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# taz.de -- Loveparade-Prozess endgültig eingestellt: Das Ende der Farce
> Der Loveparade-Prozess konnte keine Schuldigen für den Tod von 21
> Menschen finden. Strafrechtlich. Moralisch aber müssen alle mit ihrer
> Schuld leben.
Bild: Gedenkstätte für die Opfer der Loveparade-Katastrophe am Ort des Unglü…
Knapp zehn Jahre nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten und über 650
Verletzten will das Landgericht Duisburg das Verfahren einstellen. Auch
[1][die letzten drei Angeklagten dürften den Gerichtssaal damit ohne
Urteil, ohne Auflagen verlassen]. Unverständlich und enttäuschend ist das
nicht nur für die Verletzten und die Angehörigen der Toten, sondern auch
für die Öffentlichkeit: 21 Tote – [2][und niemand soll Schuld sein]?
Allerdings: Absehbar war dieses bittere Ende seit Beginn. Seit 2017 steht
der Prozess unter massivem Zeitdruck. Denn am 27. Juli 2020, zehn Jahre und
drei Tage nach der Katastrophe, verjährt der Vorwurf der fahrlässigen
Tötung – und die soll strafrechtlich individuell kaum nachweisbar sein.
Natürlich ahnt jeder, der jemals durch den dreckigen, niedrigen
Karl-Lehr-Tunnel unter dem Duisburger Güterbahnhof zum Fuß der Rampe
gegangen ist, die gleichzeitig als Ein- und Ausgang für zehntausende
euphorisierte Raver*innen dienen sollte, dass es hier drangvoll eng werden
musste. Aber: Mussten die Planer*innen der Stadtverwaltung von Duisburgs
ehemaligem CDU-Oberbürgermeister Adolf Sauerland und des
Loveparade-Veranstalters Rainer Schaller zwangsläufig davon ausgehen, dass
hier eine tödliche Massenpanik drohte?
Die Antwort des Gerichts lautet: nein. Damit zeigt der Prozess [3][die
Grenzen des Strafrechts]: Schaller und Sauerland mussten sich nie vor
Gericht verantworten. Mögen sie noch so viel Druck gemacht haben: Für eine
Anklage seien sie viel zu weit weg von den konkreten Planungen gewesen,
lautet die Einschätzung von Jurist*innen, darunter auch Vertreter von
Nebenkläger*innen.
Vor Gericht landeten stattdessen Befehlsempfänger: der einstige
Stadtentwicklungsdezernent und fünf seiner Mitarbeiter*innen, dazu vier
Beschäftigte von Schallers Veranstaltungsfirma Lopavent. Nie beleuchtet
wurde dagegen die Rolle der Polizei: Zwar wurden deren Absperrungen
überrannt, zwar fuhr sie kurz vor der Massenpanik noch mit einem
Kastenwagen in die Menge. Nordrhein-Westfalens einstiger SPD-Innenminister
Ralf Jäger aber stellte sich sofort schützend vor seine Beamten.
Was bleibt, ist der Eindruck einer trägen Justiz, die noch 2016 die
Eröffnung eines Gerichtsverfahrens verweigerte. Dazu kommt eine
Staatsanwaltschaft, die zunächst auf ein fehlerhaftes Gutachten setzte,
erst spät einen zweiten Sachverständigen einschaltete – und gegen die ihr
verbundene Polizei nie ermittelte. Das Ergebnis: Strafrechtlich reicht es
für keine einzige Verurteilung. Moralisch aber müssen alle mit ihrer Schuld
leben – allen voran die Herren Sauerland und Schaller.
8 Apr 2020
## LINKS
[1] /Katastrophe-mit-21-Toten/!5677552
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[3] /Kommentar-Loveparade-Prozess/!5563603
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Loveparade Duisburg
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Strafrecht
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