# taz.de -- Studie zu Corona-Verbreitung: Kinder infizieren sich seltener | |
> Eine Studie aus Baden-Württemberg zeigt: Kinder erkranken nicht nur | |
> seltener am Virus. Sie stecken sich auch weniger häufig an als | |
> Erwachsene. | |
Bild: Es kann wieder gerutscht werden! | |
Berlin taz | Kinder unter zehn Jahren erkranken offenbar nicht nur seltener | |
am [1][Coronavirus] als Erwachsene, sie infizieren sich auch weniger häufig | |
mit dem Virus als ältere Menschen. Das sind die Ergebnisse einer breit | |
angelegten, nunmehr fast abgeschlossenen Eltern-Kind-Studie im Auftrag der | |
baden-württembergischen Landesregierung. Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann (Grüne) stellte sie am Dienstag während einer | |
Regierungspressekonferenz in Stuttgart vor. | |
„Kinder stellen keinen besonderen Treiber der Infektionen dar“, sagte | |
Kretschmann. Es könnte insofern auch „aufgrund wissenschaftlicher Aussagen | |
verantwortet werden“, die [2][Regeln für Kitas und Grundschulen] weiter zu | |
lockern, so Kretschmann. | |
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der vier Universitätsklinika | |
Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm hatten zwischen dem 22. April und | |
dem 15. Mai insgesamt bei 2.500 Kinder zwischen einem und zehn Jahren sowie | |
jeweils einem Elternteil Rachenabstriche und Blutuntersuchungen | |
durchgeführt. Anschließend wurde getestet, ob sie aktuell infiziert sind | |
oder unbemerkt bereits zuvor eine Infektion mit dem Coronavirus | |
durchgemacht hatten. | |
Demnach ist das Virus in der Bevölkerung weiterhin kaum verbreitet. „Von | |
einer Herdenimmunität sind wir weit entfernt“, sagte der Ärztliche Direktor | |
der Kinderklinik am Universitätsklinikum Ulm, Klaus-Michael Debatin. | |
## Gute Nachrichten | |
Von den insgesamt 5.000 Teilnehmern wurde lediglich ein Eltern-Kind-Paar | |
zum Zeitpunkt des Tests positiv getestet. Bei 45 Erwachsenen und 19 | |
Kindern, insgesamt also nur 64 von 5.000 Personen, fanden sich Antikörper | |
im Blut, die darauf hinweisen, dass diese Personen zuvor eine Infektion | |
durchgemacht hatten. Die Kinder waren also seltener infiziert als | |
Erwachsene. Und: Weniger als ein Drittel der auf Antikörper positiv | |
getesteten Personen waren Kinder. Bei 13 Eltern-Kind-Paaren waren beide | |
infiziert. Das heißt: Die Erkrankung eines Elternteils führte nicht | |
zwingend zur Erkrankung des Kindes und umgekehrt. | |
Und noch einen interessanten Befund konnten die Wissenschaftler am Dienstag | |
mitteilen: „Wir sehen keine häufigeren Infektionen bei Kindern, die in der | |
Notbetreuung waren, im Vergleich zu solchen, die ausschließlich in der | |
Kernfamilie betreut wurden“, sagte Hans-Georg Kräusslich, Chef-Virologe am | |
Universitätsklinikum Heidelberg. Allerdings sei es aufgrund der insgesamt | |
geringen Anzahl von Kindern mit überstandener Infektion unter den Probanden | |
schwierig, hierzu signifikante Unterschiede zu ermitteln. Dies könne | |
möglicherweise in einer Folgestudie geschehen. | |
Keine Aussage kann die Studie zudem zu der Frage machen, wer sich in einer | |
Familie zuerst angesteckt hat und ob die jeweilige Wohnsituation oder | |
beispielsweise der Beruf der Eltern hierbei eine Rolle spielten. | |
Zu beachten sei außerdem, „dass die Ergebnisse nicht unmittelbar auf die | |
Gesamtbevölkerung übertragbar sind, da die Teilnehmer sich zwecks eines | |
schnellen Studienstarts auf einen Aufruf gemeldet haben und nicht zufällig | |
ausgewählt worden sind“, so Kräusslich. Aber in einer Pandemie gebe es nun | |
einmal keine „Idealbedingungen“ für Studien; das Vorgehen der Forscher | |
unter den gegebenen Voraussetzungen halte er für „alternativlos“. | |
## „Hohe gesellschaftliche Relevanz“ | |
Die Kinderstudie aus Baden-Württemberg ist eine der größten ihrer Art | |
weltweit. Bislang veröffentlichte internationale Untersuchungsergebnisse | |
zur Infektiosität von Kindern waren teilweise widersprüchlich. So hatte | |
sich in einer bevölkerungsbasierten Studie aus Island bei keinem Kind unter | |
zehn Jahren eine Coronavirusinfektion gefunden, während knapp ein Prozent | |
der Erwachsenen positiv getestet worden waren. Berichte aus China wiederum | |
legten nahe, dass Kinder ähnlich häufig infiziert seien wie Erwachsene, | |
allerdings seltener Symptome entwickelten. | |
Die Studie aus Baden-Württemberg liegt der Öffentlichkeit bislang nur in | |
Form von Pressemitteilungen sowie einer zehnseitigen Kurzzusammenfassung – | |
inklusive der verwendeten Methodik – vor. Eine wissenschaftliche | |
Publikation, so der Virologe Kräusslich, sei etwa Anfang Juli zu erwarten. | |
Schon jetzt aber könne er versichern, dass es „keine wesentliche Änderung | |
des Ergebnisses geben wird“. | |
Zuletzt hatte die Frage, ab welchem Forschungsstadium Studienergebnisse | |
überhaupt belastbar und in welcher Form sie veröffentlicht werden sollten, | |
eine Debatte auch unter Wissenschaftlern ausgelöst. Die Frage der Öffnung | |
von Kindergärten und Schulen sei jedoch „von so hoher gesellschaftlicher | |
Relevanz“, so Kräusslich, „dass wir es für angemessen halten, die | |
vorläufigen Ergebnisse öffentlich vorzustellen, obwohl der übliche Prozess | |
der wissenschaftlichen Prüfung bis zur Publikation noch nicht abgeschlossen | |
ist.“ | |
16 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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