# taz.de -- Kino-Film „Dating Queen“: Lachen über Sex und Sexismus | |
> Romantische Komödie „Dating Queen“: Mit Komikerin Amy Schumer und | |
> Regisseur Judd Apatow vereinen sich zwei einflussreiche Comedy-Universen. | |
Bild: Typisches Titelübersetzungsdesaster: Aus „Trainwreck“ wurde in Deuts… | |
Von wem aus erzählt man diesen Film: Amy Schumer oder Judd Apatow? | |
Schließlich begegnen sich hier erstmals zwei aktuell sehr einflussreiche | |
Comedy-Universen. Amy Schumer (ladies first!) hat sich ihre Meriten | |
zunächst als Stand-up-Comedienne auf der Bühne und im Fernsehen erworben. | |
Eine Art Durchbruch erlebte sie als Teilnehmerin der NBC-Talentshow „Last | |
Comic Standing“, es folgten Nebenrollen in Serien wie „30 Rock“, „Curb … | |
Enthusiasm“ und „Girls“. Seit 2013 gibt es die eigene Serie „Inside Amy | |
Schumer“, in der Regel eine lose Folge von Sketchen, Stand-up-Routinen und | |
Straßenumfragen, in denen Schumer alle Anstandsregeln für weibliche | |
Komikerinnen pulverisiert. | |
Es geht in den bislang drei Staffeln – die vierte wurde schon am Tag des | |
Starts der dritten in Auftrag gegeben – um Sexismus und um Sex, um | |
Peinliches, Schreckliches, dabei meist voll auf die zwölf, und in der Regel | |
ist es bei aller Lust an der Zotigkeit und Aggressivität von den | |
persönlichen Schmerzpunkten aus gedacht. In einer der neueren Folgen hat | |
Schumer den Filmklassiker „Twelve Angry Men“ reenacten lassen (von unter | |
anderem Paul Giamatti und Jeff Goldblum), mit einem bösartigen Twist. Es | |
geht nicht um ein Todesurteil, sondern darum, ob Amy Schumer, blond und | |
Normalmaß, hinreichend hübsch sei für Fernsehauftritte. Verdikt nach langer | |
Diskussion: Ja, man kann sie vögeln, Daumen hoch fürs Kabelfernsehen. (Die | |
Serie läuft auf dem Kabelkanal Comedy Central.) | |
Für „Dating Queen“, ihre erste Hauptrolle im Film, hat sie selbst das | |
Drehbuch geschrieben. Sie spielt wie in der Serie eine Frau namens Amy, | |
eine Variation auf die Variationen auf sich selbst, die „Inside Amy | |
Schumer“ verspricht. Reihenweise holt sich diese Amy die Männer ins Bett, | |
dreht den männlichen Wertschätzungsblick einfach um, hat Sex mit besser und | |
schlechter Bestückten, mit mehr oder weniger Sensiblen, mit einem | |
Muskelberg auch, aber Letzteres ist vor allem für den Zuschauer lustig. | |
„Dating Queen“ ist also sachlich in etwa korrekt, aber trotzdem ein | |
superdämlicher Titel – im Original heißt der Film „Trainwreck“, also so… | |
wie „totales Desaster“. Ganz falsch ist die Übersetzung, weil Amy Schumer | |
ihre Figuren eben grundsätzlich vom Desaster, nicht vom Gelingen und schon | |
gar nicht von den Konventionen der Romantic Comedy her denkt und performt. | |
Eine Romantic Comedy ist der Film aber trotzdem. Er zielt auch aufs | |
monogame Happy End, das spät, aber mit einigem Karacho, erfolgt. Auf dem | |
Weg dahin geht es durch ziemlich vermintes Gelände. Der Mann, der es sein | |
soll und wird (Bill Hader), ist Sportarzt, und von Sport hat Amy, die als | |
People-Journalistin über ihn schreibt, nicht den blassesten Schimmer, so | |
dass sie den Basketball-Superstar LeBron James, als der in der Praxis | |
auftaucht, gar nicht erkennt. Der spielt hier mit viel Sinn für | |
Selbstironie eine leicht ins Absurde verschobene Version seiner selbst. | |
Hinreißende Auftritte hat auch Tilda Swinton, bräunungsspraybraun, als Amys | |
Chefredakteurin tough, smart, Boulevard durch und durch. | |
## Viel Improvisation | |
Nun zu Judd Apatow. Er tut als Produzent, was er stets tut: Er hält als in | |
Hollywood mächtiger Mann den anderen den Rücken frei. Er öffnet Spielräume | |
im System. Nur diesmal nicht im Namen von Bromance und Männerfreundschaft, | |
sondern für Amy Schumer. Und er führt auch so Regie, wie er es sonst tut. | |
Seine Filme, auch die Drehs, wie man hört, sind Gelegenheiten, es sich gut | |
gehen zu lassen. Es wird viel improvisiert, alles ist möglich, wenngleich | |
natürlich nicht alles funktioniert. In der Form sind die Filme selbst | |
entsprechend lose. Durcheinander auch, eher ein Container für vieles, neben | |
Saukomischem steht eher Lahmes, manches dauert zu lang, bei anderem hätte | |
ein bisschen Arbeit an der Pointe nicht geschadet. | |
Ein wenig formlos wirkt das oft, man spürt keinen besonderen Ehrgeiz zu | |
Tempo und Timing im Geiste der Screwball. Dafür ist das meist sehr relaxt, | |
viel Freiheit für die DarstellerInnen, ein Spaß am Rumprobieren und | |
Experimentieren. Gelungene Apatowfilme sind wie Partys auf einem geräumigen | |
Anwesen, bei denen man die Umsicht des Gastgebers spürt, ohne dass er sich | |
in den Vordergrund drängt. Es gibt viel zu lachen. Schon gar, wenn die | |
Chemie stimmt, und das tut sie, mit Amy Schumer inside da Apatow house. | |
13 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Ekkehard Knörer | |
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