| # taz.de -- Unterricht in der Coronakrise: Endlich wieder Schule! | |
| > Masken sind blöd, Abstand Gewöhnungssache, aber der Unterricht besser als | |
| > zu Hause: Drei Grundschulkinder aus Berlin über die Rückkehr in die | |
| > Schule | |
| Bild: Jetzt aber schnell: Es gibt wieder richtigen Unterricht! | |
| ## „Mir ist das zu wenig“ | |
| „Am Mittwoch startet für mich die [1][Schule] wieder, erst mal aber nur | |
| vier Stunden. Weiter geht es dann am Freitag, auch wieder vier Stunden. Mir | |
| ist das zu wenig: Ich finde, eine Stunde mehr am Tag und ein Tag mehr pro | |
| Woche könnten es sein. Wir müssen ja einiges an Unterrichtsstoff aufholen. | |
| Ich freue mich sehr, endlich meine Freunde zu sehen – auch wenn ich vorerst | |
| nicht neben meiner besten Freundin sitzen kann, weil die Tische | |
| auseinandergestellt werden. Ich freue mich auch ein bisschen, meine | |
| Lehrerin wiederzusehen. Dass wir wieder jeden Unterrichtstag Mathe und | |
| Deutsch haben, finde ich so mittelgut. Ich hoffe, dass ich in den vier | |
| Stunden auch noch Musik habe und Kunst. Musik, Kunst und Sachkunde haben | |
| mir im Hausunterricht sehr gefehlt. Ich will da auch vorankommen. Wir haben | |
| zu Hause nur Mathe und Deutsch gemacht. | |
| Ich habe viel gelernt in der Zeit ohne Schule – zum Beispiel viele neue | |
| Wörter in Deutsch. Und ich habe viel gelesen. Ich habe also keine Angst, | |
| dass ich den Stoff in der Schule nicht kann. In der Schule kann ich besser | |
| arbeiten als zu Hause. Denn da erklärt mir meine Lehrerin, was ich tun | |
| muss, und sie weiß das ganz genau. Meine Eltern nicht immer. | |
| Ich denke, dass die Schule sehr leer sein wird. Bisher sind ja nur die | |
| ersten, fünften und sechsten Klassen dort – und die zweiten, weil wir mit | |
| den Erstis vor Corona zusammen Unterricht hatten. Leider werde ich die | |
| Erstklässler nicht mehr in der Schule treffen. Sie gehören zu anderen | |
| Teilgruppe meiner Klasse und haben an anderen Tagen Unterricht – am | |
| Dienstag und am Donnerstag. | |
| Ich will keine Maske im Unterricht tragen und auch nicht in der Pause. Ich | |
| kriege darunter kaum Luft und schwitze. So kann ich mich nicht | |
| konzentrieren. Ich denke, dass die Lehrer streng sein werden, wenn es um | |
| die Hygieneregeln geht. Aber vielleicht ist das auch ganz gut. Und ich | |
| glaube, es wird ganz schön einsam am Tisch, an dem ich ja wohl alleine | |
| sitzen muss statt wie bisher mit anderen Schülern. | |
| Von der Schule und meiner Lehrerin haben wir in den letzten Wochen nur | |
| wenig gehört. Ich komme nach den Sommerferien in die dritte Klasse und | |
| bekomme eine neue Lehrerin. Aber ich weiß noch nicht, wer das sein wird und | |
| wo mein neues Klassenzimmer ist. Ich freue mich aber auch schon auf die | |
| Sommerferien, denn sie sind sehr lang.“ | |
| Tilda (8) geht in die 2. Klasse einer Grundschule in Prenzlauer Berg | |
| ## „Hofpause zum Händewaschen“ | |
| „Ich durfte am Montag wieder zur Schule. Es gibt zwei Tore an unserer | |
| Schule, das eine ist jetzt nur der Eingang, das andere ist nur der Ausgang. | |
| Ich bin mit dem Fahrrad gefahren, die Schlange für die Radfahrer war aber | |
| leider total lang, viel länger als für die Fußgänger. Das hat ewig | |
| gedauert, bis ich drin war. Und als ich dann auf dem Schulhof war, war | |
| alles abgetrennt mit rot-weißen Flatterbändern, das sind die verschiedenen | |
| Bereiche, wo wir uns sammeln sollen. Meine Klasse war im Bereich III. Dann | |
| hat meine Klassenlehrerin uns in die Schulaula geführt und hat uns alle | |
| Hygieneregeln genau erklärt. | |
| Was sich als ziemliches Problem herausgestellt hat: [2][das Händewaschen]. | |
| Das dauert auch ewig. Wir müssen nach jeder Stunde und nach jeder Pause die | |
| Hände waschen. Es darf immer nur ein Kind in den Waschraum, und dann müssen | |
| wir 20 Sekunden lang die Hände waschen. Das hat eine Viertelstunde oder so | |
| gedauert. Dann waren die 20 Minuten Pause eigentlich auch schon wieder | |
| vorbei. Zum Glück haben wir auch eine Pause, die 40 Minuten dauert. | |
| Ab Mittwoch gehe ich an drei Tagen in der Woche in die Schule. Das finde | |
| ich eigentlich ganz okay. Wir haben erst mal nur Mathe, Deutsch und | |
| Englisch. Leider sind von meinen drei besten Freunden zwei in der anderen | |
| Gruppe, das ist nicht so gut. | |
| Fußball dürfen wir nicht spielen. Wir dürfen nur Spiele spielen, die mit | |
| Abstand funktionieren. Vielleicht machen wir dann Wettrennen oder so. Am | |
| Montag haben wir uns vor allem unterhalten. | |
| Das Rausgehen aus der Schule ist auch kompliziert. Wenn wir rauswollen, | |
| müssen wir durch das halbe Schulgebäude, weil die meisten Flure | |
| Einbahnstraßen sind. Sonst würden wir zu dicht aneinander vorbeilaufen. | |
| Masken müssen wir nicht tragen, aber wir können. Am Montag habe ich aber | |
| kaum jemanden mit Maske gesehen. Ich weiß nicht, ob ich mich sicherer | |
| fühlen würde mit Maske. Vielleicht ein bisschen. Aber ich würde es nicht | |
| gern machen, weil es schnell so heiß wird darunter. | |
| Ich war ziemlich überrascht, wie streng die Regeln sind, wie abgesperrt der | |
| Schulhof ist. Da habe ich mich gefragt, ob das jetzt sein muss mit den | |
| Bändern, weil so schlimm ist es ja vielleicht nicht, wenn da einer über die | |
| Absperrung tritt. Hätte man ja auch mit Kreide aufmalen können. Aber alle | |
| haben sich an die Regeln gehalten. Ich denke, alle waren einfach froh, | |
| wieder in der Schule zu sein. Ich auch. Zu Hause lernen ist auf Dauer ganz | |
| schön anstrengend ohne Lehrer, der einem die Sachen richtig erklärt. | |
| Die Lehrerin hat uns gestern gesagt, wir müssen alle Sachen, die wir zu | |
| Hause gemacht haben, mit in die Schulen bringen, zur Bewertung. Aber wir | |
| können uns nicht verschlechtern im Vergleich zum ersten Halbjahreszeugnis. | |
| Deswegen hat auch keiner einen Schreck bekommen am Montag.“ | |
| Moritz, 10 Jahre, geht in die 5. Klasse einer Grundschule in Pankow | |
| ## „Keine Abschiedsparty!“ | |
| „Ich war jetzt [3][eine Woche lang wieder in der Schule]. Es war schön, | |
| meine Freunde und Lernbegleiterinnen wiederzutreffen, und ich habe gemerkt, | |
| dass ich beim Arbeiten zu Hause ganz gut vorangekommen bin. Es war aber | |
| auch ein bisschen komisch. Wir mussten uns oft daran erinnern, dass wir | |
| Abstand halten sollen. | |
| In meiner Lerngruppe arbeiten Kinder aus der vierten, fünften und sechsten | |
| Klasse zusammen. Jetzt sollen immer abwechselnd die vierte, fünfte und | |
| sechste Klasse zur Schule gehen, damit nicht so viele Kinder auf einmal im | |
| Lernraum sind. Die Schule nennt das Wechselmodell. | |
| Das ist gerecht, aber ich bin trotzdem traurig, dass ich nicht jeden Tag | |
| zur Schule gehen kann. Ich habe ausgerechnet, dass ich bis zu den | |
| Sommerferien nur noch achtmal zur Schule darf. Ich werde also nie wieder | |
| mit meiner ganzen Klasse zusammen sein. Das finde ich schlimm, weil wir | |
| eine sehr gute Gruppe waren. Es gibt wahrscheinlich auch keine | |
| Abschiedsparty, und das Sommerfest fällt aus. Wir bekommen an unserer | |
| Schule keine Noten, sondern Punkte. Keiner weiß im Moment, wie das in | |
| diesem Halbjahr werden soll. | |
| Letzte Woche haben wir kein [4][Homeschooling] gemacht, aber diese Woche | |
| geht es dann ja wieder los. Ich finde das schön, weil ich mehr mit meiner | |
| Familie zusammen sein werde. Außerdem schaffe ich im Homeschooling viele | |
| Sachen, für die ich in der Schule mehr Zeit brauchen würde: zum Beispiel | |
| einen Vortrag über mein derzeitiges Lieblingsbuch. Aber meine Eltern und | |
| ich werden uns auch wieder mehr streiten, weil es für sie stressig ist, | |
| gleichzeitig Homeoffice und Homeschooling zu machen. Sie müssen erst noch | |
| lernen, dass ich immer recht habe. | |
| Vielleicht kann ich mich jetzt mal mit meiner besten Freundin zum Lernen | |
| verabreden. Und auch zum Spielen und zum Quatschen! Das ist zum Glück | |
| wieder erlaubt. Ich hoffe, dass nach den Sommerferien alles wieder normal | |
| sein wird. Ich gehe dann auf die weiterführende Schule. Dort ist alles | |
| anders und ich muss mich erst mal in alles reindenken. Und natürlich hoffe | |
| ich auch, dass wir auf Klassenfahrt gehen können! | |
| Mei Messmer, 11, geht in die 6. Klasse der Montessori-Gemeinschaftsschule | |
| in Buch | |
| 12 May 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
| Anna Klöpper | |
| Susanne Messmer | |
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