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# taz.de -- Teenager-Komödie „Booksmart“ auf DVD: Nerds lernen feiern
> Hier läuft alles eher quer und queer als straight: Die Komödie
> „Booksmart“ über zwei Elite-Studentinnen ist so reflektiert wie
> vulgär-komisch.
Bild: Molly (Beanie Feldstein) und Amy (Kaitlyn Dever)
Das ursprüngliche Drehbuch für „Booksmart“ stammt aus dem Jahr 2009. Zehn
Jahre später wurde daraus das [1][Regiedebüt der Schauspielerin Olivia
Wilde], ein großer Erfolg bei der Kritik, auch in den Kinos lief er ganz
gut.
2009, das war die Zeit, in der der [2][Regisseur Judd Apatow] und eine
Reihe von Kollaborateuren die Hollywood-Komödie neu belebten: Mit Filmen,
die auf sophisticatede Weise vulgär sind, anarchisch in Maßen, dabei im
Herzen linksliberal, sehr lange jedoch ganz auf die Malaisen von Männern
konzentriert, auf die Nerds, die mit stereotypen Männlichkeitsidealen, aber
auch mit dem Erwachsenwerden- und Erwachsenseinsollen hadern.
Einer der besten Filme aus diesem Umfeld war Greg Mottolas „Superbad“ von
2007, einer Komödie um zwei Jungs am Ende ihrer Highschool-Zeit,
Hauptrollen Michael Cera und Jonah Hill.
„Booksmart“ hätte ein weiblicheres, queereres Gegenstück zu „Superbad�…
können und sollen. Kein Zufall, dass es zwölf Jahre gedauert hat, bis es
zur Umsetzung kam. Es brauchte offenbar erst Erfolge wie „Bridesmaids“ und
„Spy“, damit ein immer noch sehr moderat budgetiertes Projekt wie dieses
als hinreichend aussichtsreich gelten konnte.
Es ist Zufall, aber ein schöner, dass nun die Schwester von Jonah Hill,
Beanie Feldstein, eine Art weibliche Version seiner Rolle aus „Superbad“
spielt. Sie ist Molly, beste Freundin von Amy (Kaitlyn Dever), die beiden
haben als eingeschworenes Freundinnen-aber-nicht-Liebespaar die Highschool
überstanden.
Nicht-Liebespaar, denn Amy ist lesbisch, Molly straight, frau tauscht sich
über Masturbationspraktiken (Stichwort: Teddy-Panda) aus, begehrt aber in
unterschiedliche Richtung. In der Welt der Highschool-Stereotypie fallen
sie in den strukturierenden Polaritäten nicht auf die Seite der Cheerleader
oder Jocks, sondern die der Nerds: Beide sind schlau, haben beste Noten,
Molly ist noch dazu Schülersprecherin, beliebt bei den Lehrern und vor
allem der allerdings alles andere als uncoolen Lehrerin Miss Fine (Jessica
Williams). Beide haben sich jedoch jedes soziale Vergnügen verkniffen, um
es auf die Elite-Universität zu schaffen.
Das hat geklappt. Nur, sie werden dort nicht wenigen der partyfreudigen
Mitschüler*innen wieder begegnen. Drum ist Aufholen angesagt. In der Nacht
vor der feierlichen Highschool-Abschlusszeremonie wollen Amy und Molly sich
entschlossen ins Partyleben stürzen. Was nicht so leicht ist, wenn man die
Adressen der Gastgeber-Jocks gar nicht kennt. Wenn man Pech hat, landet man
stattdessen auf dem menschenleeren Fest des superreichen Nerds Jared, der
sich allerdings im Verlauf der Nacht als Sympath zu entpuppen beginnt.
Das Sympathische an „Booksmart“ ist, wie wendig das Drehbuch die zum Genre
gehörenden Entwicklungslogiken unterläuft. Alles läuft hier eher quer und
queer als straight. Olivia Wilde findet dafür ungewöhnliche, zwischen
Realismus und fast Surrealem surfende Töne. Für einen kurzzeitigen
Drogentrip sieht man die Protagonistinnen in Spielzeugpuppen verwandelt,
die vor einem Spiegel herumturnen und über die plötzliche Abwesenheit
wichtiger Geschlechtsmerkmale – wie an anderer Stelle auch mal über die
Differenz von Sex und Gender – diskutieren.
Überhaupt ist der Film auf dem Stand der Wokeness von 2019, widerlegt aber
mit leichter Hand alle, die nicht glauben, das ließe sich mit sehr schräger
und vulgärer Komik verbinden. Lisa Kudrow gibt als Amys Mutter den Segen
des „Friends“-Universums zum Ganzen. Und auf die nächsten Filme unter der
Regie von Olivia Wilde darf man sich sowieso freuen.
17 Apr 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Ekkehard Knörer
## TAGS
Debütfilm
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