# taz.de -- Komödie „Die glitzernden Garnelen“: Einladung zum Mitfeiern | |
> Die französische Komödie „Die glitzernden Garnelen“ begleitet eine | |
> schwule Wasserballmannschaft. Mit dem Publikum meint sie es gut. | |
Bild: Ein homophober Schwimmtrainer? Matthias Le Goff (Nicolas Gob) muss das Ge… | |
Irgendwas muss dran sein an der [1][Kombination von Männern, Schwimmbädern | |
und Kino], denn gefühlt kommt seit einiger Zeit mindestens ein Film dieser | |
Sorte pro Jahr heraus. Die Entzifferung der wahren subkutanen | |
Bedeutungsstrukturen wird nachfolgenden Generationen vielleicht besser | |
gelingen. Für das Hier und Heute lässt sich nur feststellen: In Badehose | |
kommen Männer auf eine Weise zusammen und zu sich, wie es zuletzt | |
vielleicht nur im karierten Shirt zu Pferd im Western geschah. Der | |
Chlorgeruch des Hallenbads als neuer Duft der Prärie, äh Freiheit … | |
„Die glitzernden Garnelen“ beginnt mit Bildern eines trotzig blickenden | |
Schwimmers, der sich gerade die Karriere versaut hat, wie man den aus dem | |
Off erklingenden Nachrichtenmeldungen entnimmt: Matthias Le Goff (Nicolas | |
Gob) hat einen aufdringlichen Interviewer als „Schwuchtel“ bezeichnet und | |
wurde daraufhin von seinem Verband von der Qualifikation für die nächsten | |
Olympischen Spiele ausgeschlossen. | |
Man gibt ihm aber eine letzte Chance auf Wiedergutmachung: Er soll sich | |
verpflichten, eine schwule Wasserballmannschaft zu trainieren und zu den | |
Gay Games in Kroatien zu begleiten. | |
Er sei nicht homophob, beteuert Matthias, wobei sein befremdet-verklemmtes | |
Lächeln, als er zum ersten Mal die Umkleidekabine der „glitzernden | |
Garnelen“ – so der selbstgewählte Name der schwulen Wasserballer – betri… | |
genau das Gegenteil zu beweisen scheint. Umgekehrt finden es auch auf der | |
Seite der LGTBQ-Sportler nicht alle toll, nun von einem Hetero-Schwimmer | |
mit schlechter Attitüde betreut zu werden. | |
Als versierter Kinobesucher weiß man fast zu gut, wohin das Ganze führen | |
wird: Mannschaft und Trainer werden sich zusammenraufen, gegenseitige | |
Ressentiments werden zum Witz und dann abgebaut, irgendwas wird schiefgehen | |
auf der Reise, aber am Schluss wird es auch einen Triumph geben, wenn auch | |
nicht den ersten Platz, denn das würde die Formel überstrapazieren. | |
## Das gewisse Gay-Pride-Parade-Feeling | |
„Die glitzernden Garnelen“ enttäuscht in dieser Hinsicht nicht und hübscht | |
das Prozedere noch auf mit ein paar Musik- und Tanznummern, die dem Ganzen | |
ein gewisses Gay-Pride-Parade-Feeling verleihen. Letzteres fasst die | |
Intention des Films ganz gut zusammen: Der Film will seine Zuschauer weder | |
mit eigenen Vorurteilen konfrontieren noch sonst wie aus der Komfortzone | |
holen, sondern schlicht zum Mitfeiern einladen. Regenbogenflagge, yeah! | |
Nicht, dass dagegen was zu sagen wäre, wie es in der legendären | |
„Seinfeld“-Folge heißt. Aber vielleicht sind es gerade die gelungenen | |
Aspekte dieses Films, die die verpassten Chancen des Genres fast | |
überdeutlich werden lassen. Nicht nur, dass das charismatisch aufspielende | |
Ensemble sämtlich unterfordert wirkt, das wenig präzise Drehbuch lässt zwar | |
alle Figuren mal ins Rampenlicht treten, entwickelt aber für keine eine | |
überzeugende Transformation. | |
Das gilt sowohl für Randgestalten wie den schüchternen Vincent (Félix | |
Martinez), der auf dem Kroatien-Trip eine sehr überstürzt abgehandelte | |
erste Liebe erfahren darf, als auch für zentrale Figuren wie Jean (Alban | |
Lenoir), den Kapitän der Wasserballer, der in seinem muskel-modellierten | |
Körper eine tödliche Krankheit verbirgt. Ganz zu schweigen davon, dass der | |
Film seinen Protagonisten, den „eigentlich nicht homophoben“ Matthias | |
zwischendurch völlig vergisst. | |
Vieles wird einfach nur angerissen: Die Frage, was homophob ist und wer | |
wann wen Schwuchtel rufen darf, beantwortet der Film allzu leicht mit einem | |
„unter uns ja!“. Interessantes wie den Streit um das „Heteronormative“ … | |
Cédric (Michaël Abiteboul) und seiner Kleinfamilie aus Gatte und | |
Zwillingssöhnen, wird viel zu flüchtig abgehandelt. Und völlig blind | |
scheint der Film gegenüber der eigenen Prämisse, die den „wahren“ Sport a… | |
naturgegeben hetero, den schwulen Amateursport aber als unterambitioniert | |
und notorisch zu sehr dem Feiern zugeneigt hinstellt. | |
4 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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