# taz.de -- Konflikt zwischen China und den USA: Pingpong der Pressefreiheit | |
> Washington schränkt chinesische Medien in den USA weiter ein. Es ist nur | |
> eine Frage der Zeit, bis die Regierung in Peking reagiert. | |
Bild: Hu Xijin, Chefredakteur der „Global Times“ protestiert gegen die neue… | |
PEKING taz | Ausgerechnet US-Präsident Donald Trump hat erneut zwischen | |
Journalismus und Propagandaorgan gerichtet: Vier chinesische Medien mit | |
Korrespondentenbüros in den USA werden künftig nicht mehr als Medien | |
geführt, sondern auf die Liste von „Auslandsmissionen“ gesetzt und müssen | |
damit besondere Auflagen erfüllen. Von der Entscheidung betroffen sind | |
unter anderem das Staatsfernsehen China Central Television (CCTV) und die | |
auch auf Englisch erscheinende Zeitung Global Times. | |
Deren Chefredakteur Hu Xijin, ein für seine Bissigkeit bekannter Patriot, | |
reagierte auf Twitter mit Entsetzen: „Das ist eine absurde Entscheidung. | |
Die USA-China-Beziehungen sind so angespannt, dass selbst marktorientierte | |
Medien wie die Global Times nun betroffen sind.“ | |
Hus Stellungnahme ist nicht falsch, doch nur ein Teil der Wahrheit. Zwar | |
ist die meist parteitreue Global Times wirtschaftlich nicht von | |
Staatsfinanzen abhängig, doch gleichzeitig am Gängelband der Regierung. | |
„Denn wenn sie gegen uns ist, dann wird sie uns sanktionieren“, sagte Hu | |
Xijin noch 2016 im Interview mit dem US-Medium Quartz. | |
Die Grenzen zwischen Propagandaorganen und kritischen Medien sind in China | |
verschwommen. Unter Präsident Xi Jinping hat sich das Verhältnis jedoch | |
stark zugunsten der Propaganda verschoben. De facto ist allein die | |
Selbstzensur mittlerweile so stark, dass vormals aufmüpfige Publikationen | |
nichts mehr drucken, was ihre Lizenz gefährden würde. | |
Trumps Maßnahmen erschweren die Berichterstattung | |
Kritischer Journalismus spielt sich vornehmlich online ab, wo unliebsame | |
Artikel zumindest ein paar Stunden vor den Zensurbehörden überleben. Oder | |
in Form von Bürgerjournalisten, die auf ihren Social-Media-Accounts | |
unliebsame Alltagsrealitäten einfangen. Doch auch dort schiebt die | |
Regierung Riegel vor: Dank smarter Algorithmen werden kritische Posts | |
schnell gelöscht, im Zuge der Coronapandemie hat die Regierung zudem | |
mindestens vier Bürgerjournalisten verhaftet. | |
Die jetzigen, aus politischem Kalkül getroffenen Maßnahmen von Trump | |
unterbinden zwar nicht die Berichterstattung chinesischer Medien, | |
erschweren sie jedoch. So müssen die betroffenen Publikationen künftig ihre | |
Personaländerungen ans US-Außenministerium berichten und Immobilienbestände | |
registrieren. Auch künftige Visumbeschränkungen gelten als wahrscheinlich. | |
„Das sind keine Journalisten, sondern Mitglieder des Propagandaapparats“, | |
sagt der stellvertretenden US-Staatssekretär für Ostasien, David Stilwell. | |
Von der chinesischen Botschaft in Washington heißt es laut Wall Street | |
Journal, die chinesischen Medien seien der „Objektivität, Ausgewogenheit, | |
Wahrheit und Genauigkeit“ verpflichtet. | |
Bereits im Februar hat Trump eine Handvoll chinesischer Staatsmedien | |
verpflichtet, ihr Personal von 160 auf 100 Kollegen zu reduzieren. Für die | |
chinesische Regierung war dies ein willkommener Anlass, ihrerseits | |
sämtlichen US-Journalisten von New York Times, Washington Post und Wall | |
Street Journal die Arbeitserlaubnis zu entziehen. Seither sind die | |
US-Medien, die traditionell die größten China-Büros unterhalten, in ihrer | |
Berichterstattung geschwächt. Nun droht ihnen eine erneute | |
Vergeltungsaktion der chinesischen Regierung. | |
Zwischen den Fronten | |
Innerhalb des Pekinger Korrespondentenclubs – einer Organisation im | |
rechtlichen Graubereich, die Veranstaltungen im geschützten Raum von | |
Botschaften abhält – gab es weder Solidaritätsbekundungen mit den | |
chinesischen Kollegen noch eine ernsthafte Debatte. | |
Vor allem chinesische Journalisten für US-Medien in China geraten zwischen | |
die Fronten. Aufgrund der rechtlichen Lage sind sie dazu verdammt, | |
„Assistentenposten“ zu bekleiden, obwohl sie de facto einen Großteil der | |
Berichterstattung stemmen. | |
„Manche von uns müssen China verlassen, um sich von ihrer Assistentenrolle | |
zu befreien und ihre eigene Stimme zu haben. Aber wie sich herausstellt, | |
schützt uns die Pressefreiheit auch in den USA nicht mehr“, schreibt die in | |
China geborene Journalistin Shen Lu in dem Onlinemedium Chinese | |
Storytellers. Seit Mai nämlich bekommen chinesische Journalisten in den | |
USA, die für nichtamerikanische Medien arbeiten – darunter auch etwa | |
Reuters und BBC – Visa nur mehr für 90 Tage ausgestellt. | |
24 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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