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# taz.de -- Sexismus in der Coronapandemie: Die Krise als Ausflucht
> Frauenverbände beklagen, Corona verstärke Ungerechtigkeiten zwischen den
> Geschlechtern. Die Pandemie bedrohe erreichte Fortschritte.
Bild: Weltweit sind 75 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen Frauen
Berlin taz | Das global aktive Netzwerk Women in Global Health und
zahlreiche deutsche Frauenverbände haben eine aktive Gleichstellungspolitik
innerhalb der [1][Coronapandemie] gefordert. 17 deutsche Frauenverbände
wandten sich mit diesem Anliegen direkt an die Bundesregierung, unter ihnen
der Deutsche Frauenrat, der Deutsche Juristinnenbund und der Deutsche
Landfrauenverband. Die Deutsche Sektion von Women in Global Health (WGH)
äußerte sich separat in einer schriftlichen Erklärung.
Weltweit seien 75 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen Frauen,
aber nur 25 Prozent von ihnen in Führungspositionen vertreten, schreibt das
Netzwerk darin.
Durch die Jobs im Gesundheitsbereich seien Frauen verstärkt
Infektionsgefahren ausgesetzt, aber schon Schutzanzüge gebe es oft nicht in
Frauengrößen, sondern seien für Männer designt. Da Frauen derzeit weit
überwiegend die Kinderbetreuung organisierten, stelle sie der Lockdown
zudem auch dort vor besondere Herausforderungen. So könnten sie weniger
Zeit in ihre berufliche Arbeit investieren, was zu Nachteilen in der
Karriere führen könne. Das Risiko für häusliche Gewalt [2][erhöhe sich
durch Kontakteinschränkungen und Ausgangssperren] zusätzlich.
Obwohl Frauen während der Pandemie also einen Großteil der
Versorgungsarbeit leisteten, „sind sie als Expertinnen nur zu einem
geringen Teil mit einbezogen“, kritisiert das Netzwerk. Die WGH forderte,
Frauen paritätisch und interdisziplinär in Beratungs- und
Entscheidungsgremien einzusetzen, um ihre Perspektiven hörbar zu machen: in
Kommissionen, Beratungsstäben, aber auch auf Konferenzen oder in Talkshows.
## In vorderster Reihe – aber nicht beim Gehalt
Zudem müssten Gesundheits- und Pflegeberufe gestärkt werden, so die WGH.
Und schließlich müsse geschlechtersensible Forschung gefördert werden:
Daten müssten gesammelt werden, um Forschungslücken zu identifizieren und
Handlungsoptionen aufzuzeigen. Dafür gebe es auch in Deutschland
„ausreichend qualifizierte Frauen, die gern ihre Perspektive und Expertise
in den aktuellen Diskurs einbringen“, so das Netzwerk.
In der deutschen Sektion der WGH sind neben Wissenschaftlerinnen und
Beraterinnen auch Politikerinnen wie Annette Widmann-Mauz (CDU) und die
ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) vertreten.
Konkret an die Bundesregierung richten sich am Dienstag 17 Frauenverbände,
die bereits seit 2011 in einem überfraktionellen Bündnis namens Berliner
Erklärung zusammengeschlossen sind. Die Coronakrise „legt nicht nur die
bestehenden Defizite in der Gleichstellungspolitik offen, sie ist auch
besorgniserregend für die gleichstellungspolitische Entwicklung in
Deutschland“, schreiben die Verbände in einer gemeinsamen Erklärung.
Ihr Vorwurf: Die Krise werde als Ausflucht genutzt, um zentrale
gleichstellungspolitische Vorhaben wie die Ausweitung des Gesetzes für mehr
Frauen in Führungspositionen infrage zu stellen. Und die konkrete
Befürchtung: Die angepeilten Maßnahmen würden in dieser Legislatur nicht
mehr umgesetzt werden.
„Frauen stehen in vorderster Reihe, um die Krise zu bewältigen“, so die
Präsidentin des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte, Monika Schulz-Strelow.
„Aber sie müssen auch vorne stehen, wenn es um Führungsverantwortung in der
Wirtschaft und um gerechte Bezahlung geht.“ Die Verbände forderten
unverändert eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen, gleiche Bezahlung
und eine verbindliche und transparente Gleichstellungspolitik.
12 May 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Sexismus
Gleichstellung
Frauenrechte
Feminismus
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Familie
Sexismus
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häusliche Gewalt
Schwerpunkt Utopie nach Corona
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