# taz.de -- Neues Naturschutzgesetz von Kretschmann: Ländle verbietet Schotter… | |
> Weniger Pestizide, mehr Artenschutz: Die grün-schwarze Regierung in | |
> Baden-Württemberg bringt ein ambitioniertes Naturschutzgesetz auf den | |
> Weg. | |
Bild: Isch over: Schotter vor einem Einfamilienhaus | |
STUTTGART taz | Deutlich mehr Ökolandbau, nur noch halb so viele Pestizide: | |
Das neue [1][Naturschutzgesetz] könnte das bleibende Reformprojekt der | |
sonst [2][recht ambitionsarmen grün-schwarzen Regierung Winfried | |
Kretschmanns] in Baden-Württemberg werden. | |
Die Gesetzesnovelle, die noch vor der Sommerpause im Stuttgarter Landtag | |
verabschiedet werden soll, sieht vor, den Ökolandbau in Baden-Württemberg | |
bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen. Im gleichen Zeitraum soll die | |
Gesamtmenge der Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. | |
Dabei sollen die Pestizide nicht nur in der Landwirtschaft gesenkt werden, | |
sondern auch in der Forstwirtschaft, den Anlagen der Verkehrsbetriebe und | |
in privaten Gärten. Zudem sollen Streuobstwiesen künftig besonders | |
geschützt werden. | |
Besonderen Symbolwert für den Artenschutz hat zudem das Verbot von | |
Schottergärten auf Privatgrundstücken. Allenfalls dass mit dem neuen Gesetz | |
Beleuchtungen von Denkmälern einer Ausnahmegenehmigung bedürfen, | |
Industrieanlagen aber nicht unter dieses Lichtverschmutzungsverbot fallen, | |
kann man halbherzig nennen. | |
## Lob von Umweltverbänden | |
Der grüne Umweltminister Franz Untersteller hat das Gesetz zusammen mit | |
Landwirtschaftsminister Peter Haug (CDU) auf den Weg gebracht. Selbst die | |
oppositionelle SPD will zustimmen – wenn auch mit kritischen Anmerkungen. | |
Wie denn die verringerte Menge an Pestiziden zu messen sei, fragt etwa die | |
naturschutzpolitische Sprecherin der Fraktion, Gabi Rolland. | |
Die FDP sieht die Landwirte im Gesetz zum Sündenbock gestempelt: „Die | |
Landesregierung nimmt nach wie vor einseitige Schuldzuweisungen für den | |
Rückgang der Artenvielfalt in Richtung Landwirtschaft vor“, merkt der | |
FDP-Abgeordnete Daniel Karreis an – und kritisiert die starren Vorgaben, um | |
Pestizide zu verringern. Aber selbst die Umweltschutzverbände loben die | |
Regelung. Wenn der Gesetzentwurf so durch das Parlament komme, „werden wir | |
inBaden-Württemberg bundesweit die beste und fortschrittlichsteGesetzgebung | |
zum Schutze der Biodiversität haben“, sagt etwa dieBUND-Landeschefin | |
Brigitte Dahlbender. | |
Der allgemeinen Begeisterung war ein heftiger Streit unter Umweltverbänden | |
vorausgegangen, der die Ökolandbau- und Naturschutzszene zu spalten drohte. | |
Im vergangenen Jahr hatten die beiden Imker David Gerstmeier und Tobias | |
Miltenberger ihr Volksbegehren für mehr Biodiversität gestartet. Vorbild | |
war das bayerische Bienenvolksbegehren. Hinter den Imkern und ihren | |
Forderungen versammelten sich zunächst fast alle großen | |
Naturschutzverbände. | |
Konventionelle Bauern wandten sich gegen die Initiative. Doch ein radikales | |
Pestizidverbot, das auch Biobauern und -winzern kaum mehr effiziente | |
Möglichkeiten zur Schädlingsbekämpfung gelassen hätte, ging dann selbst | |
einigen Unterstützern zu weit. Der Erzeugerverband Bioland, eine wichtige | |
Stimme in der Branche, entzog dem Volksbegehren die Unterstützung. | |
Die Grünen brachten die radikalen Forderungen in die Zwickmühle. Hätte das | |
Volksbegehren Erfolg gehabt, woran nach dem Vorbild in Bayern niemand | |
zweifelte, hätten sie entweder ein Naturschutzgesetz beschließen müssen, | |
das selbst Okowinzern zu radikal war, oder ein Gesetz für mehr Artenschutz | |
ablehnen müssen. | |
## „Beginn einer Zeitenwende“ | |
Auch die CDU fürchtete eine solche Entscheidung und warb bei der Agrarlobby | |
für einen Kompromiss, um radikalere Lösungen zu verhindern. Am Ende gelang | |
es der Landesregierung mit vielen Hintergrundgesprächen, dass sich die | |
Initiatoren des Volksbegehrens und ihre Kritiker auf die neue | |
Gesetzesnovelle einigten. | |
„Das haben wir gemacht, weil der Kompromissentwurf den Beginn einer | |
Zeitenwende markiert“, sagt David Gerstmeier heute. „In Baden-Württemberg | |
ist es nun gesellschaftlicher Konsens, dass Landwirtschaft künftig mehr Öko | |
und weniger Pestizide bedeutet.“ Das Gesetz zeige die „wunderbare Kraft der | |
Zivilgesellschaft“, sagt Gerstmeier. Nun gelte es aber, die Umsetzung des | |
Gesetzes kritisch zu beobachten, betont Tobias Miltenberger, der andere | |
Vater des Bienen-Volksbegehrens. „Am Ende wird es auf die Konkretisierung | |
der einzelnen Ziele ankommen.“ | |
22 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/aenderu… | |
[2] /Streit-um-Abtreibungen-bei-den-Gruenen/!5694897 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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