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# taz.de -- Grünen-Politikerin über Nahostkonflikt: „Deutschland darf nicht…
> Berlin müsse die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um Druck auf Israels
> Regierung auszuüben, fordert Franziska Brantner. Es brauche neue
> Verhandlungen.
Bild: „Wir brauchen mehr Engagement vonseiten der EU“, sagt Franziska Brand…
taz: Union, SPD und FDP bringen am Mittwoch einen [1][Nahost-Antrag] ein.
Die Grünen unterstützen diesen Antrag nicht. Warum?
Franziska Brantner: Wir haben einen eigenen Antrag und sagen klipp und
klar: Die [2][Annexion, die Israel plant], ist völkerrechtswidrig. Und wir
brauchen mehr Engagement vonseiten der EU. Das wird in dem Antrag der
Regierungsfraktionen und der FDP nicht deutlich genug. Außerdem fehlt bei
der Benennung der Zweistaatenlösung der Verweis auf die Grenzen von 1967.
Sie haben einen Protestbrief von 1.080 ParlamentarierInnen aus der EU
unterzeichnet. Darin steht: „Europa muss die Führung darin übernehmen,
internationale Akteure zusammenzubringen, um eine Annexion zu verhindern.“
Was da nicht steht ist: wie?
Die EU hat intern schwierige Verhandlungsprozesse. Ungarn will die Annexion
noch nicht mal völkerrechtswidrig nennen, Belgien, Irland und Luxemburg
fordern hingegen Maßnahmen. Dazwischen gibt es viele Facetten. Grundlage
für die EU ist die Zweistaatenlösung. Das könnte trotz allem eine Basis
sein für eine europäische Initiative für einen multilateralen Rahmen zur
Wiederaufnahme von Verhandlungen zur Regelung des
israelisch-palästinensischen Konflikts.
Neue Foren, ist das alles?
Nein, die EU sollte ihre eigene Rechtsprechung umsetzen. Der Europäische
Gerichtshof hat im Februar entschieden, dass Produkte aus den besetzten
Gebieten nicht unter die Zollfreiheit fallen. Produkte aus Israel und den
palästinensischen Gebieten sind zollfrei, aus den besetzten Gebieten nicht.
Das ist bis jetzt nicht umgesetzt. Das jetzt zu tun wäre ein Zeichen. Es
wäre für die EU das Minimum.
Bundesaußenminister Heiko Maas hat die deutsche Linie beim Besuch in Israel
skizziert: keine Drohungen gegenüber Jerusalem, keine Sanktionen. Muss die
Europäische Union nicht zumindest Sanktionen androhen können?
Wir haben kritisiert, dass Maas auf Netanjahus Drängen seinen geplanten
Besuch im Westjordanland abgeblasen hat. Das war ein sehr schwaches
Zeichen. Die Umsetzung des EuGH-Zoll-Urteils wäre keine Sanktion, aber ein
Signal für die besetzten Gebiete. Es ist falsch, wenn die EU auf eine
völkerrechtswidrige Annexion nur mit schönen Worten antwortet.
Ein Hebel ist wirtschaftlicher Druck. Die EU ist Israels wichtigster
Handelspartner. Ist es sinnvoll, mit dem Ende des Assoziierungsabkommen zu
drohen, wenn Netanjahu mit der Annexion beginnt?
Ich bin skeptisch. Drohungen sind nur sinnvoll, wenn man sie auch wirklich
umsetzen will. Das ist bei der Gemengelage im Rat nicht der Fall. Das
Europäische Parlament diskutiert, Israel aus einzelnen EU-Programmen
auszuschließen...
… wie dem Forschungsprogramm Horizon 2020...
... zum Beispiel, es gibt noch andere Projekte. Die Frage ist, ob man da
die Richtigen trifft. Ich sage: Lasst uns erst mal das EU-Recht in Sachen
Zollfreiheit durchsetzen.
Kann die Annexion noch verhindert werden?
Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Netanjahu nicht sofort das
ganze Gebiet annektiert, sondern mit kleinen Teilen beginnt. Wenn er merkt,
dass die internationale Gemeinschaft nicht reagiert, wird rasch die nächste
Annexion folgen. Die EU muss daher die Annexion als völkerrechtswidrig
verurteilen. Wenn sich die 27 EU-Staaten wegen Ungarn nicht einigen können,
dann muss man bereit sein, dies mit 26 Staaten zu tun. Gleichzeitig sollte
die EU neue politische Gespräche anbieten. Wenn die israelische Regierung
sich nicht beteiligt, dann ist das auch eine Aussage.
Am Mittwoch beginnt nicht nur die Annexion, sondern auch die deutsche
EU-Ratspräsidentschaft. Die Signale aus Berlin in Sachen Nahost sind wie
immer Bremslichter.
Bremsen ist jetzt falsch. Deutschland hat, auch mit der Präsidentschaft im
UN-Sicherheitsrat, jetzt Möglichkeiten. Es kann wegen der Geschichte keine
neutrale Rolle gegenüber Israel spielen. Aber das heißt nicht, das Thema
kleinzureden oder sich auf die Seite Ungarns zu stellen. Gerade die
EU-Ratspräsidentschaft bietet Deutschland die Möglichkeit, eine klare
Verurteilung auch ohne Ungarn auf den Weg zu bringen.
Die EU setzt auf die Zweistaatenlösung. Ist die mit der Annexion nicht
faktisch tot?
Sie ist unwahrscheinlicher. Netanjahu schafft Fakten gegen die
Zweistaatenlösung, die er ja erklärtermaßen verhindern will. Für Lösungen,
die für beide Seiten tragfähig sind, braucht es neue Verhandlungen.
Deutschland und die EU haben dieses Feld in den letzten Jahren den USA
überlassen, obwohl die EU wirtschaftlich mit Israel eng verbunden ist und
in Gaza viel Geld investiert. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sollte da
einen Schritt nach vorne gehen.
1 Jul 2020
## LINKS
[1] /Moegliche-Annexion-im-Westjordanland/!5697277
[2] /UN-gegen-Israels-Annexionsplaene/!5697088
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
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