| # taz.de -- Klimawandel in Russland: Weniger Schnee, mehr Brände | |
| > Auch Russland kämpft mit den Folgen des Klimawandels, das Land erwärmt | |
| > sich schneller als andere. Bis 2060 möchte es klimaneutral werden. | |
| Bild: Zwei Männer stehen am Ufer eines durch Öl verschmutzten Sees im russisc… | |
| Moskau taz | Um bis 2060 eine kohlenstoffneutrale Wirtschaft aufzubauen, | |
| setzt Russland auf seine Wälder. Sie absorbieren Kohlenstoffdioxid und | |
| produzieren Sauerstoff, sagte [1][Wladimir Putin] Anfang November in einer | |
| Videobotschaft an den UN-Klimagipfel in Glasgow. Putin und der chinesische | |
| Staatschef Xi Jinping waren nicht persönlich zum Gipfel erschienen, was | |
| scharf kritisiert wurde. | |
| Russlands Wälder stellen ein Fünftel aller weltweiten Waldgebiete dar. | |
| Wissenschaftler sehen in ihnen zwar einen wichtigen Faktor im Kampf gegen | |
| den Klimawandel, kritisieren aber, dass die CO2-Berechnungen oft ungenau | |
| sind und von Regierungen manipuliert werden könnten. | |
| Putins Ton [2][auf der Weltklimakonferenz] war aber bereits mehr | |
| versöhnlich und kompromissbereit als noch in früheren Zeiten. Erst im | |
| Oktober 2019 räumte der Kremlchef zwar ein, dass die globale Erderwärmung | |
| das Resultat menschlichen Handelns sei. Im selben Jahr unterzeichnete er | |
| das Pariser Klimaabkommen. Dennoch warnte der Kremlchef vor den | |
| Konsequenzen erneuerbarer Energien: Sollte sich die Welt auf Sonne und | |
| Windenergien verlassen, könnte „die Menschheit bald wieder in Höhlen | |
| enden“, da sie nichts mehr konsumieren würde, warnte der Kremlchef damals. | |
| Russland ist weltweit der erfolgreichste Exporteur von Gas, Öl und Kohle. | |
| So bezog Deutschland 2020 45 Prozent seiner Steinkohle, 14,5 Millionen | |
| Tonnen, aus Russland. Um das Ziel der Pariser Klimakonferenz von 1,5 Grad | |
| Erderwärmung bis 2050 einzuhalten, müssten in Russland erneuerbare Energien | |
| 70 bis 85 Prozent der Elektrizität liefern. | |
| ## Russland erwärmt sich schneller als der Rest der Welt | |
| Das ist möglich, denn Russland verfügt über ein riesiges Potenzial | |
| erneuerbarer Energien. Wind-, Sonnen und Erdwärme stellen derzeit jedoch | |
| weniger als 0,1 Prozent der Energieversorgung dar. Noch ist auch unklar, ob | |
| in den Ausbau investiert werden soll. Denn auch Atomenergie und Wasserkraft | |
| mit zurzeit 36 Prozent sollen bis 2050 nur auf 43 Prozent wachsen. | |
| Derweil zeigen sich die Folgen des Klimawandels: Russland war Jahrhunderte | |
| vom Nimbus der Kälte umgeben. Die letzten Untersuchungen ergaben aber, dass | |
| das größte Land der Erde sich 2,5-fach schneller erwärmt als der Rest der | |
| Welt. 2020 verzeichnete Russland Hitzerekorde in allen Landesteilen. Mit | |
| katastrophalen Auswirkungen: In Sibirien zerstörte Hochwasser viele Dörfer. | |
| Waldbrände vernichteten ein Gebiet von der Größe Griechenlands und setzten | |
| ein Drittel mehr CO2 frei als noch 2019. | |
| 2020 war auch ein Jahr mit geringem Schneefall. In der Arktis schmolz das | |
| Eis auf den zweitgeringsten Umfang in mehr als 40 Jahren. Nicht zuletzt | |
| trägt auch das Auftauen der Permafrostböden, die zwei Drittel Russlands | |
| bedecken, zum CO2-Anstieg bei. Das bedroht nicht nur Städte in der | |
| russischen Arktis mit ihren zwei Millionen Einwohnern. | |
| Auch Pipelines sind betroffen. Der spektakulärste Vorfall ereignete sich | |
| 2020, [3][als in Norilsk ein 20.000-Tonnen-Dieseltank auslief.] Der Boden | |
| war eingebrochen, der Diesel lief in den Ambarnaja-Fluss und verschmutzte | |
| dessen Umgebung. Sollte sich die Erwärmung mit einem Grad pro Jahrzehnt | |
| fortsetzen, drohen Permafrostböden in 30 Jahren überhaupt nicht mehr | |
| zuzufrieren. Das würde bis 2100 Milliarden Tonnen CO2 und Methan | |
| freisetzen. | |
| Russland ist heute schon viertgrößter Treibhausgasproduzent mit 4,6 Prozent | |
| aller Emissionen. Das sind 79 Prozent mehr als die EU und 53 Prozent mehr | |
| als China. Russland spricht inzwischen zwar von der „Klimadimension“ und | |
| möchte klimaneutral werden, verdoppelt aber auch den Export fossiler | |
| Brennstoffe. Das zeige die ökonomische Realität, meint das CSIS Institut in | |
| Washington. Es werde also nicht wirklich etwas gegen den Klimawandel | |
| unternommen. Im Gegenteil, Russland nutze alle Hebel, um Zeit zu gewinnen | |
| und die Nutzung erneuerbarer Energien aufzuhalten. | |
| 30 Nov 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus-Helge Donath | |
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