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# taz.de -- Ungeklärter Todesfall in Gefängnis Kleve: „Einige hätten helfe…
> SPD und Grüne in NRW beklagen, die Polizei habe im Fall des verbrannten
> Amad Ahmad versagt. Die Aufklärung werde behindert.
Bild: Die Tür zur Zelle 143, in der Amad Ahmad unschuldig eingesperrt war
Düsseldorf taz | Im Fall des widerrechtlich inhaftierten und [1][in seiner
Zelle verbrannten Amad Ahmad] haben SPD und Grüne in NRW den ermittelnden
Polizist*innen Versagen und Verantwortungslosigkeit vorgeworfen. „Einige
der mehr als 20 Beamt*innen hätten helfen können, andere hätten helfen
müssen, Amad Ahmad aus der Haft zu befreien“, sagte am Donnerstag der
SPD-Fraktionsvize im NRW-Landtag, Sven Wolfam. Zusammen mit den Grünen
stellte Wolf eine Halbzeitbilanz des Untersuchungsausschusses vor, der den
Feuertod des Manns aus Nordsyrien untersucht.
Der hellhäutige Kurde Amad Ahmad hatte vom 6. Juli bis zum 17. September
2018 widerrechtlich in Haft gesessen, weil er mit einem schwarzen Mann aus
Mali verwechselt worden sein soll. Dann wurde der damals 26-Jährige Ahmad
beim Brand seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Kleve schwerst
verletzt – 38 Prozent seiner Haut waren verbrannt. Am 29. September starb
er nach einer Lungentransplantation.
Bis heute bleibt aber völlig unklar, wie und warum es zu der angeblichen
Verwechselung gekommen sein soll. Laut Erklärung von Nordrhein-Westfalens
CDU-Innenminister Herbert Reul und dem ihm unterstellten Landeskriminalamt
sollen Informationen, die in der landeseigenen Polizeidatenbank ViVA über
Amad Ahmad gespeichert waren, mit denen vermischt worden sein, die in der
INPOL-Software des Bundes über den Malier Amedy G. vorlagen.
„Bis heute wissen wir nicht: Wer hat das veranlasst, wer ist dafür
verantwortlich“, sagte Stefan Engstfeld, Obmann der Grünen im
Untersuchungsausschuss, am Donnerstag.
## Zurückgehaltene Akten
Klar ist aber: In ViVa lag ein Foto von Amad Ahmad und in INPOL ein Foto
von Amedy G. vor. Verglichen hat sie offenbar niemand der mehr 20
Beamt*innen, die an dem Fall arbeiteten. „Eine Farce“ sei deshalb die
„offizielle Version“, nach der Software-Probleme der noch von Innenminister
Reuls SPD-Amtsvorgänger Ralf Jäger bestellten ViVa-Datenbank Grund für die
massiven Polizeifehler gewesen seien: „Der Computer ist nicht Schuld“, sagt
Wolf. Umso wichtiger bleibe die Arbeit des Untersuchungsausschusses, dessen
Einstellung die CDU im Frühjahr bereits vorschnell gefordert hat.
Allerdings behinderten Reuls Innenministerium und das ebenfalls
CDU-geführte Justizressort die Aufklärung, deuteten Wolf und Engstfeld an –
wichtige Aktenbestandteile werden offenbar zurückgehalten.
Dabei geht es darum, dass Amad Ahmad in den ViVa-Daten gleichzeitig als
„hellhäutig“ und „schwarzhäutig“ beschrieben wurde – was Polizist*i…
hätte stutzig machen können. Den Nachweis über diesen unsinnigen Eintrag
erhielt der Untersuchungsausschuss aber nicht aus NRW sondern fand ihn
lediglich über Umwege in Unterlagen der Staatsanwaltschaft Hamburg. Die
hatte den Malier Amedy G. per Haftbefehl gesucht und wurde deswegen aus NRW
informiert, als Amad Ahmad verhaftet wurde.
Nötig sei deshalb, dass der Untersuchungsausschuss bis zum Ende der
Legislaturperiode im Frühjahr 2022 weiterarbeitet, fordern Engstfeld und
Wolf. Schließlich sind auch [2][Ursache und Ablauf des tödlichen
Zellenbrands] weiter unklar. Ab Herbst sollen weitere Zeug*innen gehört
werden – darunter Mitgefangene von Amad Ahmad, die gesehen haben wollen,
wie der Kurde an einem Gefängnisfenster um Hilfe schrie.
9 Jul 2020
## LINKS
[1] /Tod-von-Amad-Ahmad-in-der-JVA-Kleve/!5690973
[2] /Tod-eines-Gefluechteten-in-der-JVA-Kleve/!5572485
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
JVA Kleve
Polizei
Kurden
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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