| # taz.de -- BGH zu Streit mit „Spiegel Online“: Volker Beck verliert Deutun… | |
| > Becks frühere Forderung nach Legalisierung von Sex mit Kindern durfte vom | |
| > „Spiegel“ im Original veröffentlicht werden, entschied der | |
| > Bundesgerichtshof. | |
| Bild: Nun ist die Sache vom Tisch – Volker Beck konnte sich gegen „Spiegel … | |
| Karlsruhe taz | Dürfen Medien fremde Texte auch dann veröffentlichen, wenn | |
| der Urheber diese (mit einer Distanzierung) bereits selbst publiziert hat? | |
| Im [1][Streit zwischen dem Spiegel und dem Grünen-Politiker Volker Beck] | |
| hat der Bundesgerichtshof (BGH) an diesem Donnerstag für den Spiegel | |
| entschieden. | |
| Konkret ging es um einen Text, den der langjährige Grünen-Abgeordnete | |
| Volker Beck 1988 für den Sammelband „Der pädosexuelle Komplex“ geschrieben | |
| hat. Darin hielt Beck die „Entkriminalisierung von Pädosexualität“ (also | |
| von Sex mit Kindern) für „dringend erforderlich“. | |
| Beck hat sich seit 1993 in vollem Umfang von dem Text distanziert. | |
| Allerdings hatte er zu seiner Verteidigung auch behauptet, der Herausgeber | |
| des Sammelbandes habe den Text gegen seinen Willen nachträglich im Sinn | |
| verfälscht. Als 2013 das Originalmanuskript auftauchte, stellte Spiegel | |
| Online fest, dass Becks zentrale Aussage keineswegs verfälscht worden war. | |
| Als Beleg veröffentlichte das Medium sowohl das Original-Manuskript als | |
| auch die veröffentlichte Fassung von Becks Aufsatz. | |
| Gegen diese Veröffentlichung wehrte sich Beck unter Verweis auf sein | |
| Urheberrecht. Er habe das Manuskript inzwischen auf seiner eigenen Homepage | |
| selbst veröffentlicht – allerdings auf jeder Seite mit der Anmerkung | |
| versehen: „ICH DISTANZIERE MICH VON DIESEM BEITRAG. VOLKER BECK“ Einer | |
| anderen Art der Veröffentlichung stimme er nicht zu. In den unteren | |
| Instanzen hatte Beck mit dieser Argumentation Erfolg. | |
| ## EuGH: Keine Erlaubnis erforderlich | |
| Auf Vorlage des BGH [2][entschied der EuGH im letzten Sommer], dass ein | |
| fremdes Werk (hier Becks Manuskript) von Medien bei Zitaten oder zur | |
| Berichterstattung nur dann und soweit benutzt werden darf, wie dies | |
| „erforderlich“ ist. Beck müsse allerdings nicht um Erlaubnis gefragt | |
| werden, so der EuGH, er habe kein Vetorecht. | |
| Bei der mündlichen BGH-Verhandlung im Januar ging es vor allem um die | |
| „Erforderlichkeit“ einer Veröffentlichung der Orginaldokumente auf | |
| spiegel.de Guido Toussaint, der Anwalt von Volker Beck, hielt die | |
| Spiegel-Veröffentlichung für nicht erforderlich. „In den Dokumenten, die | |
| Volker Beck veröffentlicht hat, war alles nachzulesen“, so Toussaint. Es | |
| hätte genügt, wenn der Spiegel die entsprechende Webseite Becks verlinkt | |
| hätte. Oder er hätte die Dokumente Becks (mit der Distanzierung) selbst | |
| veröffentlichen können. | |
| Spiegel-Anwalt Thomas Winter warf Beck vor, dass er doch wieder eine Art | |
| Vetorecht des Urhebers einführen wolle, indem er die Dokumente in einer ihm | |
| genehmen Form selbst veröffentlicht und deshalb eine Presseveröffentlichung | |
| für „nicht erforderlich“ erklärt. „Es gehört aber zur Pressefreiheit, … | |
| die Medien selbst entscheiden, was sie für erforderlich halten.“ Indem Beck | |
| darauf bestehe, dass seine Distanzierung auf jeder Seite der beiden Texte | |
| zu sehen ist, verlange er eine „Deutungshoheit“, so Anwalt Winter, die ihm | |
| das Urheberrecht aber nicht einräume. | |
| ## BGH: Becks Interessen ausreichend berücksichtigt | |
| Volker Beck war damals selbst nach Karlsruhe gekommen und erläuterte, warum | |
| ihm seine Distanzierungsvermerke so wichtig sind. „Wenn der Spiegel die | |
| ursprünglichen Dokumente veröffentlicht, kann sie jedermann verwenden.“ Er | |
| müsse nicht nur damit rechnen, dass Rechtsradikale behaupten, das sei auch | |
| heute noch seine Position, sondern dass sich sogar Pädophilengruppen auf | |
| ihn berufen. | |
| Der BGH entschied nun aber gegen Volker Beck und für die Meinungs- und | |
| Pressefreiheit. Die Veröffentlichung des Spiegels ermögliche der | |
| Öffentlichkeit, sich ein eigenes Bild von der Glaubwürdigkeit des damaligen | |
| Abgeordneten zu machen, so der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Das Magazin | |
| greife zwar in Becks Urheberrecht ein, könne sich aber auf die Ausnahme für | |
| „Berichterstattung über Tagesereignisse“ berufen. | |
| Beck könne sich zwar auf das Urheberpersönlichkeitsrecht berufen, so der | |
| BGH, und im Prinzip selbst bestimmen, ob und wie er sein altes Manuskript | |
| veröffentlichen will. Gerade weil sich Beck auf inzwischen „gewandelte | |
| Überzeugungen“ berufe, sei dies hier wichtig, betonte Richter Koch. Dennoch | |
| habe die Pressefreiheit Vorrang, so der Richter, denn der Spiegel habe | |
| durchaus auf die gewandelten Überzeugungen Becks hingewiesen. Damit seien | |
| Becks Interessen ausreichend berücksichtigt, so der BGH. Der Ex-Abgeordnete | |
| konnte den Spiegel deshalb nicht an der Veröffentlichung der | |
| Originaldokumente hindern. | |
| Beck zeigte sich nach dem Urteil „erstaunt“. | |
| 30 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Volker-Beck-vs-Spiegel-Online-vor-EuGH/!5437470 | |
| [2] /EuGH-urteilt-zum-Urheberrecht/!5613715 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Volker Beck | |
| Schwerpunkt Urheberrecht | |
| Pädophilie-Debatte | |
| Bundesgerichtshof | |
| Unabhängigkeit | |
| Schwerpunkt Volker Beck | |
| Schwerpunkt Volker Beck | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| BGH zu richterlicher Unabhängigkeit: Rüge für Richter akzeptiert | |
| Thomas Schulte-Kellinghaus ist gründlicher und damit langsamer als andere | |
| Richter. Er durfte deshalb ermahnt werden, entschied der Bundesgerichtshof. | |
| EuGH urteilt zum Urheberrecht: Niemals zulasten der Pressefreiheit | |
| Pressefreiheit vor Urheberrecht – so lautet ein Urteil des EuGH. Im | |
| Rechtsstreit mit „Spiegel Online“ könnte Volker Beck dennoch gewinnen. | |
| Streit über Pädophilie-Bericht: Volker Beck gegen Spiegel online | |
| Der Grünen-Politiker will, dass ein alter Text von ihm nur mit | |
| Distanzierung verbreitet wird. Jetzt muss der BGH entscheiden. |