# taz.de -- Erinnerung an ermordete Sinti und Roma: Mit dem Mahnmal respektvoll… | |
> Organisationen von Rom*nja und Sinti*zze fordern einen respektvollen | |
> Umgang mit ihrem Mahnmal. Am Samstag wird gegen eine S-Bahn-Trasse | |
> protestiert. | |
Bild: Die Gedenkstätte für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Ro… | |
BERLIN taz | Es stimmt hoffnungsvoll, wie viele Menschen im Zuge der | |
Black-Lives-Matter-Bewegung bereit sind, über Rassismus zu sprechen – es | |
scheint fast wie ein klitzekleiner Anfang von dessen Ende, dass so viele | |
nun ihre eigene Position reflektieren und dass viele etwas über | |
rassistische Strukturen hierzulande vermitteln oder lernen wollen. | |
Lernen ließe sich auch einiges über Antiziganismus, über eine spezifische | |
Form des Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze. Etwa bei einer Kundgebung | |
und Demonstration von mehreren Selbstorganisationen am Samstag in der Nähe | |
des Reichtstagsgebäudes. | |
Dort befindet sich, etwas versteckt, das Mahnmal für die ermordeten Sinti | |
und Roma Europas. Die Nazis hatten Hunderttausende der Minderheit verfolgt | |
und ermordet, ein Genozid, genannt Porajmos, der in den Schulbüchern | |
höchstens in wenigen Sätzen vorkommt und auch sonst meist unerwähnt bleibt. | |
Erst seit 2012 erinnert das Mahnmal an diese Verbrechen, und nun, nur | |
wenige Jahre später, ist es an diesem Standort bedroht – denn die S-Bahn | |
plant hier eine [1][neue Trasse, die möglicherweise direkt am Mahnmal | |
entlangschrammt]. | |
Das Mahnmal soll daher temporär komplett entfernt, abgebaut, teilweise | |
abgebaut oder teilweise gesperrt werden. Sicher ist das alles noch nicht – | |
dass es überhaupt denkbar ist und so in Plänen von Bahn und Bundestag | |
auftaucht, macht die Selbstorganisationen wütend. | |
Diese zeigen sich erschüttert, dass Deutsche Bahn und Bundestag „keinerlei | |
Idee von der kollektiven Bedeutung und gesellschaftlichen Symbolik des | |
Ortes“ haben: „Erst seit acht Jahren gibt es mit dem Mahnmal/Denkmal ein | |
sichtbares Eingeständnis von Schuld, Verantwortung und der Mahnung. | |
Deutsche Politik und Gesellschaft hat beschämend lange gebraucht, um den | |
rassistischen Genozid an den Rom*nja und Sinte*ze Europas anzuerkennen. | |
## Gedenkort „unberührt“ belassen | |
Diese Genugtuung kam für viele der Überlebenden zu spät“, heißt es im | |
Demo-Aufruf, den auch das feministische RomaniPhen-Archiv und das Rroma | |
Informationszentrum unterzeichnet haben. Sie wenden sich nun an das Land | |
Berlin, um das Bauvorhaben noch zu stoppen. „Das Mahnmal in seiner jetzigen | |
Gestaltung bleibt! Wir fordern eine Lösung, die unseren Gedenkort unberührt | |
lässt!“ schreiben sie. Statt Abbau sollte der Gedenkort weiter ausgebaut | |
werden – mit einer Informationsstelle und Begleitprogramm soll mehr über | |
den Pojramos vermittelt werden. | |
Und das scheint dringend nötig: denn auch wenn viel Kraft und Wut aus dem | |
Aufruf zur Kundgebung herauszuhören ist, so schwingt auch die Enttäuschung | |
mit, dass sie selbst es sind, die dazu aufrufen und dagegen auf die Straße | |
gehen müssen. Wo wir das Erinnern und Mahnen doch eigentlich als gemeinsame | |
gesellschaftliche Aufgabe begreifen sollten. | |
Die Kundgebung beginnt am Samstag, dem 13. Juni, um 15 Uhr an der | |
Scheidemannstraße vor dem Reichstagsgebäude und zieht dann weiter zur | |
Konzernzentrale der deutschen Bahn am Potsdamer Platz. Die Veranstaltung | |
mit zahlreichen Video-Beiträgen auch von Überlebenden wird unter | |
[2][twitch.tv/savespacecologne] auch gestreamt. | |
12 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.change.org/p/deutsche-bahn-ag-das-mahnmal-der-ermordeten-sinti-… | |
[2] https://www.twitch.tv/savespacecologne | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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