# taz.de -- Umweltkatastrophen in Norilsk: Russlands schmutzigste Stadt | |
> Nach der dritten Umweltkatastrophe im russischen Norilsk wollen | |
> AktivistInnen selbst die Lage vor Ort inspizieren. Doch sie werden | |
> behindert. | |
Bild: Aufnahme des Umweltaktivisten Ryabinin zeigt die Verschmutzung nach dem �… | |
MÖNCHENGLADBACH taz | Der russische Rohstoffkonzern Nornickel gelobt | |
Besserung: Nach der dritten verheerenden Umweltkatastrophe in der Umgebung | |
der nordsibirischen Stadt Norilsk, die der Konzern zu verantworten hat, | |
sicherte die Firmenleitung nun zu, die ökogischen Standards künftig | |
einzuhalten. | |
[1][Ende Mai waren mehr als 20.000 Tonnen Dieselöl aus einem Tank eines zu | |
Nornickel gehörenden Werkes ausgelaufen.] Sie haben die Arktik-Halbinsel | |
Taimyr verseucht. Einen Monat später gelangten weitere Tausende Kubikmeter | |
chemischer Abwässer aus der chemischen Anreicherungsanlage von Nornickel in | |
Talnach in die sibirische Tundra. Und am vergangenen Sonntag entwichen 44 | |
Tonnen Kerosin aus einer Pipeline von Norilsktransgas. Sie gehört ebenfalls | |
dem Konzern Nornickel. | |
10 Milliarden Rubel, umgerechnet 125 Millionen Euro, sicherte der | |
Hauptaktionär von Nornickel, der Oligarch Wladimir Potanin, in einem | |
Gespräch mit Präsident Putin zur Beseitigung der Folgen der Katastrophe von | |
Ende Mai zu. Am Montag verkündete der Konzern die Entlassung des Direktors, | |
des Chefingenieurs sowie des stellvertretenden Chefingenieurs der Anlage | |
von Talnach. Sie hätten grob fahrlässig gehandelt. Man habe „null Toleranz�… | |
bei Verletzungen der Umweltvorschriften. Inzwischen seien 90 Prozent des | |
ausgelaufenen Diesels aus den Gewässern entnommen worden. | |
Doch nicht jeder glaubt den Erfolgsmeldungen des Konzerns. Eine Gruppe von | |
AktivistInnen der russischen Sektion von Greenpeace sowie die beiden | |
Journalistinnen Elena Kostjutschenko und Jurij Kosyrew der Zeitung Nowaja | |
Gaseta machten sich auf den Weg nach Norilsk, um sich selbst vor Ort ein | |
Bild zu machen. | |
## AktivistInnen werden behindert | |
In einem Text „Auch die Tundra stinkt“ berichtet die Greenpeace-Aktivistin | |
Elena Sakirko über die Expedition. Kaum in Norilsk angekommen, sei man auf | |
eine Wand des Schweigens gestoßen. Fast alle GesprächspartnerInnen hätten | |
plötzlich die Termine abgesagt, eines Morgens sei ein Hubschrauber direkt | |
bei ihnen in der Tundra gelandet. Mehrere Männer seien ausgestiegen und | |
hätten sie, ohne sich vorzustellen, nach dem Zweck ihrer Expedition | |
befragt. Sie hätten dabei mehrere Benzinkanister entwendet. An einem | |
anderen Tag nahm die Polizei zwei Aktivisten „zur Überprüfung der | |
Personalien“ vorübergehend fest. Auf dem Flughafen wurde ihnen zudem die | |
Mitnahme der Bodenproben verboten worden. | |
Doch nicht alle Bewohner haben Angst auszupacken. [2][Einer von ihnen ist | |
Wasilij Rjabinin.] Zum Zeitpunkt der zweiten Katastrophe war er noch | |
Inspektor des staatlichen Umweltaufsicht, hatte das Ableiten von Abwässern | |
aus der Anreicherungsanlage Talnach als „Verbrechen an unseren Kindern“ | |
bezeichnet. Als man ihn daraufhin in eine andere Abteilung versetzt hatte, | |
quittierte er seinen Dienst. Rjabinin führte die UmweltaktivistInnen zu den | |
sterbenden Bäumen vor der Anreicherungsanlage und zeigte ihnen Stellen, wo | |
sie die Ableitung der Gewässer in die Tundra filmen konnten. | |
## Menschenrechtsrat hat sich eingeschaltet | |
An einer Bushaltestelle berichteten ihnen Fischer, dass sie nur durch | |
Zufall von der Katastrophe im Mai erfahren hatten. Derzeit, so die Fischer, | |
kehrten sie noch immer regelmäßig mit ölverschmierten und leeren Netzen | |
zurück. Von einer Beseitigung des Schadens könne keine Rede sein. | |
Inzwischen hat sich der Ausschuss zu Informationsfreiheit und Ökologie des | |
beim russischen Präsidenten angesiedelten Menschenrechtsrates den Vorfällen | |
angenommen. In einer Erklärung fordert der Rat die Einleitung eines | |
Strafverfahrens wegen der Behinderung journalistischer Arbeit in Norilsk. | |
14 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Umweltkatastrophe-in-Russland/!5688449/ | |
[2] https://edition.cnn.com/2020/07/10/europe/arctic-oil-spill-russia-whistlebl… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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