Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Truppenabzug aus Deutschland: Baltikums Leid, Polens Freud
> Während Polens Premier Mateusz Morawiecki über den geplanten Abzug von
> US-Truppen aus Deutschland jubelt, reagiert das Baltikum verärgert.
Bild: Einige sind schon da: ein US-amerikanischer Panzer auf einem Trainingsgel…
Warschau taz | Polen rühmt sich gern seiner sehr guten Beziehungen zu
Donald Trump, dem US-amerikanischen Präsidenten. Doch als Polens Premier
Mateusz Morawiecki vor zehn Tagen fast in Jubel ausbrach, als er in einer
Radiosendung nach seiner Meinung zum geplanten [1][Abzug von knapp 10.000
amerikanischen Soldaten aus Deutschland] gefragt wurde, erregte das in
vielen Nato-Mitgliedsländern Unmut.
„Ich hoffe, einige der aus Deutschland abgezogenen Truppen werden nach
Polen kommen“, sagte Morawiecki, als wäre das schon eine ausgemachte Sache.
Schließlich liege die „wahre Gefahr“ im Osten, fügte er mit Blick auf
Russland hinzu. Daher würde eine Verschiebung von US-Truppen an die
Ostflanke der Nato „die Sicherheit ganz Europas“ stärken.
Schon in der Vergangenheit maßregelte Morawiecki die Bundesregierung in
Berlin immer wieder aufs Schärfste für ihre „zu geringen
[2][Verteidigungsausgaben]“, während das Verteidigungsbudget Warschaus
schon im zweiten oder sogar dritten Jahr die in der Nato angestrebte
2-Prozent-Marke des Bruttoinlandsprodukts erreiche. Dies wisse Donald Trump
zu schätzen. Im Radiointerview vor zehn Tagen setzte Morawiecki dann noch
ganz locker hinzu, dass seine Regierung schon länger mit den Amerikanern
über die Aufstockung amerikanischer Truppen in Polen spreche und er die
Zahlen „zu gegebener Zeit“ bekannt geben werde.
Dass die noch weiter östlich gelegenen Nato-Staaten Litauen, Lettland und
Estland höchst verärgert auf die polnisch-amerikanische
Nato-Geheimdiplomatie reagierten, merkten Morawiecki und sein Außenminister
Jacek Czaputowicz am Montag, als sie in Vilnius, der Hauptstadt Litauens,
mit ihren baltischen Amtskollegen zusammentrafen.
Es geht nicht mehr nur um US-Truppen in Deutschland
Morawiecki machte sofort einen Rückzieher. Zwar bekräftigte er das Ziel,
über die bislang in Polen stationierten 5.000 amerikanischen Soldaten
zusätzlich Tausende zum „Schutz der Nato-Ostflanke“ nach Polen zu holen,
doch – so sagte er der baltischen Nachrichtenagentur BNS: „Es ist nicht
unsere Absicht, dieses Ziel auf Kosten einer Reduzierung des US-Kontingents
in Deutschland zu erreichen.“ Czaputowicz fasste sein Gespräch mit den
Außenministern so zusammen: „Wir glauben nicht, dass die Reduzierung der in
Deutschland stationierten Truppen zu unserer Sicherheit beiträgt.“
Doch längst geht es nicht mehr nur um den Abzug amerikanischer Truppen aus
Deutschland. Auf dem Tisch scheint auch das Thema der Verlagerung
amerikanischer Atombomben aus Deutschland nach Polen zu liegen. Dies
zumindest deutete Georgette Mosbacher, die Botschafterin der USA in Polen,
bereits Mitte Mai an: „Wenn Deutschland die nuklearen Kapazitäten
verringern und die Nato schwächen will, könnte vielleicht Polen sie
beherbergen, das seinen gerechten Anteil zahlt, die Risiken versteht und an
der Ostflanke der Nato liegt“, schrieb sie auf Twitter.
Zwar antwortete ihr sofort der deutsche Botschafter in Polen, Rolf Nikel:
„Deutschland erfüllt alle seine Verpflichtungen gegenüber der Nato und
seinen Partnern, so wie dies im Koalitionsvertrag von 2018 festgehalten
ist. Weitere Spekulationen sind daher nicht zielführend.“ Doch außer dem
Botschafter reagierte kein einziger Politiker in Polen auf die Worte
Mosbachers, auch Morawiecki und Czaputowicz nicht. Nun aber wurde bekannt,
dass US-Präsident Trump sich noch kurz vor der polnischen Präsidentenwahl
am 28. Juni mit Andrzej Duda treffen will, dem Präsidenten Polens, der sich
um eine Wiederwahl bemüht.
18 Jun 2020
## LINKS
[1] /Abzug-von-US-Truppen-aus-Deutschland/!5690799
[2] /Streit-um-hoehere-Nato-Ausgaben/!5644956
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Polen
Baltikum
Nato
Baltikum
Estland
Hollywood
Polen
Polen
Polen
Nato
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Bundeswehr
US-Drohnen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Nach Litauen per Bahn: Gegen die Flugscham
Per Zug lässt es sich bequem ins Baltikum reisen. Am Komfort der Züge
Litauens kann sich die Deutsche Bahn ein Vorbild nehmen.
Weibliche Doppelspitze in Estland: Die erste Ministerpräsidentin
Kaja Kallas wird am Dienstag im estnischen Tallinn als neue
Ministerpräsidentin vereidigt. Mit der Juristin stehen zwei Frauen an der
Spitze des Staates.
Kampf um die Brücke in Pilchowice: Tom Cruise, der Demolition Man
Die Filmbranche will neuerdings nachhaltig agieren. Für „Mission
Impossible“ aber soll ein bedeutendes Industriedenkmal gesprengt werden.
Polen wagt den Ausstieg: PiS plant Abschied von der Kohle
Polens Kohleförderung war der nationalpopulistischen Regierung in Warschau
fast heilig. Jetzt sieht sie ein, dass die Ära der Bergleute vorbei ist.
US-Truppen in Europa: Eine Warnung an Trump
Polens Staatschef Andrzej Duda wirbt im Weißen Haus um US-Soldaten. Trump
schade mit solchen Plänen der Nato und den USA, warnen dessen
Parteifreunde.
Diskriminierender Wahlkampf in Polen: Gegenwind für Homophobie
Vor der Präsidentschaftswahl in Polen schießt sich die Regierungspartei auf
sexuelle Minderheiten ein. Das trifft zunehmend auf Widerstand.
Angekündigter US-Truppenabzug: Eine Sorge weniger
Sollten die USA tatsächlich Truppen aus Deutschland abziehen, könnte das
für die Bundesregierung Grund zur Erleichterung sein.
Möglicher US-Truppenabzug aus der BRD: Zu früh gefreut
Trump will Teile seiner Truppen aus Deutschland abziehen und in Polen
stationieren. Das könnte den Ost-West-Konflikt weiter eskalieren lassen.
US-Rückzug aus „Open Skies“-Abkommen: Haltet Russland im Vertrag
Der Rückzug der USA aus „Open Skies“ ist ein schwerer Schlag für die
Rüstungskontrolle. Europa ist gefordert.
Kolumne Macht: Wenn die Welt auf Münster schaut
Darf das US-Militär seine Drohnen von Ramstein aus koordinieren? Ein Urteil
des Oberverwaltungsgerichts Münster könnte die Nato sprengen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.