# taz.de -- Geschäftsmodell Online-Lieferdienste: Start-up abgezogen | |
> Ein Gastronom entdeckt, dass ein Lieferservice sein Essen illegal online | |
> verkauft. Die Geschäftspraktik nutzt er, um selbst Profit zu | |
> erwirtschaften. | |
Bild: Doordash-Lieferant in New York – das Start-up steht nun ziemlich mies da | |
Yelp und Google beeinflussen mit ihren Bewertungen die Speisenauswahl von | |
Millionen. Wie viel Geld Restaurants daran verdienen, hängt von den | |
digitalen Vermittlern und Lieferdiensten ab. Und das Geschäft wird auch | |
ohne Zustimmung der Gastwirtschaften betrieben. So erfuhr Aj’s NY Pizzeria | |
in New York erst von der Kundschaft vom eigenen Lieferservice. Wie der | |
Pizzabäcker [1][bei Google Maps] lernen musste, nutzte die Firma Doordash | |
ohne Vertrag einfach die Möglichkeit der Abholung im Restaurant. | |
Dazu hatte Doordash offenbar die Speisekarte falsch ausgelesen und lieferte | |
regelmäßig falsche Ware. Die Beschwerden landeten im Restaurant. Bei | |
genauer Prüfung der Angelegenheit wurde klar, dass auch die Preise nicht | |
stimmten. So wurde die Hausspezialität für 16 statt 24 Dollar angeboten. | |
Der Eigentümer erzählte die Geschichte einem Freund. Dieser, als | |
Börsenmakler vertraut mit bizarren Deals, hatte sogleich eine Idee. Wenn | |
Lieferfahrer eine Pizza für 24 Dollar bei Aj’s erwarben, an Endkunden aber | |
acht Dollar billiger verkauften, könnte der Wirt seine Pizza doch einfach | |
selber bestellen und die Differenz als Profit einfahren. Ein Versuch mit | |
zehn Pizzen gelang. | |
Um die Gewinnmarge zu erhöhen, gingen der Makler und der Bäcker dazu über, | |
statt der teuren Pizza nur noch unbelegten Teig in den seltsamen Ringtausch | |
einzuspeisen. Das machte so viel Spaß, dass sie das Spiel wochenlang | |
betrieben. Der Pizzabäcker jedoch verlor irgendwann die Lust daran, | |
[2][gestattete aber seinem Maklerfreund, öffentlich darüber zu berichten]. | |
Doordash steht mit seinem unverschämten Gebaren nun ziemlich mies und dazu | |
noch reichlich dumm da. | |
## Am Ende der Nahrungskette | |
Dass der Trick des Maklers überhaupt funktionieren konnte, ist der | |
Wachstumsideologie von Start-ups geschuldet. Marktbeherrschung muss um | |
jeden Preis, auch durch finanzielle Verluste, erreicht werden. Da ist ein | |
negatives Verhältnis von Einkaufs- und Verkaufspreis nichts Ungewöhnliches | |
und fällt eben über Wochen nicht auf. | |
Während der Pizzabäcker gut beraten war und sich in diesem Falle gewitzt | |
wehren konnte, stehen solche Möglichkeiten nur den wenigsten | |
Gastronomiebetrieben offen. [3][Von den Lieferfahrern ganz zu schweige]n – | |
denn die stehen immer am Ende der Nahrungskette. | |
22 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Manipulation-bei-Navigationsdienst/!5661747 | |
[2] https://themargins.substack.com/p/doordash-and-pizza-arbitrage | |
[3] /Arbeitsbedingungen-bei-Foodora-und-Co/!5428832 | |
## AUTOREN | |
Daniél Kretschmar | |
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