# taz.de -- Untersuchung des Maut-Debakels: Verkehrsminister mauert | |
> Im Untersuchungsausschuss beklagen Grüne, dass Beamte des | |
> Verkehrsministers Unterlagen nicht wie gefordert bereitstellen. | |
> Unstimmigkeiten nehmen zu. | |
Bild: Versucht er die Aufklärung im Mautdesaster zu verzögern? Verkehrsminist… | |
Berlin taz | Die Grünen fordern, dass der Bundestag-Untersuchungsausschuss | |
zum Pkw-Mautdesaster Zugriff auf den E-Mail-Kommunikation des | |
Bundestagsaccounts von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekommt. | |
„Aktenfunde verdichten die Hinweise, dass Scheuer auch über seinen | |
E-Mail-Account als Abgeordneter des Bundestages zum Gegenstand des | |
Untersuchungsausschusses und damit dienstlich für das Verkehrsministerium | |
kommuniziert hat“, sagte der Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn. | |
Kühn ist für die Grünen Mitglied im Pkw-Maut-Untersuchungsausschuss, der | |
die Hintergründe des gescheiteren Megaprojekts klären soll. „Die Einsicht | |
in diese Kommunikation könnte endlich die entscheidenden Hinweise liefern, | |
welche geheimen Absprachen es während des Vergabeverfahrens zwischen | |
Scheuer und dem späteren Vertragspartner Kapsch/Eventim gab“, sagte Kühn. | |
Am Donnerstag hat der [1][Untersuchungsausschuss zum Pkw-Maut-Desaster] | |
nach wochenlanger Corona-Pause die Arbeit wieder aufgenommen. Die Maut für | |
Autofahrende aus dem Ausland war ein Prestigeprojekt der CSU. Ende 2018 | |
hatte Scheuer Verträge mit den Betreibern unterschrieben – obwohl noch eine | |
Klage Österreichs gegen das Projekt vor dem Europäischen Gerichtshof | |
anhängig war. | |
Im Juni 2019 kassierten die Richter das Projekt. Jetzt fordern die | |
Betreiber Schadenersatz von mehr als einer halben Milliarde Euro, der ihnen | |
im Vertrag mit der Bundesverkehrsministerium zugestanden worden ist. | |
Scheuer hatte „maximalmögliche Aufklärung“ der Vorgänge versprochen. Sie | |
wird aber erschwert, weil [2][eine Reihe von Treffen des Ministers mit den | |
Betreibern] nicht dokumentiert wurden. In den vergangenen Monaten sind | |
immer mehr Unstimmigkeiten rund um die Auftragsvergabe bekannt geworden. | |
Offenbar sollten bei dem Projekt wesentliche Kosten auf den Steuerzahler | |
abgewälzt werden. Zweifelhaft ist auch, ob die Auftragserteilung | |
vergaberechtlich korrekt erfolgt ist. | |
## „Maximale Behinderung der Ausschussarbeit“ | |
„Statt maximaler Aufklärung betreibt Scheuer maximale Behinderung der | |
Ausschussarbeit“, sagte der Grüne Kühn im Vorfeld der Ausschusssitzung am | |
Donnerstag. Angeforderte Akten aus dem Verkehrsministerium würden nach wie | |
vor nicht, nicht vollständig oder nur mit Schwärzungen bereitgestellt. Vor | |
Wochen wurde bekannt, dass Daten auf Scheuers Diensthandy aus der Zeit der | |
Auftragsvergabe gelöscht sind. | |
Vernommen wurde am Donnerstag unter anderem der Referatsleiter | |
Verkehrspolitik im Bundeskanzleramt Dirk Pung-Jakobsen Die Klage | |
Österreichs gegen die Maut habe die Bundesregierung überrascht, sagte er. | |
Innerhalb der Bundesregierung habe kaum jemand mit der Klage gerechnet. Es | |
sei das erste Mal gewesen, dass Deutschland verklagt worden sei. In | |
Österreich sei damals Wahlkampf gewesen. | |
„Die Bundesregierung hat die Klage nicht zum Anlass genommen, Zweifel an | |
der Europarechtskonformität zu haben“, sagte Pung. Das entlastet Scheuer, | |
dem vorgeworfen wird, ihm habe klar sein müssen, dass sein Projekt gegen | |
Europarecht verstößt. Den Einwand des Ausschussmitglieds Kühn, die | |
Bundesregierung sei bereits 1992 wegen der Lkw-Maut für Ausländer | |
erfolgreich verklagt worden, wollte Pung-Jakobsen nicht gelten lassen. Das | |
sei nicht vergleichbar, weil damals die Kommission und nicht ein | |
Mitgliedsstaat geklagt habe, sagte er. | |
## Seehofer muss im Ausschuss aussagen | |
Ende Mai soll der frühere CSU-Vorsitzende und derzeitige | |
Bundesinnenminister Horst Seehofer von dem Untersuchungsausschuss befragt | |
werden. Scheuers Vorvorgänger Peter Ramsauer (CSU) [3][hatte im Februar im | |
Ausschuss gesagt], es sei Seehofer sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) und dem damaligen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel klar gewesen, dass | |
die Pkw- Maut in der gewählten Form europarechtswidrig gewesen sei. | |
Im Vorfeld der Sitzung am Donnerstag hatte es Irritationen gegeben, weil | |
die Bundestagsverwaltung JournalistInnen mit Hinweis auf nötige | |
Sicherheitsabstände nicht auf die – nur spärlich – besuchte | |
Zuschauertribüne lassen wollte. Sie hätten sich anmelden müssen, hieß es. | |
Das war laut Auskunft der Pressestelle des Bundestags am Vortag nicht | |
nötig. Schließlich hat der Ausschuss selbst darauf gedrängt, die | |
Öffentlichkeit komplett herzustellen. | |
Ganz so genau scheint es der Bundestag mit dem Schutz ohnehin nicht zu | |
nehmen: In Gebäuden des Parlaments selbst tragen nur wenige einen | |
Mund-Nasen-Schutz. Weder das Sicherheitspersonal am Eingang des | |
Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses noch die Servicekräfte, die vor dem | |
Tagungsraum des Ausschusses Speisen und Getränke verkaufen, gehören dazu. | |
7 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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