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# taz.de -- Coronakrise in Flüchtlingsheimen: Eilantrag mit Erfolg
> Nach Protesten von Geflüchteten in Sachsen entschied nun ein Gericht: Die
> Massenunterbringung im Heim Dölzig widerspricht dem
> Infektionsschutzgesetz.
Bild: Solidarität mit Geflüchteten in Leipzig am 24. April, denn die Heime si…
Leipzig taz | Das Verwaltungsgericht Leipzig hat einem von mehreren
Eilanträgen stattgegeben, die von Geflüchteten [1][gegen ihre Unterbringung
in Massenunterkünften] eingebracht worden waren. Einer der Geflüchteten,
Francois, der seinen Nachnamen nicht öffentlich nennen will, klagte darauf,
dass sein Schutz vor Ansteckung mit dem [2][Coronavirus] und damit sein
Recht auf körperliche Unversehrtheit in der Massenunterkunft nicht
berücksichtigt würde. Mit Erfolg. Das Gericht entschied: Die Umstände in
der Erstaufnahmeeinrichtungen bieten ihm keinen ausreichenden Schutz vor
einer Ansteckung mit Covid-19. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Wie der Richter in dem [3][Schreiben vom 22. April] darlegt, könnte der
Antragsteller die im sächsischen Infektionsschutzgesetz festgelegten
notwendigen Schutzmaßnahmen in der Erstaufnahmeeinrichtung nicht
ausreichend einhalten. Demnach habe der Geflüchtete glaubhaft gemacht,
„dass es ihm im Bereich der Erstaufnahmeeinrichtung nicht möglich ist, die
auch für ihn geltenden Grundsätze“ der Corona-Schutzverordnung einzuhalten
und den angeordneten Mindestabstand von 1,5 Metern zu beachten.
Zuvor hatten Francois und andere Bewohner:innen öffentlich die mangelhafte
hygienische Situation beklagt. Das Gericht berief sich auf das
Robert-Koch-Institut und stellte darüber hinaus fest, dass Asylsuchende
aufgrund ihrer Fluchtbelastungen empfänglicher gegenüber
Infektionskrankheiten sein könnten. Gerade in Asylbewerberunterkünften sei
es „zwingend notwendig“, eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. Für die
Bewohner:innen müsse daher die Möglichkeit bestehen, den Mindestabstand
einzuhalten.
Am Montagmittag wurde zudem bekannt, dass auch das Dresdner
Verwaltungsgericht dem Antrag einer hochschwangeren Frau aus einer
Sammelunterkunft für Geflüchtete stattgegeben hatte. In dem Schreiben des
Gerichtes wird von einem „besonderen Risiko“ für die schwangere Frau
gesprochen. Sie soll nun in eine andere Unterkunft gebracht werden.
Der Sächsische Flüchtlingsrat, der die Geflüchteten bei der Klage
unterstützt, nennt die Entscheidung einen „bahnbrechenden Beschluss“.
Dieser bedeute „nichts anderes, als dass das Land nun umgehend die
Massenunterkünfte auflösen muss“.
Tatsächlich aber hat der Beschluss vorerst keine Allgemeingültigkeit,
sondern gilt lediglich für den Antrag von Francois. Der Flüchtlingsrat will
deshalb weiter dafür kämpfen, dass Geflüchtete insbesondere in Zeiten von
Corona nicht in Massenunterkünften untergebracht werden. Die Eilanträge an
den Verwaltungsgerichten Chemnitz und Dresden laufen weiter. Außerdem
werden Musteranträge erstellt, damit weitere Geflüchtete klagen können.
Die Landesdirektion äußerte sich zunächst nicht. Aus dem Beschluss des
Gerichtes geht hervor, dass die Landesdirektion weder innerhalb einer
gesetzten Frist, noch auf weitere telefonische Nachfrage geantwortet habe.
Ein Sprecher sagte gegenüber der taz, die Direktion habe erst durch die
telefonische Nachfrage von dem Antrag erfahren, eine sachgerechte
Stellungnahme sei innerhalb der kurzen Zeit nicht möglich gewesen. Außerdem
habe der Antragssteller falsche Angaben gemacht. Die Landesdirektion will
nun gegen den Beschluss vorgehen.
27 Apr 2020
## LINKS
[1] /Unterkuenfte-fuer-Gefluechtete-in-Sachsen/!5680111
[2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[3] https://www.saechsischer-fluechtlingsrat.de/wp-content/uploads/2020/04/VG-L…
## AUTOREN
Sarah Ulrich
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Sachsen
Unterbringung von Geflüchteten
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Gesundheitspolitik
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