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# taz.de -- Die Fashion Week verlässt Berlin: Das kulturelle Kapital schmilzt …
> Die Fashion Week verlässt Berlin in Richtung Frankfurt/Main. Damit geht
> auch ein Wirtschaftsfaktor. Die Hauptstadt muss sich etwas einfallen
> lassen.
Bild: Das war die letzte in Berlin: Model auf der Fashion Week im Januar
Ganz lapidar ging die Meldung am Montag um halb elf über den Ticker: „Die
bislang in Berlin angesiedelte Messe Fashion Week zieht im Jahr 2021 nach
Frankfurt um. Das gab der Veranstalter Premium Group am Montag bekannt.“
Wenig später meldete sich der Oberbürgermeister von Frankfurt, Peter
Feldmann (SPD), der natürlich begeistert war, genauso wie der hessische
Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne). Aus Berlin war nichts zu hören.
Auch zwei Stunden später nicht. Anzunehmen, dass der Regierende
Bürgermeister und die Senatskanzlei böse überrascht wurden.
Im Moment hagelt es nur so Absagen an Berlin. Die Kunstmesse ist weg, die
Kunstsammler gehen weg. Und nun verliert die Stadt auch noch die Fashion
Week. Etwas Neues wurde auch nicht an Land gezogen, und sei es nur die
Automesse, die bekanntlich wiederum Frankfurt verlässt.
Mit diesem Weggang hängt selbstverständlich der aus Berlin zusammen.
Frankfurt muss nach Ersatz für die Automesse suchen. Ob die Modemesse dafür
taugt? Zwar wird die Bedeutung der Automobilindustrie für Deutschland
regelmäßig überschätzt. Doch die Textilbranche, weltweit beim Umsatz der
Autoindustrie weit überlegen, hat ihre eigenen Probleme. Deshalb war die
2007 gegründete Fashion Week, der es nie gelang, die ganz großen Modemarken
nach Berlin zu holen, schon seit Längerem in der Krise. Aber mit Neonyt,
der Plattform für Innovation und Nachhaltigkeit in der Mode, haben sie in
diesem Zukunftsbereich durchaus einen Punkt gesetzt.
## Der Modemarkt hat sich radikal verändert
Dass die Ursache beim speziellen [1][Messestandort Berlin] läge, trifft
den Kern der Probleme nicht wirklich. Denn der Modemarkt hat sich insgesamt
radikal verändert. Hier boomt der Onlinehandel, immer mehr Läden schließen,
weswegen immer weniger Einkäufer zu den Messen kommen. Damit muss nun auch
Frankfurt rechnen, wobei das Messewesen ganz allgemein schwächelt und
selbst traditionsreiche Messestandorte wie etwa Basel für Kunst und
Luxusuhren derzeit auf der Verliererstraße sind.
Trotzdem, das kulturelle Kapital der Hauptstadt schmilzt ab. Denn
gleichgültig wie gut die Fashion Week lief, sie war ein Wirtschaftsfaktor.
Ihre modebewussten und -interessierten Besucher ließen an zwei Terminen im
Januar und im Juli 240 Millionen Euro in der Stadt. Sie werden den neuen
und jungen Designern fehlen, die bislang vor allem in Berlin arbeiten und
leben. Nicht nur finanziell, sondern auch – und wahrscheinlich sogar ganz
besonders – intellektuell. Denn die Mode braucht ja ihre lebendige
Vergegenwärtigung und den Diskurs genauso wie den institutionellen
Rückhalt.
Und hier ist es nun wirklich bitter, dass ausgerechnet die in Berlin immer
erfolgreicher auftretende Plattform Neonyt ursprünglich eine Frankfurter
Erfindung ist – und nun auch wieder dorthin zurückgeht. Neonyt hätte ein
Anker sein können für Berlin, um sich mit neuen ökologischen Formaten,
analog dem [2][Gallery Weekend des Kunstbetriebs], als Stadt der
nachhaltigen Mode erfolgreich zu etablieren. Berlin wird sich echt was
einfallen lassen müssen.
8 Jun 2020
## LINKS
[1] /Tourismusmesse-ITB-in-Berlin/!5579202
[2] /Galerien-nach-der-Wiedereroeffnung/!5681229
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
Mode
Nachhaltigkeit
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