# taz.de -- #Leavenoonebehind in Landau: Hungern gegen überfüllte Lager | |
> In Rheinland-Pfalz sind FFF-Aktivistinnen in den Hungerstreik getreten. | |
> Sie fordern die Evakuierung der griechischen Flüchtlingslager. | |
Bild: Trotz Hungerstreik gut drauf: Clara Reis und Louisa Matros | |
LANDAU taz | Junge KlimaaktivistInnen im pfälzischen Landau sind in einen | |
Hungerstreik getreten. Seit vergangenem Mittwoch protestieren sie damit | |
gegen das Elend in den Flüchtlingslagern, vor allem in Moira auf der | |
griechischen Insel Lesbos. | |
In einer Erklärung beklagen sie „die Untätigkeit der deutschen Regierung | |
und des Bundesinnenministeriums“ und fordern die sofortige Evakuierung der | |
griechischen Flüchtlingslager. „Lächerlich und absurd“ nennen sie die | |
Aufnahme von 42 Kindern und fünf Jugendlichen, zu der sich Bund und Länder | |
nach langem Hin und Her durchgerungen haben. „Die Zustände in den Lagern | |
sind katastrophal, die schlechten hygienischen Bedingungen sind der | |
perfekte Nährboden für das Coronavirus“, beklagen sie. | |
Am Wochenanfang war es noch eine spontane Idee von Clara Reis, 18, und | |
Louisa Matros, 17. „Allein im Lager Moria leben 1.500 unbegleitete Kinder | |
und Jugendliche unter unmenschlichen Bedingungen; ein Hungerstreik ist ein | |
drastisches Mittel, aber die Dringlichkeit ist hoch“, sagt Reis. | |
Inzwischen ist es ihr fünfter Tag in Folge ohne feste Nahrung. „Wir trinken | |
Wasser, auch mal einen Saft oder eine Gemüsebrühe, weil wir Zucker und | |
Mineralien brauchen“, sagt die Abiturientin. „Die ersten beiden Tage seien | |
„schlimm“ gewesen, aber jetzt gehe es ihr gut. „Wir sind einfach unheimli… | |
aktiv, verteilen Zettel und sind in den sozialen Medien unterwegs.“ | |
## Mutmachende Resonanz | |
Am Mittwoch waren Reis und Matros spontan mit Plakaten und einem roten | |
Tunnelzelt auf den Rathausplatz gezogen. Die beiden kennen sich von der | |
[1][Fridays-for-Future-Bewegung]. Das Zelt mussten sie wieder abbauen. „Das | |
Ordnungsamt hat uns nicht erlaubt, dort zu schlafen; das wäre wildes | |
Campen“, sagt Reis lachend. Samstag war Markttag. Da mussten sie ihren | |
eigentlichen Platz unter dem martialischen Reiterstandbild des bayerischen | |
Prinzregenten Luipold räumen. Doch sie schafften es, von Mittwoch bis | |
Samstag täglich von 9 bis 21 Uhr in der Innenstadt präsent zu sein. | |
Inzwischen haben sich sechs weitere junge Leute ihrem Hungerstreik | |
angeschlossen. „Wir hatten am Anfang Angst vor den Reaktionen, auch unserer | |
Eltern, aber die Resonanz ist mutmachend“, versichert Reis der taz. | |
Am Samstag war auch „Somi“, 24, Philosophiestudentin aus Berlin, mit zwei | |
Freundinnen nach Landau gekommen. Ihren echten Namen will sie nicht nennen. | |
Die drei waren im Netz auf den Hungerstreik aufmerksam geworden. | |
„Superspannend“ finde sie diese Aktion, sagt Somi der taz: „Ein drastisch… | |
Schritt aus dem Nichts.“ Überrascht sei sie von der „Frische und Energie“ | |
der AktivistInnen: „Sie haben schon viel Aufmerksamkeit erreicht, aus so | |
einer kleinen Stadt.“ | |
Vier Tage haben die Streikenden inzwischen hinter sich gebracht. Sie haben | |
Wind und Wetter getrotzt. „Wir mussten uns immer wieder unterstellen“, sagt | |
Reis. Am Sonntag machen sie eine Pause. „Da wäre dort sowieso niemand | |
vorbeigekommen.“ Deshalb soll es am Montag weitergehen. Für | |
Sonntagnachmittag haben die AktivistInnen ein Plenum geplant. „Wir müssen | |
schauen, wie weit wir kommen und welches Ziel wir uns setzen“, sagt Reis; | |
die große Resonanz, den ihr Hungerstreik in den [2][sozialen Medien] | |
ausgelöst habe, sei jedenfalls motivierend. | |
3 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://fridaysforfuture-landau.de/ | |
[2] https://www.facebook.com/pg/Klimastreiklandau/posts/ | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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