# taz.de -- Im Interview: Pfarrerin Jasmin El-Manhy: „Ich bin ja eine Westber… | |
> Mit 14 wollte sie Muslimin sein. Mit 40 befasst sich Jasmin El-Manhy mit | |
> DDR-Geschichte und Kinder-Trauer – als Pfarrerin in Prenzlauer Berg. | |
Bild: Jasmin El-Manhy in der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg | |
taz: Frau El-Manhy, auf welcher Seite steht die Kirche im Prenzlauer Berg – | |
auf der Seite der Verdrängenden oder der Verdrängten? | |
Jasmin El-Manhy: Ich bin in einen bereits gentrifizierten Bezirk gekommen. | |
Aber hier wohnen auch noch Leute, die – vor allem durch die 1989er Zeit – | |
eine enge Verbindung zur Gethsemanekirche haben. Auf welcher Seite wir | |
stehen, ist, glaube ich, nicht die richtige Frage. | |
Ist die Frage zu politisch? | |
Wir sind eine Kirche. Ich frage die Leute nicht, woher sie kommen. Darüber | |
richte ich nicht. Egal in welcher sozialen Lage sich jemand befindet, gibt | |
es Nöte. Es gibt existentielle Nöte, die wir alle teilen. Dafür ist die | |
Kirche auch da. Dafür sind religiöse Rituale da. Dennoch sind wir eine | |
politische Gemeinde. | |
Sind Sie eine politische Pfarrerin? | |
Ich glaube, dass eine Gesellschaft sich nach den sogenannten Schwachen | |
ausrichten muss. Dass es nicht darum geht, die Starken zu stärken, damit | |
sie die Schwachen mittragen können. Sondern darum, Teilhabe zu bieten, um | |
soziale Gerechtigkeit herzustellen. | |
Was bedeutet das für eine Kirchengemeinde wie Ihre? | |
Jede Gemeinde muss aufpassen, dass es nicht darum geht, Leute zu versorgen, | |
sondern sie teilhaben zu lassen. Da können wir auch besser werden. | |
1989 wurde die Gethsemanekirche Zufluchtsort für Dissident*innen. Hier traf | |
sich eine der wenigen lesbischen Gruppen in der DDR. Was ist von diesem | |
Erbe geblieben? | |
Aktuell gibt es zum Beispiel die Gruppe „Wachet und Betet – Freiheit | |
jetzt“. Das sind Menschen, die die Tradition der Gebete von 89 – das waren | |
Gebete für zu Unrecht Inhaftierte – seit der Inhaftierung von Peter | |
Steudtner wieder aufgenommen haben. | |
Sie meinen den deutschen Menschenrechtsaktivisten, der 2017 in türkischer | |
Haft saß. | |
Ja, er ist Gemeindemitglied hier. Die Gruppe betet seit fast drei Jahren | |
jeden Abend für politisch Inhaftierte in der Türkei. Es gibt Menschen, die | |
dieses Engagement sehr positiv aufnehmen, und welche, die sich daran | |
stören. Ich finde es wichtig, dass es diesen Stachel gibt, dass es Menschen | |
in der Gemeinde gibt, die ein politisch waches Bewusstsein haben. | |
Es gibt auch Gemeindemitglieder, die sich am politischen Gebet stören? | |
Es ist immer wieder ein Ausbalancieren, was Platz hat. Da ist die | |
Kirchenmusik, die hier wahnsinnig wichtig ist und auf sehr hohem Niveau | |
stattfindet. Da ist die Frage, welche Jugendarbeit wir machen wollen. Da | |
sind natürlich auch die Familien mit Kindern, die hier den Kiez prägen. | |
Welche Bedürfnisse und Erwartungen erfüllen wir also als Gemeinde und wo | |
verweigern wir uns und wo werden wir politisch tatsächlich aktiv. Ich bin | |
zum Beispiel froh, dass wir in der Gemeinde Kirchenasyl gewähren. | |
Das klingt tatsächlich nach einem Balanceakt. | |
Das war keine leichte Entscheidung in der Gemeinde, weil das auch | |
juristische Konsequenzen haben kann – zumal das Kirchenasyl ja momentan | |
beschnitten wird. Zur Balancenummer gehört auch „Laib und Seele“, ein | |
diakonisches Engagement für Bedürftige. | |
Spielte die Geschichte eine Rolle dafür, dass Sie hier Pfarrerin wurden? | |
Nee, überhaupt nicht. (lacht) Ich bin ja eine Westberliner Göre. Ich weiß | |
gar nicht, ob ich vorher je in Prenzlauer Berg war. Ich habe mich auch | |
zunächst nicht beworben, ich wurde hierher geschickt. Ich kam von der | |
Kreuzberger Heilig-Kreuz-Gemeinde und war selbst sehr überrascht. Das eine | |
ist ja, dass wir mehr oder weniger zufällig der Ort sind, an dem sich 89 | |
die Leute getroffen haben. Das andere ist, dass wir dadurch eine | |
Verantwortung haben, diese Geschichte zu erzählen, ohne dass es einfach nur | |
Historie ist. | |
Was heißt das für Sie als „Westberliner Göre“? | |
Auch viele Leute, die 1989 nicht hier waren, ehren diesen Ort. Vor meinem | |
Vikariat habe ich ein Jahr in Wittenberg gearbeitet, als theologische | |
Assistentin am Zentrum für evangelische Predigtkultur. Dort hatte ich zum | |
ersten Mal wirklich zu tun mit der DDR-Kirche, also mit „Schwertern zu | |
Pflugscharen“ und so. Für mich war das ehrlich gesagt nicht sehr | |
energetisch. Das waren überwiegend alte Männer, die ihre Geschichten | |
erzählt haben. Manchmal kam man sich vor wie auf einem Klassentreffen. | |
Ein Klassentreffen, bei dem Sie als Jüngere fehl am Platz waren? | |
Genau. Einmal war ich mit christlichen Zeitzeug*innen bei der | |
Stasi-Aufarbeitungsstelle in Mitte eingeladen. Ich musste dann fragen, ob | |
denen klar ist, dass ich – 1980 geboren – überhaupt nicht folgen kann. Weil | |
ich ihre Codes nicht kenne. Ich habe an der Humboldt-Universität studiert | |
und weiß natürlich auch, was damals passiert ist. Aber die Frage ist ja: | |
Wie erreicht mich das emotional und wie kann ich mein eigenes politisches | |
Handeln reflektieren in dieser Geschichte? | |
Haben Sie für Ihre Arbeit hier eine Antwort gefunden? | |
Was mich schon sehr interessiert hat, war die Frage der Minderheit: Wie ist | |
das, in einem politischen System zu leben, in dem man tatsächlich eine | |
Minderheit vertritt? Das ist ja eine wichtige christliche Erfahrung, die | |
sich auch in den biblischen Texten spiegelt. Viele davon sind geschrieben | |
für eine Minderheit. Sie bekommen einen völlig anderen Sinn, wenn sie von | |
Texten der Minderheit zu Texten der Mehrheit werden. Dann können sie sich | |
auch gegen andere Minderheiten wenden. Das können wir ja heute sehen. Diese | |
Minderheitserfahrung ist etwas, das verlorengegangen ist in der Kirche. | |
In der Kirche der deutschen Einheit, meinen Sie? | |
Ja. Die Glaubwürdigkeit erlittener Repressalien zeichnet die DDR-Kirche | |
aus. Aber das Ganze kann heute auch sehr pathetisch wirken, und es sind | |
meist die gleichen Leute, die ihre Geschichte erzählen. Ich war im letzten | |
Jahr für die 30-Jahr-Feier am 9. Oktober in Gethsemane federführend und | |
habe mich dagegen entschieden, diesen Herren noch einmal die Bühne zu | |
geben. Ich wollte andere Stimmen hörbar machen. Es gibt ein Buch von | |
Zeitzeugenberichten aus unserer Gemeinde. Ich liebe diese Texte. Ich wollte | |
aber, dass sie von Schauspieler*innen gelesen werden, damit die Texte, die | |
Geschichte die Menschen direkt emotional ansprechen können. Und wir haben | |
Interviews gemacht, mit jungen Leuten, die heute politisch aktiv sind. Das | |
hat mir nicht nur Credits gebracht, obwohl die Kanzlerin kam. 1980 geboren | |
und im Westen aufgewachsen: Mir fehlt natürlich eine gewisse Credibility | |
für 89. Da hilft mir noch nicht mal mein Migrationshintergrund. | |
Apropos Hintergrund. Das Pfarramt ist Ihnen nicht in die Wiege gelegt | |
worden, richtig? | |
Ja. Mein Vater – er ist vor eineinhalb Jahren gestorben – war Ägypter und | |
Muslim, meine Mutter ist katholisch. Ich bin aufgewachsen mit einem „Koran | |
für Kinder“ und genauso war mir Weihnachten in der Kirche vertraut. Ich bin | |
mit beiden Religionen aufgewachsen, wir sollten irgendwann selbst | |
entscheiden, was wir daraus machen. Aber mein Vater hatte schlechtere | |
Karten, denn damals gab es nur diese klassischen Hinterhofmoscheen und die | |
Koranschule war samstags. Das war wahnsinnig viel Rezitation und ich fand | |
das langweilig. Irgendwann habe ich gesagt: Ich mach das jetzt nicht mehr. | |
Aber katholisch wollten Sie auch nicht werden? | |
Mein älterer Bruder war in der Grundschule in der katholischen | |
Religionsklasse. Ich habe übersprungen und weil man ihm nicht antun wollte, | |
dass ich, seine Klugscheißerschwester, in seine Klasse gehe, bin ich dann | |
in den evangelischen Religionsunterricht gekommen. Ich habe das geliebt. | |
Ich habe dort einen Ort gefunden, wo ich Fragen stellen durfte und der mich | |
denkerisch sehr angeregt hat. | |
Der „Koran für Kinder“ spielte dann keine Rolle mehr? | |
Ich hatte eine Zeit, in der ich gereist bin nach Ägypten. Dort war ich sehr | |
angetan davon, dass alle meine Cousins und Cousinen denselben Glauben | |
haben. Mit 14, 15 Jahren war das total anziehend für mich, weil das | |
plötzlich eine ganz klare Identität war. Ich hatte den Wunsch, auch | |
Muslimin zu sein, diesen Glauben auch zu haben. Zurück in Deutschland war | |
das sofort weg. Auch weil mich die Rolle der Frau beschäftigt hat. Und ich | |
hatte im Islam einfach kein gutes Vorbild. Ich hatte niemanden, der mir in | |
gleicher Weise Fragen beantworten konnte, wie ich das im | |
Religionsunterricht in der Schule erlebt hatte. Dann habe ich mich nach dem | |
Abitur taufen lassen. Pfarrerin zu werden war damals aber eine absurde | |
Vorstellung. Aber ich habe dann Theologie studiert. Ich hab das sehr | |
geliebt und finde nach wie vor, dass das ein großartiges Studium ist. Ich | |
kam von einem humanistischen Gymnasium, konnte Latein und Altgriechisch. | |
Ich habe dann Hebräisch gelernt. Das war für meinen Vater ein Skandal. | |
Warum? | |
Mein Vater war ein wirklicher Antisemit. Er war 1973 als Soldat im Krieg | |
gegen Israel und traumatisiert von diesem Krieg. Als ich anfing, Hebräisch | |
zu lernen, war das echt schwer für ihn zu ertragen. Zu der Zeit hat er | |
schon wieder in Ägypten gelebt, meine Eltern hatten sich getrennt. Am Ende | |
habe ich besser Hebräisch lesen können als Arabisch. Richtig schlimm war | |
es, als ich nach Israel gefahren bin. Er hat sich das dann so | |
zurechtgelegt, dass er meinte: Na ja, man muss auch seinen Feind kennen. | |
Wie wurde die Vorstellung, Pfarrerin zu werden, weniger absurd? | |
Ich dachte, ich mache was mit interreligiösem Dialog. Aber es gab viele | |
Kommiliton*innen, für die klar war, dass sie ins Pfarramt gehen. Und ich | |
habe meinen Mann kennengelernt, der auch als Erwachsener getauft wurde und | |
sich sehr für Theologie interessiert hat. Der fragte mich irgendwann: Hast | |
du eigentlich mal mit der Kirche gesprochen? Wissen die, dass es dich gibt? | |
Ich habe dann mal mit dem Ausbildungsleiter der Kirche gesprochen und das | |
war ein total gutes Gespräch. Der Grund für mein Zögern war eigentlich der | |
Eindruck, ich sei nicht fromm genug. Das Gefühl, die Lieder, die | |
theologische Szene nicht zu kennen. Ich hatte dann ein sehr schönes | |
Praktikum in Wannsee bei Pfarrer Michael Raddatz. Ich lernte: Ah, es geht | |
darum, über seinen Glauben zu sprechen. Und es geht um den Gottesdienst. | |
Ich wurde schließlich sehr willkommen geheißen in der evangelischen Kirche. | |
Ich habe da manchmal das Gefühl, den Exotinnen-Status zu haben, aber ich | |
glaube, ich habe auch einfach eine andere Sprache und bin damit ein guter | |
Türöffner, eine Brücke für Leute, denen es so ähnlich geht wie mir. | |
Sind Sie jetzt fromm genug? | |
Ich habe immer viel über Gott gesprochen, über das Religiöse. Aber aufgrund | |
der Erfahrungen in den Praktika, im Vikariat, habe ich einfach immer mehr | |
auf Jesus Christus geguckt. Weil ich menschliche Erfahrungen gemacht habe, | |
die sich in den neutestamentlichen Geschichten verbunden haben. Als | |
Konfirmanden mich mal danach fragten, musste ich zugeben, dass ich mit | |
Jesus Christus lange nichts anfangen konnte. Und doch ist es mir extrem | |
wichtig geworden. Ich bin da total angekommen. Ich bin sehr froh, dass wir | |
hier diesen netten Jesus vor der Kirche stehen haben, der immer so in den | |
Kiez grüßt. (lacht) Das ist für mich ein wohltuendes Bild, weil die | |
Barrieren oft so groß sind, in Gottesdienste zu gehen oder sich in der | |
Kirche zurechtzufinden. | |
Und Sie haben noch ein ganz eigenes Thema gefunden: die Trauerarbeit mit | |
Kindern. | |
Das hat sogar miteinander zu tun, glaube ich. Der Gottesdienst ist für mich | |
etwas, das dir das Gefühl gibt, dass du vor etwas stehst, das größer ist | |
und schöner als du selbst. Das dir klarmacht, wie endlich du bist. Das ist | |
Demut im positiven Sinn. Anzuerkennen, dass man vieles nicht in der Hand | |
hat. Gleichzeitig das Gefühl zu haben, dass wir als Menschen darin sehr | |
stark verbunden sind und dass das von Gott geliebt ist. Dieses Wissen, dass | |
wir sterben müssen, wird ja gesellschaftlich eher verdrängt. Ich glaube | |
nicht, dass man da ständig drüber nachdenken muss. Aber wenn man selber | |
einmal getrauert hat, lernt man einen Bereich seiner Seele kennen, den man | |
vorher noch gar nicht betreten hat. | |
Steckt darin auch persönliche Erfahrung? | |
Nach dem Tod meines Vaters habe ich gemerkt, dass ich gegenüber Menschen, | |
die auch jemanden verloren haben, viel mehr Empathie habe. Aber wir haben | |
dafür wenig Worte und wenig Rituale und auch eine große Scheu, das mit | |
anderen zu teilen, Schmerz zu teilen. Und auch den Druck, schnell wieder zu | |
funktionieren. Als ich hier im Kiez anfing, musste ich Kinder beerdigen und | |
Familienväter, die gestorben sind und Kinder zurückgelassen haben. Es gibt | |
hier auch viele Frauen, die sogenannte Fehlgeburten erlitten haben, und | |
Kinder, die am plötzlichen Kindstod sterben. Das ist ein großer Schmerz. | |
Ich hatte in den ersten zwei Jahren viel mehr Beerdigungen von Menschen, | |
die vor ihrer Zeit gestorben sind, als von alten Menschen. | |
Wie war das für Sie? | |
Es gibt hier dieses Bestattungsunternehmen lebensnah von Erik Wrede, der | |
sich auf individuelle Bestattungskultur spezialisiert hat. Der ist so alt | |
wie ich und sieht eigentlich nicht aus wie ein Bestatter. Er kommt aus der | |
Musikbranche und ist tätowiert. Erik und ich haben uns auf dem Friedhof | |
getroffen und ich so: Hä, du bist der Bestatter? Und er so: Hä, du bist die | |
Pfarrerin? (lacht) Wir haben viel darüber gesprochen, wie eine | |
traditionelle christliche Beerdigung sich verbinden lässt mit einer | |
individuellen Bestattungskultur. | |
Was zeichnet eine individuelle Bestattungskultur aus? | |
Bei Erik dürfen die Kinder zum Beispiel den Sarg bemalen und die Erde mit | |
ins Grab schaufeln. Und vor allem: Sie dürfen Fragen stellen. Wir waren | |
zusammen in Kitas und haben mit Kindern gesprochen. Und Erik meinte, ob wir | |
als Gemeinde nicht auch ein Ort sein könnten für trauernde Kinder. Denn es | |
gibt großen Bedarf und wenig Angebote. In Katharina Kreuschner von der | |
Stephanus Stiftung haben wir eine Partnerin für die Initiative Kindertrauer | |
gefunden. Es hat sich alles wunderbar ergänzt. | |
Wie sieht die Arbeit aus? | |
Es gibt zwei Gruppen mit je etwa acht Kindern, die sich einmal im Monat | |
treffen. Parallel dazu treffen sich die Eltern. Ich leite eine | |
Elterngruppe, und wir haben ausgebildete Trauerbegleiter*innen, die die | |
Gruppen leiten. | |
Dieses Angebot geht über die Gemeinde hinaus | |
Ja, auf jeden Fall. Gerade jetzt in der Coronazeit ist das ja auch krass. | |
Leute sterben. Man kann das nicht einfach ignorieren. Wir müssen einen | |
Umgang damit finden. Es gibt ja keinen, der ohne Trauer durchs Leben geht. | |
Wie finden Kinder einen Umgang mit Tod und Trauer? | |
Zuerst ist oft eine Scheu da, doch dann tut es ihnen meist gut zu sehen, | |
dass sie nicht der einzige Mensch auf der Welt sind, der jetzt keinen Papa | |
oder keine Mutter mehr hat. Da gibt’s andere Kinder und ich kann darüber | |
reden, wenn ich will. Oder wir zünden eine Kerze an und erinnern uns | |
gemeinsam an die verlorene Person. Und wenn nicht, dann spielen wir einfach | |
zusammen. Mehr ist es nicht. Und es ist auch ein Ort, an dem sie lernen, | |
was ihnen guttut. Das wissen viele Erwachsene ja auch nicht, was ihnen | |
guttut, wenn sie Gefühle von Verlust oder Angst haben. | |
Einerseits das politische Engagement, dann diese symbolträchtige Kirche. | |
Zur von Ihnen organisierten Gedenkfeier kam die Kanzlerin. Auf der anderen | |
Seite machen Sie diese extrem intime Arbeit. Wie geht das für Sie zusammen? | |
Mal so, mal so. Das Geschenk, das die Trauerarbeit mit sich bringt, sind | |
die wertvollen Gespräche. Die Menschen schenken mir aufgrund meines Amtes | |
ihr Vertrauen. Ich brauche das auch, ich brauche eine gewisse | |
Durchlässigkeit. Zum Beispiel laufe ich in Vorbereitung einer Predigt durch | |
den Kiez und denke über den Bibeltext nach, der am Sonntag an der Reihe | |
ist. Das alles verbindet sich in mir und dann lasse ich das in der Predigt | |
raus. Das muss mich auch berühren können. Das ist etwas anderes als so ein | |
formales Event wie die Gedenkfeier. Das ist protokollarisch, da gucken | |
viele Leute drauf, aber das ist nichts, was ich mitnehme in eine Predigt | |
als etwas, das Verbindungen herstellt zu anderen Menschen. | |
7 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
## TAGS | |
Lesestück Interview | |
Evangelische Kirche | |
Prenzlauer Berg | |
Kirche | |
Feminismus | |
30 Jahre friedliche Revolution | |
Sommer vorm Balkon | |
Migration | |
Mauer | |
Abschiebung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Feminismus in der DDR: Eingaben auf Augenhöhe | |
Eine Ausstellung in der Gethsemanekirche erinnert an die | |
DDR-Frauenbewegung. „Gemeinsam sind wir unerträglich“ stellt Initiativen | |
und Orte vor. | |
Underground-Kunstszene im DDR-Erfurt: Es kribbelt unter den Akten | |
Ein Buch der Künstlerin Gabriele Stötzer zeigt, wie eine Subkultur in | |
Erfurt zu DDR-Zeiten zwischen Selbstermächtigung und Repression stand. | |
taz-Sommerserie „Sommer vorm Balkon“: Ruhe sanft vom Lärm der Stadt | |
Berlins Friedhöfe sind grün und einsam. Im achten Teil der taz-Sommerserie | |
stellt unsere Autorin eine Auswahl ihrer liebsten (Aus-)Ruhestätten vor. | |
Arabischstämmiger Senior-Aktivist: „Ich dachte: Berlin ist meine Stadt“ | |
Hamzeh Mudallal kam in den 1960er Jahren nach Berlin. Heute kämpft der | |
80-Jährige für die Bedürfnisse migrantischer Senior*innen. | |
Mauerfall-Gedenken im Kiez: Die Gethsemanekirche flimmert | |
In Prenzlauer Berg werden die Anwohner qua Videoprojektion en passant und | |
mitten in ihrem Alltag vom Mauerfall eingeholt. | |
35 Jahre Kirchenasyl: Die Angst ist geblieben | |
Kemal Altuns Sprung aus dem Fenster des Verwaltungsgerichts begründete das | |
Kirchenasyl. Damals war mehr Solidarität, sagen Flüchtlingsinitiativen. |