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# taz.de -- Männer in Japan: Kein „Samurai mit Aktentasche“
> Der Umweltminister Shinjiro Koizumi setzt ein Zeichen für Väter in Japan:
> Er geht in Elternzeit. Viele Männer reagieren deshalb entsetzt.
Bild: Erregt Aufsehen, weil er ein Tabu der japanischen Arbeitswelt bricht: Min…
Wegen ihrer extrem langen Arbeitszeiten gelten japanische Männer oft als
die berüchtigten „Samurai mit Aktentasche“ – also an Werktagen für
familiäre Pflichten vom Abwasch bis zum Windelwechsel nie anwesend und am
Wochenende zu müde. Diese Tradition erklärt die vielen Schlagzeilen über
Umweltminister Shinjiro Koizumi: Der 38-jährige Politiker kündigte jetzt
an, in Vaterschaftsurlaub zu gehen, eine Premiere für ein Mitglied einer
japanischen Regierung. Die Agentur Kyodo sprach von einem „beispiellosen
Schritt“. Sein erstes Kind mit der TV-Moderatorin Christel Takigawa kommt
wohl im Januar auf die Welt.
Der Entschluss erregte Aufsehen, weil Koizumi das wohl stärkste Tabu der
japanischen Arbeitswelt bricht. Verstärkt wird die Symbolkraft dadurch,
dass der sehr populäre Sohn von Ex-Premierminister Junichiro Koizumi als
potenzieller Nachfolger des jetzigen Amtsinhabers Shinzo Abe gehandelt
wird. „Eine Veränderung der Arbeitskultur erfordert auch eine Anstrengung
von oben nach unten“, erklärte der Politiker seinen Schritt. Er wolle ein
Zeichen setzen, damit jeder Beamte in seinem Ministerium ohne Zögern in
Elternzeit gehen könne.
Auf dem Papier zählt Japan neben Südkorea zu den Nationen, die frisch
gebackenen Eltern die großzügigsten Möglichkeiten geben. Beide erhalten bis
zu ein Jahr Babyurlaub mit 80 Prozent des Nettogehaltes. Zum Vergleich: Gut
verdienende deutsche Väter erhalten 65 Prozent (maximal 1.800 Euro).
Dennoch nutzen nur 6 Prozent der japanischen Väter – im Unterschied zu 82
Prozent der Mütter – ihre Option, die Mehrzahl davon nimmt weniger als 5
Tage.
## Heimliche Hoffnung auf mehr Kinder in Japan
Neuerdings stößt Japans Regierung jedoch das schwache Kinderengagement der
Männer sauer auf. Ab April sind alle männlichen Staatsdiener dazu
verpflichtet, mindestens einen Monat Vaterschaftsurlaub zu nehmen. Dahinter
steckt die heimliche Hoffnung der Politiker in dem überalterten Land, dass
die Japanerinnen mehr Kinder gebären, wenn sie wissen, damit nach der
Geburt nicht alleine zu bleiben. Als weitere Maßnahme hat der Staat vor
einem Jahr per Gesetz die Zahl der Überstunden begrenzt, damit die Männer
früher nach Hause kommen und mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen können.
Zudem müssen die Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter
mindestens 5 Tage Urlaub machen.
Für Abgeordnete und Minister gibt es eigentlich gar keinen Babyurlaub. Als
Umweltminister Koizumi nach seiner Ernennung im September laut über einen
Vaterschaftsurlaub nachdachte, griffen ihn konservative Abgeordnete seiner
Liberaldemokratischen Partei scharf an. Auch auf Twitter, dem beliebtesten
sozialen Netzwerk in Japan, merkte ein Nutzer jetzt kritisch an: „Ein
Neuling nimmt Vaterschaftsurlaub – liebt er seine Arbeit wirklich?“ Solcher
Gegenwind dürfte der Grund für den Kompromiss sein, den Koizumi gewählt
hat: Er nimmt sich nur 14 Tage für sein Baby frei und verteilt sie
stundenweise auf drei Monate, damit er im Kabinett und bei wichtigen
Auftritten nicht fehlt.
17 Jan 2020
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
Japan
Elternzeit
Regierung
Japan
Japan
Spielfilm
Taiwan
Kolumne Chinatown
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