# taz.de -- Rechtsextreme im KSK: Letzte Chance für Elitetruppe | |
> Wegen Rechtsextremismus-Problemen soll das Kommando Spezialkräfte | |
> umfassend reformiert werden – laut Verteidigungsministerin „eine | |
> Bewährungschance“. | |
Bild: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) droht dem KSK mi… | |
Berlin taz | Die Verteidigungsministerin beginnt mit ein paar positiven | |
Worten, wie man das so macht als Führungskraft. Das Kommando Spezialkäfte | |
habe in allen Einsätzen militärische Spitzenleistungen erbracht und es | |
brauche eine solche Einheit, sagt Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Sie | |
verweist auf die Geschichte des KSK, das 1996 gegründet wurde, weil es die | |
Bundeswehr zwei Jahre zuvor nicht mit eigenen Kräften geschafft hatte, | |
Deutsche aus Ruanda nach Hause zu bringen. „Der überwiegende Teil der | |
Soldaten im KSK und in der gesamten Bundeswehr steht ohne Wenn und Aber auf | |
dem Boden des Grundgesetzes.“ | |
Aber die Ministerin ist am Mittwoch nicht vor die Presse getreten, um ein | |
Gefälligkeitszeugnis auszustellen. Im Gegenteil: „Das KSK kann in seiner | |
jetzigen Verfassung nicht bestehen bleiben“, sagt sie. Denn es gebe dort | |
ein „ungesundes Eliteverständnis einiger Führungskräfte“ – und Problem… | |
Rechtsextremismus sowie einen „viel zu laschen Umgang“ mit Munition. | |
Es war zuvor schon durchgesickert, dass das KSK stark reformiert werden | |
soll. Das ist das Ergebnis einer Arbeitsgruppe, die die Ministerin Ende Mai | |
eingesetzt hatte. Dem KSK wird ein Ultimatum gestellt: Wenn die Reformen | |
bis Ende Oktober nicht greifen, wird die Einheit womöglich ganz aufgelöst. | |
„Die Maßnahmen sind keine Strafe für das KSK, sie sind eine Chance, eine | |
Bewährungschance.“ | |
Die 2. von vier Kommandokompanien des KSK in Calw wird aufgelöst, sie war | |
besonders mit rechtsextremen Vorfällen aufgefallen. Es gebe dort aber nach | |
wie vor eine „Mauer des Schweigens“, aus Loyalität oder aus Angst, so die | |
Ministerin. Die Soldaten sollen teils auf die anderen Kompanien verteilt | |
werden. Der Bundeswehrgeheimdienst MAD sprach zuletzt von insgesamt 30 | |
Rechtsextremismusverdachtsfällen im KSK. | |
Das KSK soll vorerst auch nicht mehr an Übungen und internationalen | |
Einsätzen teilnehmen. Die aktuell 30 KSK-Solaten im Auslandseinsatz sollen | |
aber noch bis September in Afghanistan bleiben. Sie bildeten dort die | |
afghanische Spezialpolizei aus, sagte der Generalinspekteur der Bundeswehr, | |
Eberhard Zorn. Eine ungewohnt offene Information. | |
## Neue Stufe für Sicherheitsüberprüfung | |
Da der Bereich der Ausbildung im KSK zu sehr abgeschottet sei, soll die | |
Ausbildung künftig der Infanterieschule des Heeres unterstellt werden. | |
Führungskräfte müssen zuvor außerhalb des KSK Erfahrung gesammelt haben. | |
Zudem soll es eine Verwendungshöchstdauer für bestimmte Positionen geben | |
und eine neue Stufe 4 der Sicherheitsüberprüfung. | |
Die 60 Punkte des Berichts lassen sich so zusammenfassen: Das KSK soll | |
seine Eigenständigkeit verlieren und stärker in die Strukturen der | |
Bundeswehr integriert werden. | |
Auch die Extremismusabwehr müsse verbessert werden, sagte | |
Kramp-Karrenbauer. „Es muss sichergestellt werden, dass die Zusammenarbeit | |
mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz besser funktioniert, als das bisher | |
der Fall ist.“ Das sagte sie auch vor dem Hintergrund, dass es beim MAD | |
offenbar Lecks gibt. Interne Informationen gelangten vom MAD an einen | |
KSK-Soldaten. Es sollen nun das gesamte Personal des MAD überprüft werden | |
und „alle Kontakte von MAD und KSK auf allen Ebenen“. | |
Auf [1][rechte Netzwerke in der Bundeswehr] angesprochen, sagte | |
Kramp-Karrenbauer, dass man dazu noch nichts abschließend sagen könne, man | |
werde das weiter untersuchen. Es liege jedenfalls auf der Hand, dass es | |
nicht um isoliert zu betrachtende Einzelfälle gehe. | |
In Reihen der Opposition wurden die vorgestellten Maßnahmen unterschiedlich | |
bewertet. Die Reformvorschläge gingen in die richtige Richtung, erklärte | |
die Vizefraktionsvorsitzende der Grünen, [2][Agnieszka Brugger]. „Ob die | |
lange überfälligen Maßnahmen nun greifen, hängt davon ab, wie konsequent | |
die Ankündigungen nun umgesetzt werden.“ Alexander Neu von der | |
Linksfraktion forderte, das KSK komplett aufzulösen. Marie-Agnes | |
Strack-Zimmermann von der FDP hätte gern alle Spezialkräfte der Bundeswehr | |
direkt unter dem Dach des Verteidigungsministeriums zusammengefasst. | |
Es gab in jüngster Zeit eine ganze Reihe von Vorgängen, die zeigten, wie | |
ernst die Lage zwischen Calw, Bonn und Berlin ist. Für Aufregung hat ein | |
Brief gesorgt, den ein Hauptmann, der relativ neu beim KSK war, an die | |
Ministerin schickte. Er nannte gar nicht unbedingt neue Dinge, fand aber | |
deutliche Worte und beschrieb ein grundsätzliches strukturelles Problem: | |
„Angehende Kommandosoldaten werden derzeit mit Kritikverbot und | |
weitestgehend unerwünschtem Widerspruch gefügig erzogen.“ Sie seien | |
unmittelbar abhängig vom Gusto des Vorgesetzten und besonders der Bereich | |
Ausbildung werde chronisch durch Rechtsextreme unterwandert. Das Ergebnis: | |
„Eine demokratisch schlicht als toxisch zu bezeichnende Kultur des | |
Hinnehmens“. Das zeige sich auch an so vermeintlich kleinen Dingen wie dem | |
Funkrufnamen „Y-88“. 88 steht für „Heil Hitler“. | |
Der Hauptmann durfte dann in der Arbeitsgruppe, die das KSK untersuchte, | |
mitarbeiten. Das hatte Signalwirkung. | |
Der Kommandeur des KSK, Markus Kreitmayr, hatte sich zuvor per Brief an | |
seine Soldaten gewandt. Es stehe „unser aller Ruf“ auf dem Spiel, „die | |
Reputation unseres Verbands und das Ansehen der Bundeswehr“. Er endete mit | |
der etwas hilflos wirkenden Aufforderung, Rechtsextreme sollten doch bitte | |
freiwillig die Einheit verlassen. | |
Mitte Mai waren bei einem KSK-Soldaten in Nordsachsen Waffen, Munition und | |
NS-Devotionalien gefunden worden. Die Ermittler gruben tagelang seinen | |
Garten um. Ob Philipp Sch., [3][der im KSK als „Schäfchen“ bekannt ist], | |
Verbindungen zu den Akteuren des Hannibal-Netzwerk hat, ist nicht geklärt. | |
Was inzwischen bekannt ist: Es ist beim KSK offenbar eine ganze Menge | |
Munition und Sprengstoff verschwunden. Der Verbleib von rund 85.000 Schuss | |
Munition und 62 Kilogramm Sprengstoff ist ungeklärt. Es könne sich um | |
schlampige Buchführung halten, sagte Kramp-Karrenbauer, um im Einsatz | |
zurückgelassene Munition oder um solche, die abgezweigt wurde. „Wir können | |
keine dieser Möglichkeiten ausschließen.“ | |
Und der Generalinspekteur ergänzt: „Das ist keine Kleinigkeit, das macht | |
mir große Sorgen.“ | |
1 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
Christina Schmidt | |
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