# taz.de -- Konflikt zwischen Äthiopiens und Ägypten: Kurz vor dem Wasserkrieg | |
> Äthiopiens Staudamm füllt sich, Ägypten droht ein Wassermangel: Der seit | |
> langem angekündigte Wasserkrieg droht auszubrechen. | |
Bild: Der Nil ist die einzige Lebensader Ägyptens – das macht den Konflikt u… | |
Sollte es tatsächlich zum Wasserkrieg zwischen Ägypten und Äthiopien | |
kommen? [1][Die Zeichen stehen auf Sturm]. Der von Ägypten abgelehnte | |
riesige [2][Renaissance-Staudamm] am Blauen Nil in Äthiopien beginnt, sich | |
zu füllen. Flussabwärts im Sudan kommt offenbar bereits weniger Nilwasser | |
an als gewohnt. Für Ägypten, wo der Nil endet, ist der Dammbau ein | |
Kriegsgrund. Für Äthiopien geht es beim Dammbau um die Souveränität und die | |
Ehre. Es gibt keine effektive Deeskalation. | |
Es wäre der bestangekündigte Krieg des 21. Jahrhunderts. Dass der Wunsch | |
Äthiopiens nach effektiver Nutzung der immensen eigenen Wasserressourcen im | |
grünen Hochland unvereinbar ist mit Ägyptens Abhängigkeit vom Nilwasser als | |
einzige [3][Lebensader] in der Wüste, ist schließlich keine neue | |
Erkenntnis. Der Interessenkonflikt ist strukturell angelegt, Warnungen vor | |
seinem offenen Ausbruch gibt es seit Jahrzehnten, spätestens seit Beginn | |
der Staudammbaupläne in Äthiopien. Und trotzdem scheint niemand in der | |
Lage zu sein, diesen Konflikt aufzufangen. | |
Dass es jetzt so weit gekommen ist, liegt aber nicht nur an geografischen | |
und hydrologischen Realitäten. Im Spiel ist auch eine gehörige Portion | |
Hochmut aus Ägypten, das die afrikanischen Länder flussaufwärts nie | |
wirklich ernst genommen hat. Dazu kommt ein teils überbordender | |
Nationalismus in Äthiopien als einziges nie von Europa unterworfenes | |
Land in Afrikas, dessen Politik sehr nach innen gekehrt ist. | |
Nicht zuletzt stehen sich mit diesen beiden Ländern zwei jahrtausendealte | |
Weltkulturen gegenüber, die der Nil schon seit der Antike zugleich eint und | |
entzweit. Mit A[4][bdel Fattah al-Sisi] und Abiy Ahmed treffen überdies | |
zwei Herrscher aufeinander, die sich von außen nicht beeindrucken lassen, | |
wo sie doch international hofiert werden, der eine als Bezwinger des | |
Islamismus und der andere als Friedensnobelpreisträger. Beide machen gerade | |
schwere Zeiten durch. Abiy Ahmed steht innenpolitisch unter Druck nach den | |
jüngsten Unruhen mit über 230 Toten und kann sich keine Blöße erlauben; | |
Sisi hat gerade erst die Niederlage seines Protegés Haftar in Libyen | |
hinnehmen müssen und will ebenso wenig als Schwächling dastehen. Beiden | |
käme ein Befreiungsschlag gerade recht. | |
Gibt es einen Ausweg? Man kann vorerst nur auf die Vernunft der Machthaber | |
hoffen. Und darauf, dass es in Äthiopien in den nächsten Monaten so viel | |
regnet, dass genug Wasser für alle übrigbleibt. Vielleicht führen Kairo und | |
Addis Abeba ja auch nur irgendwo einen schmutzigen Stellvertreterkrieg | |
gegeneinander. Vielleicht tun sie das schon längst. Die Welt muss die Augen | |
offen halten. | |
17 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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