# taz.de -- Mögliche Annexion im Westjordanland: Bundestag will warnen | |
> Der Bundestag plant, Israels Annexionspläne zu kritisieren. In einem | |
> Antragsentwurf ist überraschend nicht mehr die Rede von den Grenzen von | |
> 1967. | |
Bild: Im Visier: Israelischer Soldat beobachtet palästinensische DemonstrantIn… | |
BERLIN taz | Wenige Tage bevor Israel möglicherweise erste Schritte für | |
eine [1][international umstrittene Annexion] palästinensischer Gebiete | |
einleitet, bereiten deutsche AußenpolitikerInnen eine Verurteilung der | |
Pläne durch den Bundestag vor. Geplant ist eine „dringliche Forderung“ des | |
deutschen Bundestags an die israelische Regierung, von dem angekündigten | |
Schritt doch noch abzusehen. | |
Der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, „unsere vorhandenen | |
Sorgen (...) zum Ausdruck zu bringen“ und der Forderung Nachdruck zu | |
verleihen, „von einer Annexion von Teilen des Westjordanlandes (...) | |
abzusehen.“ Dies stünde im Widerspruch zu internationalem Recht, heißt es | |
in einem Antragsentwurf von Union, SPD und FDP, der der taz vorliegt. Die | |
VerfasserInnen warnen vor „erheblichen Auswirkungen auf den Friedensprozess | |
des Nahen Ostens und die regionale Stabilität“. | |
Der Bundestag berät am kommenden Mittwoch über den Nahostkonflikt und wird | |
die Kritik an den Annexionsplänen voraussichtlich im Anschluss beschließen. | |
Ebenfalls ab Mittwoch kann die israelische Regierung unter Benjamin | |
Netanjahu laut Koalitionsvertrag den Annexionsprozess in Gang setzen. | |
Welche Gebiete genau zu israelischem Staatsgebiet erklärt werden sollen, | |
ist bislang allerdings nicht bekannt. Zur Debatte stehen einzelne | |
Siedlungsblöcke bis hin zu etwa dreißig Prozent des Westjordanlands, | |
[2][einschließlich des Jordantals]. | |
Zwei Punkte in dem Antrag stechen ins Auge: Diskussionen über | |
wirtschaftliche Strafmaßnahmen gegen Israel lehnen die AußenpolitikerInnen | |
explizit ab. Gegen Sanktionen solle sich die Bundesregierung auch innerhalb | |
der EU einsetzen, heißt es. Zuvor hatte Luxemburgs Außenminister Jean | |
Asselborn indirekt Wirtschaftssanktionen ins Spiel gebracht, indem er die | |
[3][israelischen Annexionspläne mit der Annexion der Krim durch Russland | |
2014] verglich. | |
Zum anderen werden überraschend die Grenzen von 1967, die allgemein als | |
Verhandlungsgrundlage für eine Zweistaatenlösung des | |
Israel-Palästina-Konflikts gelten, in dem Antrag nicht erwähnt. Von dem | |
„Ziel der verhandelten Zweistaatenlösung“ ist aber die Rede. | |
Die US-Regierung hatte im Januar einen einseitig mit der israelischen | |
Regierung abgestimmten [4][Nahostplan] vorgelegt, der große Teile des | |
Westjordanlands für Israel vorsieht und die PalästinenserInnen mit anderen | |
Gebieten entschädigt, von den Grenzen von 1967 also deutlich abweicht. Der | |
Plan gilt als Grundlage für die angekündigte unilaterale Annexion. | |
## Kritik von den Grünen | |
Der Antrag muss noch von den Fraktionen gebilligt werden, bevor ihn der | |
Bundestag am Mittwoch verabschieden kann. Anders als die FDP wollen die | |
Grünen den Beschluss nicht unterstützen. Sie werden voraussichtlich einen | |
eigenen Antrag einbringen, in dem die Grenzen von 1967 explizit erwähnt | |
werden. | |
„Es ist sehr bedauerlich, dass wir kein gemeinsames Signal schicken | |
können“, sagte der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour der taz. Zwar wür… | |
man die Sorgen über die Annexionspläne fraktionsübergreifend teilen, aber | |
bei den Grenzen von 1967 sei man nicht übereingekommen. | |
„Die Erwähnung sollte eine Selbstverständlichkeit sein, die Grenzen wurden | |
von der internationalen Gemeinschaft stets erwähnt“, so Nouripour. „Dabei | |
geht es nicht um feste Grenzen, aber es muss klar sein, dass die Grenzen | |
von 1967 die Grundlage einer verhandelten Friedenslösung sind.“ | |
## Besondere Rolle Deutschlands | |
Die Linken waren in die Antragsberatungen nicht einbezogen. Außenpolitiker | |
der Partei planen ebenfalls, einen eigenen Antrag einzubringen. Der | |
Parteivorstand der Linken hatte im Juni einen deutlich schärfer | |
formulierten [5][Beschluss] gefasst. | |
Er fordert, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel im Falle | |
einer Annexion auszusetzen und „die militärische Kooperation mit Israel“ | |
einzustellen. Weiter heißt es: „Verweigert die israelische Regierung eine | |
gerechte Zweistaatenlösung, in denen jeweils gleichberechtigte Bürger | |
leben, so fordert die Linke gleiche Bürgerrechte für Palästinenser und | |
Israelis.“ | |
Am kommenden Mittwoch übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft | |
sowie den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Damit kommt der Bundesregierung | |
eine besondere Rolle zu in möglichen Diskussionen darüber, wie die EU und | |
die Vereinten Nationen auf die geplante Annexion reagieren sollen. | |
26 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /UN-gegen-Israels-Annexionsplaene/!5697088 | |
[2] /Vor-der-Wahl-in-Israel/!5664095 | |
[3] /Jean-Asselborn-ueber-die-USA-und-Israel/!5690576 | |
[4] /Trumps-Plan-fuer-den-Nahen-Osten/!5660756 | |
[5] https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteivorstand/2018-2020/bes… | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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Heiko Maas | |
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