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# taz.de -- Hohe Corona-Sterberate in Belgien: Regierung verteidigt sich
> In Belgien sterben gemessen an der Bevölkerung am meisten Menschen an
> Covid-19. Die Regierung behauptet: Wir zählen einfach genauer als die
> anderen.
Bild: Leichenhalle Kühlcontainer: Begräbnis eines Covid-19-Opfers in der Regi…
Brüssel taz | Wenn US-Präsident Donald Trump über die erschreckend hohe
Zahl amerikanischer Todesopfer in der Coronakrise spricht, verweist er gern
auf Belgien. Das kleine EU-Land habe weltweit die höchste Sterberate,
behauptet Trump – was beweisen soll, dass die USA die Krise immer noch
besser im Griff hätten als Europa.
Tatsächlich sehen Belgiens Zahlen nicht gut aus. Wenn man die neuesten
Daten der EU-Präventionsbehörde ECDC zugrunde legt, dann verzeichnet das
westeuropäische Königreich mit 47,7 Todesfällen pro 100.000 Einwohner mehr
Covid-19-Opfer als Italien (38,4) oder Spanien (42,9).
Belgien hat mit mehr als 5.000 Toten sogar mehr Tote zu beklagen, als das
viel größere Deutschland. Dabei gibt es hier keine überlasteten
Krankenhäuser oder überfüllte Leichenhäuser wie anderswo. Das belgische
Drama scheint sich im Verborgenen abzuspielen – oder eine statistische
Täuschung zu sein.
Das ist zumindest die offizielle Erklärung, die Regierungschefin Sophie
Wilmès und ihre Berater verbreiten. „Die belgischen Zahlen sind
beeindruckend“, räumt der Virologe Emmanuel André ein. Das liege daran,
dass man „ein genaueres Modell“ benutze. Damit meint André die Alten- und
Pflegeheime, die Belgien in die tägliche Zählung einbezieht. In diesen
Heimen hat es besonders viele Todesfälle gegeben, neuerdings sind es sogar
mehr als in den Krankenhäusern. Zudem nehmen die belgischen Experten auch
bloße Covid-19-Verdachtsfälle in ihre Statistik auf.
## Manche zählen nur Todesfälle in Krankenhäusern
Das tun längst nicht alle Länder. Manche zählen nur [1][die Todesfälle in
den Krankenhäusern], andere melden nur eindeutig nachgewiesene
Corona-Opfer. In Brüssel spricht man es nicht offen aus, aber vor allem
Deutschland zählt man zu den Schönfärbern. Anders, so heißt es, sei die
extrem niedrige Zahl der Toten nicht zu erklären.
André nennt aber noch ein anderes Argument: In Belgien habe die Pandemie
früher und heftiger begonnen als anderswo. Auch dies beeinflusst die
Sterbequote – denn sie steigt oft mit der Dauer der Krise. Nun sei aber das
Schlimmste überstanden: „Es gibt zahlreiche Indikatoren dafür, dass es in
die richtige Richtung geht.“
So ist die Zahl der neuen Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern am
Sonntag „nur noch“ um 232 gestiegen – und damit so wenig wie seit dem 19.
März nicht mehr. Die Reproduktionszahl liegt auch in Belgien unter eins.
Das heißt: Die Ausbreitung des Virus scheint eingedämmt.
Von Entspannung kann aber keine Rede sein. Am Wochenende durften zwar
Baumärkte und Gartencenter wieder öffnen; [2][fast alle anderen Geschäfte
sind aber noch geschlossen]. Die Lage in vielen Heimen ist weiter
katastrophal; einige Experten sprechen von einer „zweiten Epidemie“. Erst
am Freitag soll der nationale Sicherheitsrat über eine Lockerung der
Beschränkungen beraten. Sie könnten am 4. Mai in Kraft treten – wenn es bis
dahin keine neuen Hiobsbotschaften gibt.
20 Apr 2020
## LINKS
[1] /Corona-Statistik-in-Frankreich/!5676923&s=Rudolf+Balmer+Zahlen+Frankreich/
[2] /Corona-in-Belgien/!5674408&s=Sophie+Wilmes/
## AUTOREN
Eric Bonse
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