| # taz.de -- Stellungnahme zu Corona-Folgen: Solidarität für alle! | |
| > Wissenschaftler*innen sehen die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung mit | |
| > Sorge. Sie fordern mehr Unterstützung für gefährdete Gruppen. | |
| Bild: Pflegekräfte: mehrfach von der Pandemie betroffen, nicht in politische E… | |
| Berlin taz | Zahlreiche Wissenschaftler*innen warnen davor, dass die | |
| Corona-Pandemie gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse verstärkt und | |
| soziale Spaltungen vergrößert. Das geht aus einer [1][„Stellungnahme zur | |
| Corona-Pandemie und ihren Folgen“] hervor, die am Dienstag in Berlin | |
| veröffentlicht wurde. Maßgeblich beteiligt sind Professor*innen der | |
| Berliner Alice Salomon Hochschule (ASH). Ohne den Sinn der bisherigen | |
| Maßnahmen anzuzweifeln, sehen die Autor*innen einige Auswirkungen der | |
| Pandemiebekämpfung mit Sorge. | |
| Dazu gehören ein „wiedererstarkendes territoriales Denken und erneute | |
| Grenzziehungen“. Zudem weisen sie darauf hin, dass „Menschen über | |
| unterschiedliche Ressourcen zur Kompensation von Krisen- und | |
| Konfliktsituationen“ verfügen. Ohne Unterstützung könne es zu „Zuspitzung | |
| und langfristigen Manifestation von Problemlagen und zu gefährdenden | |
| Situationen kommen“. Um diesen zu begegnen, reichten virtuelle Angebote | |
| nicht aus – es brauche zudem persönliche Begegnungen und | |
| zwischenmenschliche Zuwendung. | |
| Die Pandemie biete aber auch eine Chance, den gesellschaftspolitischen | |
| Umbruch zu nutzen und langfristig und nachhaltig für Verbesserungen | |
| einzutreten. Dafür sei es wichtig, „partizipative Strategien zu | |
| entwickeln“, die außer der Prävention von Covid-19 auch „die Gesundheit, | |
| Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit der gesamten Bevölkerung sowie | |
| wachsende (welt-)gesellschaftliche Ungleichheitsfolgen berücksichtigen“. | |
| Der Appell der Autor*innen: Anstatt die Bedürfnisse der Lautesten nach | |
| Öffnung zu befriedigen, sollten die Bedarfe der am meisten gefährdeten | |
| Gruppen in den Fokus genommen werden, die einem hohen Ansteckungs- und | |
| Armutsrisiko ausgesetzt sind. Dazu gehörten die Nutzer*innen der sozialen | |
| Hilfesysteme oder die Beschäftigten im Sozial-, Gesundheits- und | |
| Bildungswesen. Sie sind doppelt betroffen, werden bisher aber nicht an den | |
| gesundheits- und sozialpolitischen Entscheidungen beteiligt. | |
| Soziale Spaltung nicht weiter vertiefen | |
| Die „Zivilgesellschaft und Selbstvertretungen müssen bei der Gestaltung von | |
| Präventionsmaßnahmen stärker einbezogen werden“, fordert Dr. Gesine Bär, | |
| Professorin für „Partizipative Ansätze“, außerdem müssten „die Lasten… | |
| aktuellen Krise“ solidarischer verteilt werden, betont sie, „damit sich | |
| soziale Spaltungen nicht vertiefen“. Statt für eine „partikulare | |
| Solidarität“, die nur die Bedürfnisse der eigenen Klientel oder der eigenen | |
| Bevölkerung im Blick habe, plädieren die Autor*innen für eine „unteilbare | |
| Solidarität“. | |
| Damit richtet sich die Stellungnahme auch gegen Missstände, die es bereits | |
| vor der Pandemie gab, wie die [2][schlechte Bezahlung von Pflegekräften], | |
| die strukturelle Benachteiligung von Frauen oder die chronische | |
| Unterfinanzierung der Hochschulen. | |
| Dr. Anja Voss, Professorin für Gesundheit und Bewegung an der ASH, mahnt | |
| an, dass es neben einer verbreiteten „Rhetorik der Aufwertung“ für | |
| Menschen, die in den systemrelevanten Bereichen wie Kitas oder in der | |
| Pflege arbeiten, auch eine reale, finanzielle Anerkennung brauche. Die | |
| öffentliche Infrastruktur müsse Familien und insbesondere Kinder | |
| „angemessen auffangen und unterstützen“. | |
| Unter den Hashtags #CoronaEltern und #CoronaElternRechnenAb hatten in den | |
| vergangenen Tagen vor allem Mütter in den sozialen Medien ihrem Unmut | |
| darüber Luft gemacht, von der Politik hauptsächlich mit Lobesworten bedacht | |
| worden zu sein, aber [3][keine spürbaren Entlastungen] oder finanzielle | |
| Hilfen erfahren zu haben. Die partiellen Öffnungen von Kitas und Schulen | |
| waren von vielen als Hohn empfunden worden, da diese keine reale zeitliche | |
| Entlastung böten, aber die gesundheitlichen Sorgen erhöhten. | |
| Die Stellungnahme kann noch mitgezeichnet und unterstützt werden. | |
| 19 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ash-berlin.eu/hochschule/presse-und-newsroom/news/news/sage-wis… | |
| [2] /Systemrelevante-Jobs-in-Coronakrise/!5670828 | |
| [3] /Gruene-Politikerin-ueber-Kita-Schliessungen/!5676832 | |
| ## AUTOREN | |
| Kirsten Achtelik | |
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