# taz.de -- Lufthansa akzeptiert EU-Auflagen: Ja, sie wollen | |
> Um das Rettungspaket der Bundesregierung zu bekommen, will die Lufthansa | |
> nach den Regeln der EU-Kommission spielen. Doch der Schlusspunkt ist das | |
> noch nicht. | |
Bild: Ruhen, aber noch nicht in Frieden: Flugzeuge der Lufthansa | |
BERLIN/BRÜSSEL/FRANKFURT dpa | Die Lufthansa ist so schwer angeschlagen, | |
dass sie die Auflagen der EU-Kommission annehmen will, um [1][das geplante | |
milliardenschwere Rettungspaket der Bundesregierung] zu bekommen. Wie der | |
Konzern in der Nacht zu Samstag mitteilte, beschloss der Vorstand, einen | |
zuvor zwischen Berlin und Brüssel ausgehandelten Kompromiss zu akzeptieren. | |
Demnach muss die Lufthansa Start- und Landerechte an den Flughäfen | |
Frankfurt und München an Wettbewerber abgeben. | |
Damit ist eine wichtige Hürde für die Staatshilfen mit einer vorgesehenen | |
Beteiligung des Bundes an der Lufthansa genommen worden. Die | |
Bundesregierung will die [2][in der Corona-Krise] unter Druck geratene | |
angeschlagene Fluggesellschaft mit einem neun Milliarden Euro umfassenden | |
Hilfspaket stützen. Der Lufthansa droht ansonsten das Geld auszugehen. | |
Wie die Airline mitteilte, ist der Umfang der aus Sicht der EU-Kommission | |
erforderlichen Zusagen im Vergleich zu ersten Plänen verringert worden. Das | |
Unternehmen wird demnach verpflichtet, an den Flughäfen Frankfurt und | |
München je einem Wettbewerber die Stationierung von je bis zu vier | |
Flugzeugen samt bis zu 24 Start- und Landerechten zu übertragen. | |
Diese Option stehe für zumindest anderthalb Jahre nur neuen Wettbewerbern | |
an den Flughäfen Frankfurt und München zur Verfügung. Falls jeweils kein | |
neuer Wettbewerber von der Option Gebrauch mache, werde die Option auch auf | |
vorhandene Wettbewerber an den jeweiligen Flughäfen erweitert. Die Slots | |
sollen im Rahmen eines Bieterverfahrens zugeteilt werden – und nur von | |
einem europäischen Wettbewerber übernommen werden, der selbst keine | |
wesentliche staatliche Rekapitalisierung aufgrund der Corona-Pandemie | |
erhalten habe. | |
Davon könnte etwa [3][der irische Billigflieger Ryanair] profitieren, der | |
ohne Staatshilfe durch die Krise kommen will und den geplanten Einstieg des | |
deutschen Staats bei der Lufthansa heftig kritisiert hat. Ryanair fliegt | |
bisher zwar Deutschlands größten Flughafen Frankfurt an, ist aber in | |
München noch nicht vertreten. Umgekehrt bietet der britische Billigflieger | |
Easyjet zwar Flüge ab München an, hat sich aus Frankfurt aber gerade erst | |
zurückgezogen. | |
## Einigung noch nicht durch | |
Der Aufsichtsrat der Lufthansa muss nun dem Rettungspaket inklusive der | |
Auflagen der EU noch zustimmen. Das Unternehmen will dann im Anschluss | |
zeitnah eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen, um die | |
Zustimmung der Aktionäre zum Paket einzuholen. | |
Auch das Wirtschaftsministerium weist darauf hin, dass die Einigung noch | |
nicht in trockenen Tüchern ist: „Im Übrigen dauern die Gespräche mit der EU | |
Kommission zur beihilferechtlichen Genehmigung an“, heißt es in einer | |
Stellungnahme am frühen Samstagmorgen. Aber: „Mit dem jetzt erzielten | |
Zwischenschritt ist der Weg für eine Befassung der Hauptversammlung | |
geebnet.“ | |
Vorausgegangen waren schwierige Verhandlungen zwischen der Bundesregierung | |
und der EU-Kommission, die dem Rettungspaket zustimmen muss. Die | |
EU-Kommission hatte zunächst laut „Handelsblatt“ die Abgabe von 20 Jets | |
gefordert. Lufthansa hatte die Abgabe von 3 Flugzeugen angeboten, das hatte | |
aber die EU-Kommission abgelehnt. | |
## Schwache Drehkreuze | |
Eine Sprecherin der Brüsseler Behörde teilte am frühen Samstagmorgen mit, | |
man nehme die von Deutschland vorgeschlagenen Zusagen zur Sicherung des | |
Wettbewerbs zur Kenntnis. Die Zusagen der Airline seien zugunsten der | |
Verbraucher und eines wirksamen Wettbewerbs. | |
Der Lufthansa-Aufsichtsrat hatte davor gewarnt, bei zu hohen Auflagen würde | |
die Drehkreuzfunktion an den Heimatflughäfen Frankfurt und München | |
geschwächt. Die Verhandlungen sind mit dem Kompromiss aber noch nicht | |
abgeschlossen. Brüssel muss dem Paket noch zustimmen. Die Bundesregierung | |
muss es notifizieren. | |
Die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, hatte | |
die Forderung der Kommission nach Auflagen am Freitag verteidigt. Es gehe | |
nicht darum, zusätzliche Hindernisse zu schaffen, sondern darum, | |
Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. | |
Dass die EU-Kommission von der Lufthansa fordert, im Gegenzug für die | |
Staatshilfen Start- und Landerechte abzugeben, erklärte Vestager mit der | |
Bedeutung der sogenannten Slots für den Wettbewerb. „Wenn jemand mit ihnen | |
konkurrieren will, braucht er Slots an einem Flughafen“, sagte die Dänin. | |
## Auftritt Ryanair | |
Der Billigflieger Ryanair hatte eine massive Wettbewerbsverzerrung beklagt. | |
Die milliardenschweren Hilfen der Bundesregierung würden den | |
monopolähnlichen Zugriff der Lufthansa auf den deutschen Luftverkehrsmarkt | |
weiter stärken, kritisierte die irische Fluggesellschaft. Ryanair-Chef | |
Michael O'Leary hatte angekündigt, gegen die staatliche Beihilfen vorgehen | |
zu wollen. | |
Eine außerordentliche Hauptversammlung der Lufthansa muss noch über | |
Kapitalmaßnahmen abstimmen, die einen Einstieg des staatlichen | |
Wirtschaftsstabilisierungsfonds ermöglichen – diesen hatte die | |
Bundesregierung in der Corona-Krise beschlossen, um sich notfalls an | |
wichtigen Unternehmen beteiligen zu können. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Montag im CDU-Präsidium nach | |
Teilnehmerangaben einen „harten Kampf“ angekündigt, weil Brüssel die | |
milliardenschwere Rettung nur unter hohen Auflagen genehmigen wolle. | |
Der Rettungsplan für die Lufthansa sieht vor, dass der staatliche | |
Wirtschaftsstabilisierungsfonds im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien | |
zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der | |
Fluggesellschaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis | |
zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden | |
Euro geplant. | |
Notwendig sind die Hilfen für die Lufthansa, weil die Corona-Pandemie mit | |
den folgenden Reisebeschränkungen die Geschäfte des Unternehmens mit | |
Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gebracht hat. In dem Konzern mit | |
rund 138 000 Beschäftigten stehen deswegen Zehntausende Arbeitsplätze auf | |
der Kippe. | |
30 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Geplante-Staatshilfe-fuer-Lufthansa/!5685063 | |
[2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 | |
[3] /Ryanair/!t5029987 | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Lufthansa | |
EU-Kommission | |
Lufthansa | |
Klimapaket | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Gesundheit | |
Corona Live-Ticker | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lufthansa in der Krise: Tausende Stellen auf der Kippe | |
Trotz des Milliardenkredits vom Staat will die Airline 22.000 Stellen | |
abbauen. Beschäftigte müssen sich auf herbe Einschnitte einstellen. | |
Österreich führt Pauschal-Ticket ein: Mit Bus und Bahn in die Zukunft | |
Österreich rettet mit viel Steuergeld die Fluglinie Austrian Airlines – und | |
verbindet den Schritt mit ökologischen Maßnahmen. | |
+++ Corona News vom 30. Mai +++: Italiener müssen zuhause urlauben | |
MeckPomm wirbt bei der Bevölkerung für Touristen. Vier spanische Inseln | |
lockern Beschränkungen. Die Nachrichten zum Coronavirus im Ticker. | |
Krankenhäuser in Berlin: Geld für Gesundheit statt Flieger | |
Das Bündnis für mehr Personal in Krankenhäusern fordert in Berlin einen | |
Corona-Krankenhaus-Pakt. Und wird dabei unterstützt von der Klimabewegung. | |
+++ Corona News am 27. Mai +++: Lufthansa stimmt Hilfspaket nicht zu | |
Aufsichtsrat der Lufthansa vertagt Hilfen wegen EU-Auflagen. Verdi wirft | |
Ryanair vor, Krise für Sozialdumping zu nutzen. Nachrichten zum Coronavirus | |
im Live-Ticker. | |
Geplante Staatshilfe für Lufthansa: Rettung ruft EU auf den Plan | |
Die EU kündigt eine genauere Prüfung beim Rettungsplan für die Lufthansa | |
an. Deutsche Politiker geben sich kampfbereit. |