McAllister, man müsse sich nun um | |
„Deeskalation“ bemühen. Ausdrücklich lobte McAllister, der den | |
außenpolitischen Ausschuss im EU-Parlament leitet, den EU-Außenbeauftragten | |
Josep Borrell für dessen Vermittlungs-Bemühungen. | |
Borrell war erst am Montag dieser Woche nach Ankara gereist, jedoch mit | |
leeren Händen zurück nach Brüssel gekommen. Mit ihm werde es keine “heilige | |
Allianz gegen die Türkei“ geben, sagte der Spanier – und er glaube auch | |
nicht, dass Deutschland das wolle. | |
„Der aktuelle negative Trend in unseren Beziehungen muss gestoppt und | |
umgekehrt werden“, so Borrell weiter. Die Dynamik von Vergeltungsmaßnahmen | |
führe nicht zu mehr Sicherheit und Stabilität im Mittelmeerraum. | |
Die türkische Regierung hat für den Fall von EU-Sanktionen bereits mit | |
Vergeltung gedroht. Was das genau bedeutet, ist unklar. Sie verfügt jedoch | |
über mehrere Druckmittel. So könnte sie wieder Flüchtlinge über die Ägäis | |
oder den Landweg nach Griechenland schicken. | |
Deutschland möchte dies verhindern und setzt daher ebenfalls auf | |
Deeskalation. Kanzlerin Angela Merkel hat ihren früheren Europa-Berater | |
Nikolaus Meyer-Landrut nach Ankara geschickt. Er soll dort die | |
EU-Delegation leiten – und dafür sorgen, dass nichts anbrennt. | |
10 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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