# taz.de -- Konflikt um Sinti-und-Roma-Mahnmal: Ein doppelter Schlenker | |
> Die künftige S21 gefährdet das Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma. | |
> Bei Gesprächen sind sich die Beteiligten nun offenbar nähergekommen. | |
Bild: Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma (Detail) | |
Die Chancen steigen, dass der Bau der [1][City-S-Bahn S21] das Denkmal für | |
die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten doch | |
nicht beeinträchtigt. Bei einer Gesprächsrunde, die schon am vergangenen | |
Freitag stattfand, haben alle Beteiligten vereinbart, eine entsprechende | |
Lösung zu finden. Die könnte darin bestehen, dass entgegen dem aktuellem | |
Planungsstand doch beide S-Bahn-Tunnelröhren einen östlichen Schlenker um | |
das Reichstagsgebäude machen. Das Mahnmal wäre somit nicht tangiert. Dass | |
das bereits entschieden ist, wie am Dienstag teilweise berichtet wurde, | |
trifft dagegen nicht zu. | |
Bei dem Gespräch, zu dem Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) | |
eingeladen hatte, saßen der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, die | |
Bundestagsverwaltung und die Deutsche Bahn AG am Tisch, vertreten waren | |
außerdem die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, der Bezirk | |
Mitte und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ein | |
„intensives und konstruktives Gespräch“ sei es gewesen, sagte Günthers | |
Sprecher Jan Thomsen der taz. | |
Die Beteiligten hätten sich darauf geeinigt, „dass noch einmal genau | |
überprüft wird, welche Implikationen die wichtigsten technisch möglichen | |
Varianten einer Trassenführung haben – und wie die jeweils auftauchenden | |
Probleme überwunden werden können“. Ziel sei es, „die Lösung zu finden, … | |
das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma | |
Europas maximal schützt“. | |
Wie diese Suche ausgeht, wird sich erst nach der Sommerpause des Bundestags | |
zeigen. Dann werden sich die Baukommission und wohl auch der Ältestenrat | |
mit der Angelegenheit befassen, die seit Ende Mai für [2][Aufregung unter | |
Sinti und Roma] sorgt. Damals war einer größeren Öffentlichkeit bekannt | |
geworden, dass die aktuell bevorzugte Planungsvariante des 2. Bauabschnitts | |
zwischen Hauptbahnhof und Potsdamer Platz, die eine unterirdische Umfahrung | |
des Reichstagsgebäudes von beiden Seiten vorsieht, das Denkmal in | |
Mitleidenschaft ziehen würde. Von einer temporären Verlegung war ebenso die | |
Rede wie von einer Teilsperrung. | |
Für die Familien der Opfer sei dieser Eingriff nicht akzeptabel, schrieben | |
Zentralrat und Denkmal-Stiftung damals in einem gemeinsamen Brief an den | |
Bahnvorstand. Mitte Juni protestierten dann bereits mehr als 500 Menschen | |
mit einer [3][Kundgebung vor dem Mahnmal] und einem Demozug zur | |
DB-Konzernzentrale am Potsdamer Platz gegen die geplante | |
S-Bahn-Trassenführung. | |
Der hochbetagte israelische Künstler Dani Karavan, der das Denkmal | |
entworfen hat, kündigte seinerseits an, er werde es notfalls „mit seinem | |
Körper schützen“. Der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Berli… | |
Alexander Kaczmarek, beteuerte daraufhin, sein Unternehmen wisse „um die | |
herausragende Bedeutung des Denkmals“ und er sei zuversichtlich, dass man | |
„zu einer guten Lösung kommen“ werde. | |
## Zurück zum ursprünglichen Vorschlag | |
Nach bislang zwei von Senatorin Günther einberufenen Runden – die erste | |
fand bereits Anfang Juni statt – liegt nun wieder der ursprüngliche | |
Vorschlag der DB auf dem Tisch: Er sah vor, beide S-Bahn-Gleise zwischen | |
Reichstagsgebäude und Parlamentarischer Gesellschaft, also in östlicher | |
Umfahrung, zum Brandenburger Tor und weiter zum Potsdamer Platz zu führen. | |
Die Baukommission des Bundestags hatte das aus Sicherheitsbedenken | |
abgelehnt: Die Doppel-Tunnelröhre komme dem Parlamentsgebäude zu nahe. | |
Herbert Heuß vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma betont, die | |
Beteiligten befänden sich mittlerweile in einem „sehr ernsthaften und guten | |
Gespräch“. Es sei bei „allen angekommen, dass das einvernehmlich gelöst | |
werden muss“. Einen neuen Sachstand gebe es aber noch nicht. Sollte die | |
doppelte Ostumfahrung gewählt werden, „gäbe es von unserer Seite keinen | |
weiteren Diskussionsbedarf. Wenn nicht, muss das Gespräch fortgesetzt | |
werden“, sagt Heuß. | |
Noch ist genug Zeit, um zu diskutieren: Das Planfeststellungsverfahren für | |
den 2. Bauabschnitt wird frühestens im kommenden Jahr eingeleitet. | |
1 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/berlin-s21 | |
[2] /Roma-Mahnmal-in-Gefahr/!5684351 | |
[3] /Mahnmal-fuer-ermordete-Sinti-und-Roma/!5689497 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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