# taz.de -- Starbucks boykottiert Facebook: Werbepause | |
> Mit Starbucks setzt ein weiterer Konzern Facebook unter Druck, stärker | |
> gegen Hassrede vorzugehen. Der Verlust von Werbeeinnahmen zeigt Wirkung. | |
Bild: Starbucks setzt Facebook unter Druck. Kapitalismus gegen Kapitalismus? | |
Berlin taz | Die international operierende Kaffeehauskette Starbucks | |
erklärte am Wochenende, dass sie bis auf Weiteres keine Werbung mehr bei | |
[1][Facebook] schalten wolle. Damit ist Starbucks eines von inzwischen mehr | |
als 160 großen Unternehmen, die den laxen Umgang mit Desinformationen und | |
Hassrede auf der Plattform zum Anlass nehmen, zumindest zeitweise ihre | |
Werbegelder bei sich zu behalten. Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung | |
ist die noch nicht einmal zwei Wochen alte [2][Kampagne „Stop Hate for | |
Profit“], der Anti-Defamation-League (ADL), einer traditionsreichen | |
Nichtregierungsorganisation, die sich vor allem dem Kampf gegen | |
Antisemitismus verschrieben hat. | |
Starbucks möchte zwar ausdrücklich nicht auf der Liste der ADL-Unterstützer | |
stehen, jedoch finden sich dort auch illustre Wirtschaftsgrößen, darunter | |
der Unilever-Konzern, der Kabel- und Telekommunikationsgigant Verizon und | |
der Outdoor-Bekleidungshersteller The North Face. Die Unterbrechung des | |
Werbeengagements variiert dabei zwischen einem Monat und bis zum Ende des | |
Jahres. Betroffen ist in vielen Fällen nicht nur Facebook sondern auch | |
Twitter. Die Aktien beider Unternehmen gaben in der vergangenen Woche | |
erheblich nach. | |
Grund für Misstrauen haben Investor*innen zur Genüge. Bereits im | |
Geschäftsbericht zum ersten Quartal deutete sich coronabedingt ein Rückgang | |
der Werbeeinnahmen, die annähernd 100 Prozent des Facebook-Einkommens | |
ausmachen, an. Der größte Teil der Einnahmen des Netzwerks stammt zwar von | |
kleinen und mittleren Unternehmen, die vor allem die preisgünstige lokal | |
gezielte und an den Interessen der Nutzer*innen orientierte Platzierung von | |
Anzeigen schätzen. | |
Reduzierte Marketingbudgets der Werbetreibenden in der Pandemie wirken sich | |
direkt auf die zu erzielenden Preise für die versteigerten Werbeplätze auf | |
der Plattform aus. Der Rückzug einer größeren Anzahl Werbetreibender aus – | |
zumindest vorgeblich – ethischen Gründen kann diesen Effekt nun | |
verschärfen. Dazu kommt der politische Flurschaden für eine Plattform, die | |
ohnehin wegen des Vorwurfs der Förderung von Hassrede unter Druck steht. | |
## Facebook bewegt sich ein Stückchen | |
Um diesen Druck nun nicht zu groß werden zu lassen, reagierte Facebook mit | |
einer Änderung der bisherigen Politik strikter Nichteinmischung in | |
politische Auseinandersetzungen. Noch vor wenigen Wochen hatte Mark | |
Zuckerberg deutlich gemacht, dass Facebook [3][unter keinen Umständen auch | |
offensichtliche Lügen oder Desinformationen] von Politikern wie Donald | |
Trump moderieren würde. Am vergangenen Freitag nun kündigte die Plattform | |
an, irreführende Wahlwerbung mit Links zu akkuraten Informationen zu | |
ergänzen. | |
Posts von Personen des öffentlichen Lebens, die ansonsten gegen die | |
Nutzungsbestimmungen verstoßen würden, sollen in Zukunft zwar weiterhin | |
online bleiben, jedoch mit dem Hinweis versehen werden, dass dies lediglich | |
mit dem „Nachrichtenwert“ der inkriminierten Äußerungen begründet werde. | |
Weder die ADL noch die boykottierenden Werbetreibenden haben diesen Schritt | |
bisher öffentlich kommentiert. | |
29 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Meta/!t5009279 | |
[2] https://www.stophateforprofit.org/ | |
[3] /Facebooks-Umgang-mit-Trump/!5686531 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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