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# taz.de -- Zum Tod von Pianist Keith Tippett: Katzenfutter auf den Tasten
> Er war kein Star, aber einer der größten britischen Jazz-Musiker. Jetzt
> ist der Pianist Keith Tippett, der Stilgrenzen stets ignorierte,
> gestorben.
Bild: Flirtete mit der Popwelt, entging dem Star-Rummel: Pianist Keith Tippett …
Keith Tippett war ein Perfektionist. Ob er nun seinem 50-köpfigen
Hybridjazz-Ensemble Centipede vorstand, Progrock-Bands an den Tasten
unterstützte oder offene Formen der „spontanen Komposition“ erkundete: Der
britische Pianist stand im Ruf, lieber noch ein bisschen mehr zu üben als
notwendig.
Dass der 1947 in Bristol geborene Tippett, der in seiner Laufbahn
musikalische Grenzen wenig respektierte und lieber die Möglichkeiten der
Freiheit von Stil- und Genrebeschränkungen erkundete, der Sohn eines von
Berufs wegen für Recht und Ordnung sorgenden Polizisten war, ist eine
kleine Ironie seines Lebens. Musik, genauer Jazz, wurde darin schon früh
bedeutend. Als Jugendlicher spielte er in Bands traditionellen Jazz, mit 20
zog er nach London, um sich als Pianist zu verdingen.
Eine wichtige Wendung brachte 1970 die Zusammenarbeit mit den
[1][Prog-Rockern von King Crimson], auf deren Album „In the Wake of
Poseidon“ er mitwirkte. Die Single „Cat Food“, in der Tippett wilde
Cluster-Ausbrüche beisteuert, führte er mit der Band sogar bei der BBC-Show
„Top of the Pops“ im Fernsehen auf. Im Jahr darauf war Tippett ebenfalls
auf dem King Crimson-Album „Islands“ zu hören, diesmal mit
impressionistischeren Klängen.
## Von Tippetts zu Tippett
Tippett arbeitete häufig mit seiner Frau, der Sängerin Julie Tippetts,
zusammen. Deren Geburtsname war Driscoll, das s am Ende ihres späteren
Namens hingegen kurioserweise die richtige Schreibweise ihres Mannes. Der
hatte seit der Gründung des Keith Tippett Sextet auf den letzten Buchstaben
bei sich verzichtet. Der scharfe Endlaut war wohl dem Fluss des Bandnamens
im Weg gewesen.
Vor fünf Jahren [2][hatte Keith Tippett noch das Jazzfest Berlin mit seinem
Oktett beehrt]. Junge Musiker spielten damals an der Seite des schon
älteren Bandleaders, der neben seinen zahlreichen Projekten auch an der
Universität seiner Geburtsstadt Bristol unterrichtet hat.
Trotz seines Flirts mit der Popwelt zu Beginn seiner Karriere ist er dem
Star-Rummel aus dem Weg gegangen. Der Entdeckergeist war bei ihm
anscheinend größer als das Bedürfnis, eine berechenbare Erfolgsformel zu
wiederholen. Geblieben sind Klassiker wie sein Centipede-Album „Septober
Energy“ von 1971, an dem Jazz-, Rock-, Soul- und klassisch ausgebildete
Musiker beteiligt waren, dazu Werke in unterschiedlichster Besetzung,
Solowerke eingeschlossen. Am Sonntag ist Keith Tippett im Alter von 72
Jahren gestorben.
18 Jun 2020
## LINKS
[1] /Prog-Rocker-King-Crimson-auf-Tour/!5514577
[2] /Pianist-Keith-Tippett-beim-Jazzfest-Berlin/!5245863
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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