# taz.de -- Berliner Jahresbericht zu rechter Gewalt: „Rassismus ist das Haup… | |
> Das Antifaschistische Pressearchiv hat die „Berliner Zustände“ | |
> veröffentlicht. 2019 gab es so viel rechte Gewalt war nie. | |
Bild: „Tödliche Gewalt ist seit jeher immanent mit rechter Ideologie verbund… | |
taz: Herr Metzger, in Berlin wurden im vergangenen Jahr 390 Menschen Opfer | |
rechter, rassistischer oder antisemitischer Gewalt, die größte Anzahl seit | |
Beginn der Zählung vor 20 Jahren. Wird die Lage bedrohlicher? | |
Frank Metzger: Die Zahlen zeigen das und die [1][Opferberatungsstelle | |
ReachOut] spricht von einem traurigen Rekord. Womöglich gibt es auch eine | |
erhöhte Sensibilität in der Bevölkerung, Taten zu melden, dennoch kommt | |
auch noch eine große Dunkelziffer hinzu. Auch deckt sich das mit | |
Erfahrungsberichten von tatsächlich oder potenziell Betroffenen. Viele | |
erleben mehr verbale Drohungen, bis hin zu Mordaufrufen. Das birgt die | |
Gefahr, dass dies in tatsächliche Gewalttaten auf der Straße umschlägt. | |
Wer ist vor allem von diesen Angriffen betroffen? | |
Rassismus ist seit vielen Jahren das Motiv der meisten Gewalttaten. Diese | |
sind antimuslimisch oder antiziganistisch motiviert oder richten sich gegen | |
Geflüchtete oder Schwarze Menschen. Die zweite große Opfergruppe sind | |
LGBTIQ. Darüber hinaus gibt es auch antisemitische Taten, solche gegen | |
politische Gegner*innen, Wohnungslose oder Menschen mit | |
Beeinträchtigungen. | |
Anders als in Hanau oder Halle war in Berlin kein Todesopfer zu beklagen. | |
Wie groß ist diese Gefahr? | |
Die ist eindeutig gegeben, alles andere wäre Augenwischerei. In Berlin gab | |
es im vergangenen Jahr zwei versuchte Tötungsdelikte. In einem Fall wurde | |
mit einer abgebrochenen Flasche auf einen Wohnungslosen eingestochen. In | |
einem anderen gab es Schüsse auf eine Tür zu einer Wohnung, in der eine | |
geflüchtete Familie lebt. Tödliche Gewalt ist immanent mit rechter | |
Ideologie verbunden. Hanau oder Halle sind keine neue Qualität. | |
In Neukölln gab es 137 rechtsextreme Vorfälle seit vergangenen September. | |
Ist das der Brennpunkt? | |
Durch diese [2][Angriffsserie], die von extremen Rechten aus rassistischen | |
Motiven und auf politische Gegner*innen verübt wird, ist Neukölln ein | |
Schwerpunkt. Aber das ist nicht neu: In den vergangenen Jahrzehnten hat es | |
hier immer wieder neonazistische Aktivitäten und Gewaltserien gegeben. | |
Trotz des geschärften Blicks auf Neukölln dürfen andere Stadtteile nicht | |
aus dem Blick geraten. Wenn man sich die Zahlen von ReachOut anguckt, | |
werden die meisten Taten in den Innenstadtbezirken begangen oder von dort | |
gemeldet. In Buch oder Marzahn-Hellersdorf gibt es aber ebenso starke | |
rechte Strukturen und Bedrohungslagen. | |
Seit Jahren kann die Polizei die Serie in Neukölln nicht aufklären. Wie | |
kann das sein? | |
Das muss uns endlich die Polizei beantworten. Es ist so viel über diese | |
Serie bekannt, es wurden sogar konkrete Tatverdächtige benannt, sodass | |
nicht nachvollziehbar ist, warum es keine Ermittlungserfolge gibt. Die | |
Behörden haben die dringende Bringschuld, Erfolge zu liefern oder konkret | |
zu sagen, woran es denn angeblich hapert. Die Betroffenen und Bedrohten | |
fühlen sich nicht mehr sicher und sind wütend. Auch für die Familie von | |
Burak Bektaş, der vor acht Jahren ermordet wurde, ist es unerträglich, dass | |
der Mord noch immer nicht aufgeklärt ist. Auch hier gibt es starke Kritik | |
an der Arbeit der Behörden und Zweifel daran, dass in Richtung Rassismus | |
ausreichend ermittelt wurde. | |
Ist die Polizei im Kampf gegen rechts Teil der Lösung oder Teil des | |
Problems? | |
Es gibt sicher auch mal Erfolge der Ermittlungsarbeit der Polizei gegen | |
rechts. Aber sie ist auch Teil des Problems, wie auch der | |
Verfassungsschutz, wenn wir allein auf den strukturellen, institutionellen | |
Rassismus in den Behörden gucken. In Berlin haben Polizist*innen | |
neonazistische Inhalte ausgetauscht, zudem gab es Hinweise auf mögliche | |
Verbindungen von einzelnen Beamten zu extremen Rechten. Hinzu kommen fast | |
täglich Nachrichten über neonazistische Aktivitäten innerhalb der Polizei | |
sowie der Bundeswehr aus anderen Regionen. | |
Welche bedeutenden Treffpunkte gibt es für die rechtsextreme Szene in | |
Berlin? | |
Außer der NPD-Zentrale in Köpenick gibt es kaum noch sichtbare Treffpunkte | |
für die neonazistische Szene. Da hat antifaschistischer Protest gewirkt. | |
Auch für die sogenannten Dienstagsgespräche des extremen Rechten | |
Hans-Ulrich Pieper ist es schwieriger geworden, Kneipen oder Räume für ihre | |
Veranstaltungen zu finden. Ein weiterer wichtiger Ort ist die Bibliothek | |
des Konservatismus. Sie dient als Veranstaltungs- und Vernetzungsort für | |
diverse Akteure der Neuen Rechten bis hin zur AfD. Dort wird | |
nationalistische, autoritäre und anti-egalitäre Politik gefördert. | |
2 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-Gewalt-in-Berlin-2018/!5615428 | |
[2] /Rechter-Terror-in-Berlin-Neukoelln/!t5612550 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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