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# taz.de -- Konflikt zwischen Äthiopien und Ägypten: Es wird ernst am Blauen …
> Der Konflikt zwischen Äthiopien und Ägypten um die Nil-Nutzung spitzt
> sich zu. Erstmals hält Äthiopiens neuer Staudamm große Wassermengen
> zurück.
Bild: Der Staudamm aus der Luft am 26. Juni
Berlin taz | Die Satellitenbilder sind eindeutig: Am größten Staudamm
Afrikas werden Fakten geschaffen. In den vergangenen drei Wochen
entstandene Satellitenaufnahmen vom [1][Großen Renaissance-Staudamm (GERD)
am äthiopischen Oberlauf des Blauen Nils] zeigen: Die Wassermenge, die den
fast fertiggestellten Damm nicht mehr passiert, wird immer größer. Damit
tritt [2][der Konflikt zwischen Äthiopien und Ägypten] um die Nutzung des
Nils in die entscheidende Phase.
Für Ägypten ist der Nil, der sich zu 80 Prozent aus dem in Äthiopien
entspringenden Blauen Nil speist, die Lebensgrundlage seiner etwa 100
Millionen Einwohner, vor allem der Bauern entlang des Flusses. Für
Äthiopien ist der Ausbau der Wasserkraft an den zahlreichen Flüssen, die im
zentraläthiopischen Hochland entspringen und von dort in alle
Himmelsrichtungen laufen, Grundlage der Stromversorgung seiner rasch
wachsenden Bevölkerung von über 110 Millionen Menschen. Das Problem: Die
einzige Regelung über die Aufteilung der Nil-Wassernutzungsrechte stammt
aus der britischen Kolonialzeit und berücksichtigt ausschließlich Ägypten
und Sudan. Ägypten sah nie einen Grund, daran etwas zu ändern – Äthiopien
sah sich nie daran gebunden.
Die beiden Länder sind also strukturell im Konflikt. Lange Zeit lehnte
Ägypten den Dammbau in Äthiopien strikt ab und in Kairo wurde sogar
erwogen, ihn militärisch zu verhindern. Das feuerte den äthiopischen
Nationalstolz an und der Damm wurde ausschließlich aus Eigenmitteln gebaut.
Insgesamt soll der GERD-Stausee, wenn alles fertig ist, 74 Milliarden
Kubikmeter Wasser enthalten können – das ist fast soviel wie die gesamte
Wassermenge des Nils in einem Jahr und ergibt einen Stausee von 250
Kilometern Flusslänge. Nach äthiopischen Plänen soll er sich über viele
Jahre verteilt füllen – 4,9 Milliarden Kubikmeter im ersten Jahr, 13,5
Milliarden im zweiten, auch um die Wasserkraftturbinen nacheinander zu
testen und anlaufen zu lassen. Das wird aber die Wasserflüsse flussabwärts
über Jahre verändern und erzwingt somit nun die Neuregelung, gegen die sich
Ägypten lange gesperrt hatte.
## Auf Abkommen warten
Eigentlich ist das eine gute Grundlage für Gespräche, und 2015
verpflichteten sich die beiden Regierungen sowie Sudan sogar dazu. Doch
geschehen ist seitdem wenig. Ägypten verlangt, den Damm nicht vor einer
Vereinbarung in Betrieb zu nehmen – Äthiopien will sich nicht blockieren
lassen.
Die US-Regierung versucht seit Jahren vergeblich, ihre beiden wichtigen
Verbündeten Ägypten und Äthiopien zu einer Lösung zu bewegen. Inzwischen
ist die Afrikanische Union (AU) federführend. Am Montag ging eine erneute
AU-Verhandlungsrunde nach elf Tagen ergebnislos zu Ende. Ägypten, Äthiopien
und Sudan werden nun der AU getrennt Bericht erstatten, und danach soll die
AU überlegen, wie es weitergeht.
Der Nil wartet aber nicht so lange. Vor einigen Wochen begann in Äthiopien
die große Regenzeit, die jedes Jahr die unzähligen Rinnsale und Bäche im
Hochland in reißende Flüsse verwandelt und bis September währt. Das ist das
einzige Zeitfenster im Jahr, um den GERD-Stausee zu füllen. Der Blaue Nil
schwillt in dieser Zeit durchschnittlich von unter 500 Millionen Kubikmeter
im April auf 7 Milliarden im Juli und 16 Milliarden im August an; in Sudans
Hauptstadt Khartum, wo er auf den Weißen Nil aus Uganda trifft, steigt der
Wasserpegel dadurch um sechs Meter.
Dieses Jahr fällt die Regenzeit in Äthiopiens Hochland laut
Agrar-Frühwarnsystem „Fewsnet“ überdurchschnittlich aus. Es seien „im J…
und August Überschwemmungen zu erwarten“, so die Fewsnet-Prognose vom Juni.
Also müsste eigentlich mehr Wasser den Nil hinunterfließen. Nun melden aber
die Behörden im Sudan, der Wasserzufluss aus Äthiopien sei um 90 Millionen
Kubikmeter am Tag gesunken, ein Drittel der um diese Zeit üblichen Menge.
Die äthiopische Seite weist jede Verantwortung von sich. Dass der Stausee
wachse, liege nur am Regen. „Wir haben nichts gemacht“, so ein
Dammverantwortlicher gegenüber AFP. Wasserminister Sleshi Bekele sagte am
Mittwoch: „Der Damm füllt sich im Rahmen des natürlichen Prozesses seines
Baus.“ Die Staumauer wurde jüngst von 525 auf 560 Meter Höhe aufgestockt.
Anm. der Red: in einer früheren Fassung des Textes hieß es aufgrund eines
Redigatsfehlers, dass der Blaue Nil von unter 500 Millionen Kubikmeter im
April täglich auf 7 Milliarden im Juli und 16 Milliarden täglich im August
anschwille. Tatsächlich sind das die Monatsmengen.
16 Jul 2020
## LINKS
[1] /Riesen-Staudamm-in-Aethiopien/!5324725
[2] /Konflikt-um-Renaissance-Staudamm/!5678817
## AUTOREN
Dominic Johnson
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