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# taz.de -- Corona in Flüchtlingsunterkunft: Warnung nur auf Deutsch
> Geflüchtete in Hamburg-Bahrenfeld protestieren dagegen, dass sie spät
> über einen Coronafall im Haus informiert wurden und sich nicht isolieren
> können.
Bild: Protest mit Mundschutz: Geflüchtete in Bahrenfeld fordern ein Recht auf …
Hamburg taz | Etwa 15 Geflüchtete haben sich am Dienstag mit Mundschutz und
Schildern vor ihrer Unterkunft in Bahrenfeld versammelt. Auf einem Schild
ist „Mein Zuhause ist kein sicherer Ort“ zu lesen, auf einem anderen steht
„Corona ist hier. Bitte Hilfe!“ Kinder malen mit Kreide Virussymbole auf
den Boden. In der Unterkunft wurde eine Person positiv auf Corona getestet.
Die Bewohner*innen fürchten nun eine Ansteckung, da sie sich Küche und Bad
teilen müssen.
Rosa S. lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn seit acht Monaten in der
Gemeinschaftsunterkunft des städtischen Betreibers Fördern und Wohnen. Hier
ist Platz für 450 Menschen, darunter sind viele Familien. Von der
Infizierung einer Bewohnerin habe sie durch einen Zettel auf dem Flur
erfahren, den sie abfotografiert hat. Dort steht auf Deutsch: „Coronafall,
bitte nicht betreten, wenn Sie hier nicht wohnen!“ Ein durchgestrichenes
Virussymbol ist darunter abgebildet. Sie habe sich dann bei Betreuer*innen
erkundigt, doch erst auf wiederholte Nachfrage habe man alle Bewohner*innen
informiert. „Ich hatte das Gefühl, sie wollen es uns nicht sagen“, sagt
sie.
Susanne Schwendtke, Sprecherin von Fördern und Wohnen teilt hingegen mit,
dass man Bewohner*innen desselben Flures bereits am Tag, als die
Infizierung bestätigt wurde, informiert habe. Das war am Samstag. Sie
erklärt, dass es zwar eine gemeinschaftliche Unterkunft sei, Bewohner*innen
aber „führen ihren eigenen Haushalt“. Vor Ort gebe es zwar ein Team für
Beratung, jedoch keine Rundumbetreuung wie etwa in einem Heim.
Die Stadt Hamburg möchte mit dem Coronavirus infizierte Geflüchtete künftig
in einer separaten Unterkunft unterbringen: „Zur Entlastung der Situation
in Gemeinschaftsunterkünften und zur noch besseren Versorgung, Betreuung
und Begleitung von erkrankten Personen“, sagt Martin Helfrich, der Sprecher
der Sozialbehörde. „Dieser dient dazu, dass Menschen hier – wenn nötig –
medizinisch versorgt genesen können.“ Patient*innen mit schwereren
Verläufen kämen weiter ins Krankenhaus. Helfrich geht davon aus, dass diese
Form der Unterbringung im Mai startet.
## Eine Küche und ein Bad für sechs Familien
Im konkreten Fall seien „alle Personen, die sich Sanitäranlagen und Küche
teilen“ isoliert worden, sagt Schwendtke. Die Gesundheitsämter würden bei
Unterkünften wie denen in Bahrenfeld „analog zu Wohngemeinschaften“
verfahren und alle dort lebenden Personen isolieren.
Rosa S. beschreibt, dass jeweils etwa sechs Familien Küche und Badezimmer
gemeinsam nutzen. Das seien oft mehr als 20 Personen. Laut Schwendtke
würden die Bewohner*innen des betroffenen Flures nun durch das Team vor Ort
versorgt. Sie seien „ebenso wie andere Menschen dafür verantwortlich, sich
an Auflagen der Gesundheitsämter zu halten“, sagt Schwendtke.
Nach Angaben der Geflüchteten wurden die restlichen Bewohner*innen jedoch
erst am Montagabend, zwei Tage später, informiert. Einige fassten daher
spontan den Entschluss, sich am Dienstagmittag vor dem Gebäude zu
versammeln, um auf die Situation aufmerksam zu machen – angemeldet haben
die Geflüchteten die Aktion nicht.
Sie stehen am Dienstag mit etwas Abstand zueinander in einer Reihe, als
nach etwa einer halben Stunde die Polizei eintrifft, um die Versammlung
aufzulösen. Ein junger Mann, der zwischen den Beamt*innen und der
inzwischen gewachsenen Anzahl an Geflüchteten übersetzt, versucht die Lage
zu erklären: „Wir sind hier draußen sicherer als drinnen“, meint er.
Letztlich geben er und die anderen Geflüchteten der Aufforderung der
Polizist*innen nach. Die Alternative wäre ein Bußgeld gewesen. In den
kommenden Tagen wollen sie nun offiziell eine Kundgebung anmelden.
Nachdem die Polizei weggefahren ist, sitzt Rosa S. auf einer Bank vor dem
Eingang. „Wir haben Angst“, sagt sie. Ihr Mann gehöre zur Risikogruppe. Sie
wollen gerne in eine eigene Wohnung ziehen, doch die Coronalage verlangsame
den Prozess. „Alle sollen sich gerade isolieren. Warum nicht wir?“
30 Apr 2020
## AUTOREN
Sarah Zaheer
## TAGS
Sozialbehörde Hamburg
Schwerpunkt Coronavirus
Hamburg
Unterbringung von Geflüchteten
Geflüchtete
Hamburg
Schwerpunkt Coronavirus
R2G Bremen
Schwerpunkt Coronavirus
Obdachlosigkeit in Hamburg
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