| # taz.de -- Der Fake-Test: Wie Sie Online-Fälschungen erkennen | |
| > Manche Menschen belegen ihre fragwürdigen Aussagen im Internet mit | |
| > Quellen. Aber sind die auch echt? | |
| Bild: Attila Hildmann führte Müdigkeitsanfälle auf angebliches Beruhigungsmi… | |
| Am 9. Mai machte der Lebensmittelunternehmer und Verschwörungsideologe | |
| [1][Attila Hildmann] in seinem Telegram-Channel eine brisante Mitteilung. | |
| Er habe seit zwei Tagen „EXTREME Müdigkeitsanfälle“, schreibt er, „mir | |
| fallen sofort die augen zu, arme und Beine fühlen sich bei mir auch leicht | |
| betäubt an!“ (Schreibweise wie im Original). Erklärung dafür sei: Es würd… | |
| Beruhigungsmittel ins Trinkwasser gemischt. Diese Info einer | |
| Wasserwerksmitarbeiterin habe er vor Wochen gelesen. | |
| Dass Hildmann das so gepostet hat, lässt sich schnell überprüfen: Sein | |
| Telegram-Kanal ist auf seiner Facebook-Seite verlinkt und diese ist mit dem | |
| blauen Hakensymbol verifiziert, es ist also wirklich seine. Aber was hat es | |
| mit der Wasserwerksinformation auf sich? | |
| Wer danach sucht, findet online viele Menschen, die sie verbreitet haben. | |
| „... auch eine Möglichkeit Menschen umzubringen“, schreibt etwa eine Frau | |
| auf Facebook, „Beruhigungsmittel etc. ins Trinkwasser mischen“. Ein | |
| Twitter-Nutzer gibt an, er habe den Beleg per WhatsApp bekommen und postet | |
| eine abfotografierte Zeitungsmeldung, angeblich aus der Welt. | |
| Da zwar jeder das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene | |
| Fakten hat, machen wir den Fake-Test. Ist diese Meldung echt oder | |
| gefälscht? Das Gute vorneweg: Alle können diese Frage schnell und einfach | |
| beantworten. Die Überlegungen lassen sich dann leicht auf andere Fälle | |
| übertragen. | |
| Ob die Trinkwassermeldung inhaltlich plausibel ist, sei einmal hinten | |
| angestellt; für einige Rezipient*innen ist sie das offenbar. Aktuell kann | |
| sie jedenfalls nicht sein, denn eine „große Konferenz“, wie darin erwähnt, | |
| hat es seit Beginn der Beschränkungen aufgrund der Coronapandemie mit | |
| Sicherheit nicht gegeben. | |
| Es lässt sich aus rein formalen Gründen belegen, dass es sich um eine | |
| Fälschung handelt: | |
| – Es gibt gar keinen solchen Artikel im Welt-Archiv. Sie können auf der | |
| Seite [2][welt.de] suchen, bei Google (site:welt.de in den Suchschlitz | |
| eingeben) und zur Sicherheit auch noch ein Pressearchiv wie [3][genios.de] | |
| zu Rate ziehen. Sie werden diese Meldung nicht finden. Aber da könnte der | |
| Text ja auch nachträglich entfernt worden sein, also machen wir weiter. | |
| – Die Überschrift „Sicheres Vermögen“ passt gar nicht zum Inhalt der | |
| Meldung. Es scheint hier die Fake-Meldung nachträglich eingefügt worden | |
| sein. | |
| – Das Wort „groß“ ist fälschlicherweise mehrfach mit Doppel-s geschrieb… | |
| das würde in einem Welt-Artikel nicht passieren. | |
| – Fortgeschrittenen Zeitungsleser*innen dürfte auffallen, dass der | |
| Schreibstil nicht dem einer Tageszeitung entspricht. Allein den Satz „… | |
| berichtete bei einer vertraulichen Plauscherei (…) unvorsichtigerweise | |
| hinter vorgehaltener Hand“ würde kaum jemand in einer Redaktion durchgehen | |
| lassen. | |
| Vielleicht ahnten Sie von Anfang an, dass die Meldung Quatsch sein muss. | |
| Jetzt haben Sie auch das Werkzeug an der Hand, mit dem Sie das belegen | |
| können – falls Sie mal wieder einen Screenshot bei WhatsApp zugeschickt | |
| bekommen. | |
| 23 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Koepfe-der-Corona-Relativierer/!5681132/ | |
| [2] http://welt.de | |
| [3] http://genios.de | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Erb | |
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