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# taz.de -- S-Bahn-Neubau tangiert Mahnmal: „Nicht gerade sensibel“
> Der Chef der Bundestags-Baukommission kritisiert den Berliner Senat und
> die Bahn: Sie hätten die Bedürfnisse der Sinti und Roma nicht ernst
> genommen.
Bild: Eingang zum Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten
Berlin taz | Im Konflikt um die Trasse der künftigen S21 unter dem
Tiergarten, deren Bau das Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten
Sinti und Roma beeinträchtigen könnte, knirscht es nun vernehmbar –
zwischen dem Deutschen Bundestag auf der einen und dem Land Berlin sowie
der Bahn AG auf der anderen Seite. Der Vorsitzende der Bau- und
Raumkommission des Bundestags-Ältestenrates, Wolfgang Kubicki (FDP), warf
Senat und DB am Freitag mangelnde Sensibilität und fehlende Voraussicht
vor.
[1][Die S21 soll gegen Ende der 2020er Jahre eine zweite
Nord-Süd-Verbindung in Berlins Mitte schaffen], die endlich auch den
Hauptbahnhof anschließt. Dabei würde das Reichstagsgebäude von zwei
Tunnelröhren östlich und westlich umfahren. Die knapp an dessen Fundamenten
vorbeiführende Wunschtrasse der Bahn AG wurde jedoch von der
Bundestagsverwaltung abgelehnt, weil sie um die Stabilität des historischen
Wallot-Baus fürchtet. Im Januar dann einigten sich die DB, das Land Berlin
und die Baukommission auf eine Kompromissvariante – die aber berührte nun
das Denkmal.
„Dass auch mit Vertreterinnen und Vertretern der Sinti und Roma mit Blick
auf das Denkmal zu sprechen sei, darauf habe ich die Deutsche Bahn damals
ausdrücklich hingewiesen“, sagte Kubicki am Freitag: „Es hieß von der Bah…
man habe mit allen Beteiligten ein Einvernehmen erzielt.“
Dass dem nicht so war, zeigte sich Ende Mai: Da schlug der Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma Alarm. E[2][s kam in der Folge zu
Demonstrationen], und der israelische Künstler Dani Karavan, der das
Mahnmal entworfen hat, kündigte an, er werde sich dort notfalls anketten,
wenn es auch nur in Teilen einer Baugrube weichen müsse.
Mittlerweile hat es auf Einladung von Berlins Verkehrssenatorin Regine
Günther (Grüne) zwei große Videokonferenzen gegeben, an denen auch
Vertreter des Zentralrats beteiligt waren. Bei der letzten Ende Juni sei,
so Wolfgang Kubicki, von der Bahn unter anderem der Vorschlag gekommen,
„man könne ja am Bauzaun, der das Denkmal tangieren würde, Informationen
über das Denkmal anbringen. Das ist nicht gerade sensibel.“ Im Übrigen
finde er „suboptimal, was durch das Land Berlin als Besteller und die
Deutsche Bahn als ausführendes Unternehmen an Kommunikation erfolgt ist“.
## Nicht sein Problem
Kubicki zufolge betonen alle Fraktionen in der Baukommission „einmütig“ die
Notwendigkeit, für den Schutz des Denkmals zu sorgen. Allerdings sei es
„nicht Aufgabe des Bundestags, Alternativvorschläge zu erarbeiten. Das ist
allein das Problem des Landes und der Bahn.“
Ein kniffliges Problem, denn die Kommission bleibt bei ihrem Veto gegen
jede zu große Annäherung an die Reichstagsfundamente. Und auch die jüngste
Variante, die die DB an diesem Mittwoch hervorzauberte, findet keine Gnade:
Dabei kehrt die Bahn zu der schon verworfenen Idee zurück, beide
Tunnelröhren östlich des Reichstags entlangzuführen.
Das ließe sich technisch nur mit einer gewaltigen Baugrube auf dem
Friedrich-Ebert-Platz bewerkstelligen, für die die Dorotheenstraße
jahrelang unterbrochen werden müsste – aber sogar der Schiffsverkehr auf
der Spree würde in Mitleidenschaft gezogen. Diese sogenannte Variante 13
habe „bei manchen Kolleginnen und Kollegen Reaktionen zwischen Verwunderung
und Verzweiflung hervorgerufen“, sagte Kubicki. Sein Fazit: Geht gar nicht.
## Kompromiss in Reichweite?
Laut einem Bericht des Tagesspiegels soll es allerdings beim Zentralrat
Deutscher Sinti und Roma „Überlegungen“ geben, dass man für die Zeit der
Bauarbeiten einen anderen Gedenkort akzeptieren könne, wenn der Schutz der
zentralen Wasserschale gewährleistet sei. Offiziell ist das nicht, außerdem
haben bereits andere Roma- und UntertstützerInnen-Organisationen
unmissverständlich geäußert, dass sie keine Beeinträchtigung des Mahnmals
akzeptieren werden.
Verkehrssenatorin Günther will Kubickis Kritik übrigens so nicht stehen
lassen: „Als klar war, wie stark die vorläufig favorisierten Varianten dann
doch das Denkmal beeinträchtigen würden, haben wir sehr schnell einen
Prozess aufgesetzt“, sagte sie am Freitag der taz.
Darin sollten die Beteiligten „noch einmal neu die unterschiedlichen
Trassenverläufe betrachten und bewerten – um zu einer Lösung zu kommen, die
einen maximalen Schutz für das Denkmal garantiert.“ Die Gespräche dazu
verliefen „in einer äußerst konstruktiven und lösungsorientierten
Atmosphäre“, so Günther. Mit Wolfgang Kubicki hat sie vermutlich noch nicht
gesprochen.
3 Jul 2020
## LINKS
[1] https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/berlin-s21
[2] /Mahnmal-fuer-ermordete-Sinti-und-Roma/!5689497&s=schleiermacher+mahnma…
## AUTOREN
Claudius Prößer
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Deutsche Bahn
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