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# taz.de -- Bedingungsloses Grundeinkommen: Linke plant Urwahl
> Die Linke will das Thema Grundeinkommen endlich grundsätzlich
> entscheiden. Der Parteitag im Juni soll verschoben werden.
Bild: „Grundeinkommen! Nehmt's von den Reichen“-Transparent in Berlin Mitte
Berlin taz | Es ist ein hoch umstrittenes Thema in der Linken, doch nun
soll es endlich per Mitgliedervortum entschieden werden: Das bedingungslose
Grundeinkommen. Derzeit verhandeln der Parteivorstand und die Befürworter
des bedingungslosen Grundeinkommens über einen Termin. In seiner Sitzung am
Dienstag will der Parteivorstand entscheiden, ob man mit den
Grundeinkommensbefürwortern eine entsprechende Vereinbarung trifft.
Über das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen konnten sich die Mitglieder
in der Vergangenheit trefflich streiten. GewerkschaftlerInnen lehnen es ab,
weil es den Mindestlohn versauen und ihrer Klientel wenig bringen könnte.
Die Befürworter sehen es als Grundvoraussetzung, um Menschen von
Abhängigkeiten zu befreien und ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu
ermöglichen. Zu ihnen gehören beispielsweise die [1][Vizepräsidentin des
Bundestags Petra Pau] aber auch Parteichefin Katja Kipping
Der Parteivorstand, dem auch Kipping angehört, hätte am liebsten offen
gelassen, ob die Linke nun für oder gegen ein solches Bedingungsloses
Grundeinkommen ist, um die Partei in dieser Frage nicht zu spalten.
Doch die Grundeinkommensbefürworter wollen eine Entscheidung, sprich einen
Mitgliederentscheid. Und sie haben die dafür nötigen Unterschriften
zusammen, wie Tilmann Loos einer der Vertrauensleute der
Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen der taz bestätigte. 3650
Parteimitglieder hätten unterschrieben und möchten über das strittige Thema
abstimmen. Das reicht: Laut Satzung müssen es [2][mindestens 5 Prozent der
Parteimitglieder] sein, das entspricht etwa 3.000 der derzeit 60.000
Mitglieder.
## Urabstimmung nach der Bundestagswahl
Geprüft und eingereicht sind die Unterschriften noch nicht. Doch spätestens
ein halbes Jahr, nachdem das erledigt ist, muss laut Satzung die
Urabstimmung stattfinden. Es sei denn man einigt sich gütlich auf eine
Fristverlängerung. Denn ein Mitgliedereintscheid mitten in der Pandemie und
kurz vor einem wichtigen Wahljahr? Schwierig.
Der Parteivorstand möchte deshalb mit den Grundeinkommensfans einen
Kompromiss aushandeln und die Urabstimmung um mindestens ein Jahr
verschieben. In einem Beschlussentwurf für den Parteivorstand, der der taz
vorliegt, heißt es: Der Parteivorstand werde auf dem Bundesparteitag
beantragen, einen Antrag über einen Mitgliederentscheid herbeizuführen.
„Dieser Mitgliederentscheid soll nach der Bundestagswahl, jedoch spätestens
ein Jahr danach stattfinden.“ Frühestens im Herbst 2021, spätestens jedoch
2022 will die Linke ihre Mitglieder also befragen, ob die Partei offensiv
für ein Grundeinkommen wirbt.
Linken Geschäftsführer Jörg Schindler ist eines von vier Mitgliedern des
Parteivorstands, die derzeit mit der AG Grundeinkommen über eine
Terminsetzung verhandeln. Er halte eine Festlegung in der Frage des
Grundeinkommens zwar nicht für klug, da es in der Linken nun mal sehr
verschiedene Auffassungen zu dem Thema gebe. Dennoch müsse man das
Rebellische in der Partei zur Kenntnis nehmen, sprich, dass die AG
Grundeinkommen, die nötigen Unterschriften für einen Mitgliederentscheid
zusammen habe. „Aber vor der Bundestagswahl müssen wir uns das nicht geben,
da kommt es auf ein geschlossenes Auftreten an“, sagte Schindler der taz.
Als Bundesgeschäftsführer wird es seine Aufgabe es sein, die Linke in den
Wahlkampf zu führen. „Hier gilt unser Konzept für einen neuen Sozialstaat,
das Partei und Fraktion gemeinsam vertreten.“
## Kritiker sehen gravierende Nachteile
Schindler selbst ist ein Kritiker des Grundeinkommens. „Das Anliegen, dass
niemand ohne Einkommen sein darf, ist zwar richtig. Das Grundeinkommen hat
aber gravierende Nachteile.“ Der Staat würde Milliarden mit der Gießkanne
ausschütten und es berge die Gefahr, dass Unternehmen künftig den
Mindestlohn ignorierten und auf das Grundeinkommen verwiesen.
Das von Teilen der [3][Linken erarbeitete Grundeinkommenskonzept] sieht
vor, dass alle Menschen monatlich einen mindestens existenzsichernden
Betrag aufs Konto überwiesen bekommen. Um es zu finanzieren möchte die
Partei hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern. Weitere Säulen des
Sozialstaats wie Sozialversicherungen und der Mindestlohn sollen erhalten
bleiben.
In seiner Sitzung am Dienstag will der Parteivorstand auch über eine
Verschiebung des ursprünglich für Juni geplanten Parteitages in den Herbst
entscheiden. Zur Begründung heißt es in dem Antrag: „Eine sachgemäße
politische und organisatorische Vorbereitung ist derzeit nicht möglich.“
Anders als beim Grundeinkommen herrscht in diesem Punkt Einigkeit.
8 Apr 2020
## LINKS
[1] http://gleft.de/3EO
[2] https://www.die-linke.de/fileadmin/download/grundsatzdokumente/bundessatzun…
[3] https://www.die-linke-grundeinkommen.de/fileadmin/lcmsbaggrundeinkommen/PDF…
## AUTOREN
Anna Lehmann
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