| # taz.de -- Abgebrochene G20-Gerichtsverhandlung: Viel Interesse, zu wenig Platz | |
| > Bei einem G20-Prozess durften wegen der Abstandsregel nur zwei | |
| > Journalist*innen in den Saal. Das sorgte für Unruhe. Die Verhandlung | |
| > wurde abgebrochen. | |
| Bild: Am Amtsgericht Altona gibt es für öffentliche Prozesse in Corona-Zeiten… | |
| Hamburg taz | Am Freitag vergangener Woche sollte vor dem Amtsgericht | |
| Hamburg-Altona der Prozess gegen zwei Angeklagte im Zusammenhang mit dem | |
| G20-Gipfel in Hamburg beginnen. Ihnen wird vorgeworfen, am 6. Juli 2017 im | |
| Umfeld der „Welcome to Hell“-Kundgebung jeweils eine Bierdose auf | |
| Polizist*innen geworfen zu haben, angeklagt sind sie wegen versuchter | |
| gefährlicher Körperverletzung und tätlichem Angriff auf | |
| Vollstreckungsbeamte. | |
| Der Prozess begann, auch die Anklage und die Stellungnahmen der beiden | |
| Angeklagten wurden durch ihre Verteidiger*innen verlesen. Doch nach einer | |
| halben Stunde brach der Richter die Verhandlung ab. Alles, was bis dahin | |
| geschah, ist annulliert. Kommende Woche beginne alles von vorn, sagte der | |
| Richter. | |
| Bis zu diesem Zeitpunkt waren Diskussionen zwischen Journalist*innen und | |
| Gerichtspersonal vor der Tür immer wieder im Saal hörbar, die Verhandlung | |
| mehrfach unterbrochen worden. Denn nur zwei Journalist*innen und drei | |
| Privatpersonen hatten Zugang zur Verhandlung bekommen. Weitere | |
| Journalist*innen wollten, auch weil es im Vorfeld eine andere Absprache mit | |
| der Gerichtspressestelle gab, ebenfalls vom Prozess berichten. | |
| Aber wegen der Coronapandemie gilt auch in Gerichtssälen die Abstandregel. | |
| Plätze im Zuschauerraum sind sehr begrenzt. Einige Prozesse finden deshalb | |
| momentan nur bedingt öffentlich statt. | |
| Dass bei einem Prozess im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel ein großes | |
| mediales Interesse besteht, ist kaum verwunderlich. Die bereits | |
| stattgefundenen Verhandlungen hatten für viel Diskussionsstoff gesorgt. | |
| Besonders pikant an diesem Verfahren ist, dass einer der Angeklagten zum | |
| Zeitpunkt des Gipfels selbst Polizist war. Gemeinsam mit der anderen | |
| Angeklagten, seiner damaligen Freundin, war er privat in Hamburg. Dass der | |
| angeklagte Mann einräumt, die Dose geworfen zu haben, ist schon länger | |
| bekannt [1][(taz berichtete)]. Auch die angeklagte Frau gab den Wurf einer | |
| Dose zu. Beide haben aber niemanden verletzen wollen, hätten bewusst nicht | |
| auf Polizist*innen geworfen. Getroffen hatten sie mit den Dosenwürfen | |
| tatsächlich niemanden. Als Motiv gaben beide ihre Wut über das von der | |
| Polizei begangene Unrecht an. | |
| Kai Wantzen, Sprecher des Gerichts, zeigte sich bereits vor der Verhandlung | |
| mit der aktuellen Situation nicht zufrieden: „Wir haben wegen der | |
| Coronamaßnahmen momentan wenig Spielraum“, sagte er vor Vorhandlungsbeginn | |
| zur taz. Viele Richter*innen wollten nun auf größere Säle zugreifen, aber | |
| die Kapazität in Hamburgs Gerichtsgebäuden sei begrenzt. Und aussetzen | |
| könne man die Verhandlungen ebenfalls nicht. | |
| Dabei könnten Verhandlungen in anderen Räumlichkeiten außerhalb der | |
| Gerichtsgebäude stattfinden. Das wäre nicht gänzlich ungewöhnlich: Der | |
| Prozess gegen Volkswagen wegen des Dieselskandals fand voriges Jahr | |
| aufgrund der vielen Kläger*innen in der Braunschweiger Stadthalle statt. | |
| „Es braucht dafür aber aus organisatorischen Gründen eine größere | |
| Vorlaufszeit“, heißt es aus der Gerichtspressestelle. Hinzu komme ein | |
| „enges gesetzliches Korsett“, dass erfüllt werden müsse, wenn Verhandlung… | |
| außerhalb der Gerichtsgebäude stattfinden sollen. | |
| Bei anderen Verhandlungen versuchten die Gerichte zuletzt mit einer | |
| Tonübertragung in andere Säle, den Zugang für Journalist*innen zu | |
| gewährleisten, beispielsweise beim Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Omaima | |
| A. Das klappte, von manchen technischen Problemen abgesehen, ganz gut. | |
| Unbefriedigend bleibt es, wenn Journalist*innen nicht sehen können, wer | |
| wann spricht. | |
| Beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV) heißt es angesichts eines solchen | |
| Falls, dass ein begrenzter Zugang für Medienvertreter*innen nur „bedingt | |
| zufriedenstellend“ sei. So lange sich die Gerichte jedoch spürbar um | |
| Lösungen bemühen, herrscht dort Verständnis. „Es ist angesichts der | |
| Coronapandemie verständlich, dass es nun Probleme gibt“, sagt | |
| DJV-Sprecherin Anja Westheuser. | |
| 27 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| André Zuschlag | |
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