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# taz.de -- Führungspositionen in Japan: Großaktionäre kämpfen für Frauen
> Nur 15 Prozent aller Manager in Japan sind weiblich. Ausländische
> Aktionäre setzen japanische Unternehmen nun unter Druck, mehr Frauen zu
> fördern.
Bild: Zahlreich nur bei einer Zeremonie an der Börse, ansonsten keine Frauen i…
Tokio taz | Eine erfolgversprechende Methode in Japan, ein
gesellschaftliches Ziel ohne die Androhung von Strafen zu erreichen, ist
die Beschämung. Wenn jemand eine sozial positive Vorgabe nicht erfüllt,
wird dies publik gemacht. Nun wenden ausgerechnet Ausländer diese
urjapanische Taktik an, um mehr Aufsichts- und Führungspositionen für
Frauen in Unternehmen durchzusetzen. Dafür wollen viele ausländische
Großaktionäre bei den Hauptversammlungen der börsennotierten Gesellschaften
in diesem Monat frauenfeindliche Chefetagen an den Pranger stellen.
Der britische Investmentmanager Legal & General wird mit seinen
Stimmrechten jede personelle Veränderung in den Aufsichtsgremien der 100
größten Unternehmen ablehnen, wenn darin nicht mindestens eine Frau sitzt.
Glass Lewis, einer der größten Vertreter von institutionellen Investoren,
wendet diese Politik erstmals bei allen fast 2.000 Unternehmen der ersten
und zweiten Sektion der Tokioter Börse an.
Die Vermögensverwaltung von Goldman Sachs wiederum will bei solchen Firmen
gegen alle Vorstandskandidaten stimmen, ebenso wie gegen Kandidaten für die
Komitees, die neue Direktoren nominieren. Der US-Berater Street Global
Advisors wird die Mitglieder dieser Komitees nicht mehr im Amt bestätigen,
falls der Verwaltungsrat zuvor ein Gespräch über die Berufung von mehr
Frauen abgelehnt hat. Diese weitgehend symbolischen Aktionen sollen ein
Signal setzen. Man wolle eine messbare Veränderung der Diversität
erreichen, weil dies einen ökonomischen und kulturellen Nutzen habe,
begründete die britische Legal & General Investment das ungewöhnliche
Vorgehen.
Die Auslandsaktionäre reagieren auf die im internationalen Vergleich extrem
niedrigen Frauenquoten in den japanischen Führungsetagen. Hier wollen viele
Vermögensverwalter nicht mehr tatenlos zusehen, weil sie in dieser Frage
selbst unter Rechtfertigungsdruck geraten sind. Zudem können sie sich auf
die japanische Regierung berufen. Seit 2018 verlangt der Kodex für gute
Unternehmensführung von allen Unternehmen, in ihrer Führung vielfältiger zu
werden, etwa im Geschlecht und in internationaler Erfahrung.
## Kleidung und Sprache als kulturelle Hürden
Doch dieser Appell blieb bisher weitgehend ungehört. Nur jeder zehnte der
100 größten Konzerne erfüllt das Kodex-Minimum von einer Verwaltungsrätin,
fast drei Mal weniger als im US-Leitindex S&P 500. Noch schlechter sieht es
in den Vorständen aus: Laut Tokyo Shoko Research steht nur bei einem
Prozent aller Gesellschaften eine Frau an der Spitze. Im Leitindex Nikkei
225 hat nur TrendMicro einen weiblichen CEO. Und nur 15 Prozent aller
Manager in Japan sind weiblich.
„Der Kampf für Geschlechtergleichheit läuft hier sehr subtil ab“, meint
Nobuko Kobayashi, Partnerin von Ernst & Young Japan und die einzige Frau im
Vorstand der Deutschen Industrie- und Handelskammer. [1][Als kulturelle
Hürden] nennt sie die geschlechtsorientierten Kleidungsvorschriften am
Arbeitsplatz sowie das frauenspezifische Japanisch, das Demut und
Zurückhaltung ausdrückt.
Bisher sind die japanischen Chefetagen [2][mit ihrer Frauenmissachtung
davongekommen]. Die Tokioter Börse hat ihre Option nicht genutzt, den
Verstoß gegen den Verhaltenskodex öffentlich zu machen. Daher bringt der
Vorstoß der Auslandsaktionäre nun viele Unternehmen kräftig ins Schwitzen,
weil sie eben nicht als rückständig dastehen wollen. In Zeiten eines
starken Arbeitskräftemangels müssen sie befürchten, dass Frauen deswegen
nicht für sie arbeiten wollen. So berief der Technologieriese Softbank kurz
vor der Hauptversammlung schnell noch die Wirtschaftsprofessorin Yuko
Kawamoto als erste Frau in den Verwaltungsrat.
Dagegen versuchte die Bahngesellschaft JR Central, Betreiber der
Shinkansen-Hauptstrecke zwischen Tokio und Osaka, die ausländischen
Anteilseigner davon zu überzeugen, dass man nicht per se Frauen von der
Spitze fernhalte. Der Mangel an weiblichen Führungskräften sei vielmehr
darauf zurückzuführen, dass das Arbeitsgesetz früher die Beschäftigung von
Frauen bis in die Nacht hinein verboten hatte. Deswegen habe man weniger
Frauen eingestellt und bis in die Führung befördert, sagte ein
Konzernsprecher gegenüber der Finanzzeitung Nikkei. Aber diese Ausrede
wollen die Auslandsaktionäre nicht gelten lassen.
18 Jun 2020
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## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Japan
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